Entscheidungs 9ObA5/08p. OGH, 17-12-2008

ECLIECLI:AT:OGH0002:2008:009OBA00005.08P.1217.000
Judgement Number9ObA5/08p
Record NumberJJT_20081217_OGH0002_009OBA00005_08P0000_000
Date17 Diciembre 2008
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Erwin Blazek und Mag. Michael Zawodsky als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Peter O*****, Pensionist, *****, vertreten durch Dr. Reinhard Köffler ua, Rechtsanwälte in Villach, gegen die beklagte Partei C***** AG, *****, vertreten durch die Frimmel Anetter Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Klagenfurt, wegen 19.300,74 EUR sA, Aufhebung einer Vereinbarung und Unterlassung (Streitwert 12.500 EUR; Gesamtstreitwert 31.800,74 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 16. Oktober 2007, GZ 7 Ra 62/07b-19, womit das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom 13. März 2007, GZ 35 Cga 129/06p-15, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass das Ersturteil wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.176,50 EUR (darin 362,75 EUR USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 2.734,36 EUR (darin 261,06 EUR USt und 1.168 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war ab 1975 bei der B***** AG (B*****) als Chemiearbeiter beschäftigt. Im Jahr 1990 wurde sein Arbeitsverhältnis von der Beklagten mit allen Rechten und Pflichten übernommen. Bei der Beklagten war es gelebte Praxis, dass die Arbeitnehmer bei Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen zum ehestmöglichen Zeitpunkt die Sonderunterstützung nach dem Sonderunterstützungsgesetz (SUG) in Anspruch nahmen. Zu diesem Zweck setzte sich die Belegschaftsvertretung bei der Unternehmensleitung massiv dafür ein, durch einvernehmliche Auflösung der in Frage kommenden Arbeitsverhältnisse die Inanspruchnahme der Sonderunterstützung durch die Mitarbeiter zu ermöglichen. Als mit Änderung des SUG im Frühjahr 1996 ein Arbeitgeberbeitrag in der Höhe von 12,55 % der ausbezahlten Sonderunterstützung eingeführt wurde, wies der damalige kaufmännische Geschäftsführer der Beklagten die Abteilungsleiter darauf hin, in Zukunft einer einvernehmlichen Auflösung von Arbeitsverhältnissen zur Inanspruchnahme der Sonderunterstützung nur unter der Bedingung einer sachlichen Begründung und entsprechenden Kompensation der für das Unternehmen anfallenden Kosten zuzustimmen. Die Arbeitnehmer unterbreiteten daraufhin der Geschäftsführung den Vorschlag, dass die künftigen Sonderunterstützungsbezieher bereit seien, der Beklagten den Arbeitgeberanteil der Sonderunterstützung zu ersetzen. Vom Betriebsrat der Beklagten wurde dieser Vorschlag auch dem damaligen Bundesminister für Arbeit und Soziales zur Kenntnis gebracht. Dieser erklärte, dass vom Ministerium nicht nachgeprüft werde, von wem der Arbeitgeberanteil letztlich getragen werde. Den Belegschaftsvertretern wurde zugesichert, durch eine entsprechende Weisung an das Arbeitsamt dafür Sorge zu tragen, dass die Sonderunterstützungsbezieher nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu vermitteln seien. Der Betriebsrat setzte die Belegschaft von diesen Verhandlungsergebnissen in Kenntnis. Sämtlichen Arbeitnehmern der Beklagten war damit bekannt, dass bei Inanspruchnahme der Sonderunterstützung dem Arbeitgeber der Arbeitgeberbeitrag zu ersetzen sei. Sie waren damit einverstanden.

Auch dem Kläger - selbst Betriebsratsmitglied in den Jahren 1992-1996 - war bekannt, dass die Beklagte einer einvernehmlichen Auflösung seines Arbeitsverhältnisses zum Bezug der Sonderunterstützung nur unter der Bedingung zustimmt, dass er sich im Gegenzug dazu verpflichtet, ihr den Arbeitgeberbeitrag der Sonderunterstützung zu ersetzen. Am 22. 3. 1998 vollendete der Kläger das 50. Lebensjahr. Am 10. 6. 1998 verpflichtete er sich in einer Vereinbarung mit der Beklagten, dieser den Arbeitgeberbeitrag von 12,55 % der künftigen Sonderunterstützung zu ersetzen. Daraufhin wurde das Arbeitsverhältnis am 30. 6. 1998 einvernehmlich aufgelöst. Auf den Kläger wurde bei der Vereinbarung kein Druck ausgeübt. Die Beklagte ließ sich ihren Rückzahlungsanspruch durch eine vom Kläger beizubringende Bankgarantie über 300.000 ATS besichern. Ab Jänner 1999 überwies er der Beklagten die Arbeitgeberbeiträge quartalsweise von einem eigens dafür eingerichteten Konto. Insgesamt zahlte er bis Jänner 2007 einen Betrag von 19.300,74 EUR, wovon 1.006,85 EUR auf die Kosten der Bankgarantie entfielen.

Der Kläger begehrt mit der vorliegenden Klage nach mehrmaliger Ausdehnung des Klagebegehrens zuletzt Zahlung des Betrags von 19.300,74 EUR sA, Aufhebung der Vereinbarung vom 10. 6. 1999 (richtig: 1998), wonach er der Beklagten die Dienstgeber-Pensionsversicherungsbeiträge zu ersetzen habe, und Unterlassung der Inanspruchnahme der Bankgarantie über 310.000 ATS laut Garantiebrief vom 10. 6. 1998. Die Vereinbarung der Überwälzung von Arbeitgeberanteilen an Sozialversicherungsbeiträgen auf den Arbeitnehmer sei unzulässig und daher nichtig. Der Kläger mache Nichtigkeit der Vereinbarung vom 10. 6. 1998 geltend und fordere Rückzahlung der an die Beklagte gezahlten Arbeitgeberbeiträge sowie der Kosten der von ihm verlangten Bankgarantie. Die Initiative zur Inanspruchnahme der Sonderunterstützung sei nicht von ihm ausgegangen. Nach der bei der Beklagten geübten Praxis sei es vielmehr so gewesen, dass die Unternehmensleitung die Arbeitnehmer nach Vollendung des 50. Lebensjahres aufgefordert habe, die Sonderunterstützung in Anspruch zu nehmen. Auch er sei nach Vollendung des 50. Lebensjahres von seinem Vorgesetzten auf den Anspruch auf Sonderunterstützung hingewiesen und ihm die schriftlichen Erklärungen betreffend den Rückersatz der Arbeitgeberbeiträge und die Abwicklung des Rückersatzes unter anderem durch Eröffnung eines Kontos vorgelegt worden.

Die Beklagte stellte das Klagebegehren der Höhe nach außer Streit, bestritt es dem Grunde nach und beantragte dessen Abweisung. Ende der 80er Jahre seien im Zuge der sukzessiven Liquidierung der B***** und anderer großer verstaatlichter Unternehmen durch massive Intervention der Belegschaftsvertretung im Zusammenwirken mit dem ÖGB und dem Sozialministerium die Voraussetzungen dafür geschaffen worden, dass die von Freisetzungen betroffenen Arbeitnehmer in den Genuss von Sonderunterstützungen nach dem Sonderunterstützungsgesetz kommen konnten. Der Kläger sei ein Arbeitnehmer gewesen, der die Voraussetzungen für die Sonderunterstützung erfüllt habe. Aus diesem Grund sei er vor Erreichung des 50. Lebensjahres an die Beklagte mit dem Wunsch herangetreten, in den „Vorruhestand" zu wechseln und die Sonderunterstützung in Anspruch zu nehmen. Die Beklagte sei dem Wunsch des Klägers nach einer einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses unter der Voraussetzung der „Kostenneutralität" nachgekommen und habe ihm - wie bei den anderen Mitarbeitern, die in den Genuss der Sonderunterstützung gelangen wollten - den Vorschlag unterbreitet, die von der Beklagten zu leistenden Arbeitgeberanteile im Innenverhältnis zu refundieren. Zum damaligen Zeitpunkt sei der Arbeitsplatz des Klägers nicht gefährdet gewesen, weshalb die Zustimmung der Beklagten ein Entgegenkommen gewesen sei...

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