Entscheidungs 9ObA58/11m. OGH, 29-03-2012

ECLIECLI:AT:OGH0002:2012:009OBA00058.11M.0329.000
Date29 Marzo 2012
Record NumberJJT_20120329_OGH0002_009OBA00058_11M0000_000
Judgement Number9ObA58/11m
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Manfred Engelmann und Dr. Peter Schnöller in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei S***** T*****, vertreten durch Dr. Clemens Gärner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Austrian Airlines AG, *****, vertreten durch Mag. Judith Morgenstern, Rechtsanwältin in Wien, wegen Feststellung (40.000 EUR sA), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 16. März 2011, GZ 8 Ra 136/10v-12, mit dem der Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 30. Juli 2010, GZ 34 Cga 48/10f-7, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 1.971,51 EUR (darin 328,58 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist bei der Beklagten seit 3. 8. 1998 als Seniorflugbegleiterin in einem aufrechten Dienstverhältnis angestellt. Auf das Dienstverhältnis ist der Kollektivvertrag für das Bordpersonal der Austrian Airlines AG und der Lauda Air GmbH anzuwenden. Dieser sieht in Anhang XI unter Pkt 2.1 vor, dass jeder unbefristet beschäftigte Flugbegleiter ein Senioritätsdatum erhält, das für seine Einreihung im Rahmen der Senioritätsregelung maßgebend ist. Grundlage für das Senioritätsdatum ist das Datum des Beginns der Anstellung im Kollektivvertrag-Bord.

Nach der Geburt ihres Kindes befand sich die Klägerin bis 24. 8. 2006 in Mutterschutz. Vom 29. 9. 2006 bis 1. 6. 2008 nahm sie Karenz gemäß § 15 MSchG in Anspruch. Nach Rückkehr der Klägerin aus der Karenz wurde ihr Senioritätsdatum unter Anwendung der kollektivvertraglichen Bestimmungen mit 6. 1. 2000 neu festgelegt.

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass ihr Senioritätsdatum ohne Abzug für Karenzzeiten nach § 15 MSchG zu berechnen sei. Pkt 2.4 des Anhangs XI des Kollektivvertrags sehe vor, dass bei einer drei Monate übersteigenden Mutterschutzkarenzzeit die Zahl der Abwesenheitstage über drei Monate zum ursprünglichen Senioritätsdatum hinzugerechnet werde, was bei ihr 549 Tage gewesen seien. Vom Abzug der Karenzzeiten beim Senioritätsdatum seien ausschließlich Frauen betroffen, die deshalb gegenüber männlichen Flugbegleitern benachteiligt seien, zumal in der kollektivvertraglichen Bestimmung die Karenzurlaube der Väter nicht erwähnt seien. Im Wesentlichen regle die Senioritätsliste die Reihenfolge der Beförderung und die Reihenfolge bei der Kündigung bei Personalüberschuss, werde von der Beklagten aber auch bei anderen Gelegenheiten, wie zB der Vergabe von Urlaub gemäß Urlaubsgesetz angewendet. Flugbegleiter, die ein zeitlich älteres Senioritätsdatum aufwiesen, würden vor Flugbegleitern mit einem zeitlich jüngeren Senioritätsdatum befördert und erhielten ihren Urlaub vorher. Bei personalüberschussbedingten Kündigungen würden Flugbegleiter, die ein zeitlich jüngeres Senioritätsdatum aufwiesen, vor jenen mit einem zeitlich älteren Senioritätsdatum gekündigt. Mit den Bestimmungen der Punkte 2.3 und 2.4 Anhang XI des KV würde gegen § 4f GlBG verstoßen. Sie seien, sofern sie Karenzurlaube gemäß § 15 MSchG beträfen, nicht anzuwenden.

Die Beklagte beantragte Klagsabweisung und wandte ein, die kollektivvertragliche Senioritätsregel sei geschlechtsneutral formuliert, gelte für Männer wie Frauen gleichermaßen und erfasse nicht nur die Eltern-, sondern etwa auch die Bildungskarenz. Es seien nicht die männlichen und weiblichen Flugbegleiter miteinander zu vergleichen, sondern jene Flugbegleiter, die Elternkarenzurlaub in Anspruch nähmen, mit jenen, die im selben Zeitraum weiter im Betrieb arbeiteten. Auch im MSchG werde die Nichtanrechnung der gesetzlichen Karenz für dienstzeitabhängige Ansprüche anerkannt. Die kollektivvertragliche Bestimmung sei daher gesetzeskonform. Die Regelung sei auch sachlich gerechtfertigt, weil das Senioritätsdatum die tatsächliche Flugstundenerfahrung des Flugbegleiters widerspiegle, die luftfahrtrechtlich das Kriterium für den Zugang zur Ausbildung und die Ernennung auf die nächst höhere Position sei. Aufgrund saisonaler Schwankungen bedürfe die Urlaubsvergabe eines gleichförmigen Systems, das durch Abstellen auf Seniorität gegeben sei. Die Kündigung aus betriebsbedingten Gründen „nach Seniorität“ (infolge Personalüberschuss) folge den gesetzlichen Wertungen im allgemeinen Kündigungsschutz, wonach die an Berufserfahrung „älteren“ Arbeitnehmer nach den weniger erfahrenen gekündigt würden...

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