Entscheidungstexte nº A5/2020. VfGH. 17-06-2021

ECLIECLI:AT:VFGH:2021:A5.2020
Date17 Junio 2021
VERFASSUNGSGERICHTSHOF
Verfassungsgerichtshof
Freyung 8, A-1010 Wien
www.verfassungsgerichtshof.at
A 5/2020-22
17. Juni 2021
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Der Verfassungsgerichtshof hat unter dem Vorsitz des Präsidenten
DDr. Christoph GRABENWARTER,
in Anwesenheit der Vizepräsidentin
Dr. Verena MADNER
und der Mitglieder
Dr. Markus ACHATZ,
Dr. Sieglinde GAHLEITNER,
Dr. Andreas HAUER,
Dr. Christoph HERBST,
Dr. Michael HOLOUBEK,
Dr. Helmut HÖRTENHUBER,
Dr. Claudia KAHR,
Dr. Georg LIENBACHER,
Dr. Michael RAMI,
Dr. Johannes SCHNIZER und
Dr. Ingrid SIESS-SCHERZ
sowie des Ersatzmitgliedes
MMag. Dr. Barbara LEITL-STAUDINGER
als Stimmführer, im Beisein des verfassungsrechtlichen Mitarbeiters
Mag. Dr. Peter THALMANN, MJur.
als Schriftführer,
A 5/2020-22
17.06.2021
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über die Klage der LANDESHAUPTSTADT KLAGENFURT AM WÖRTHERSEE, Neuer
Platz 1, 9010 Klagenfurt am Wörthersee, vertreten durch die Rohregger Rechts-
anwalts GmbH, Rotenturmstraße 17, 1010 Wien, gegen das Land Kärnten,
Arnulfplatz 1, 9021 Klagenfurt am Wörthersee, vertreten durch die Rechtsanwäl-
te Dr. Bernhard Fink, Dr. Peter Bernhart, Mag. Klaus Haslinglehner, Dr. Bernd
Peck, Mag. Kornelia Kaltenhauser, LL.M. und Mag. Michael Lassnig, Bahnhof-
straße 5, 9020 Klagenfurt am Wörthersee, wegen 113.338,28 s.A., in seiner
heutigen nichtöffentlichen Sitzung gemäß Art. 137 B-VG zu Recht erkannt:
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin ist schuldig, dem Land Kärnten zuhanden seiner Rechtsvertreter
die mit 3.206,76 bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger
Exekution zu ersetzen.
Entscheidungsgründe
I. Klage und Vorverfahren
1. Gestützt auf Art. 137 B-VG, begehrt die Klägerin, das Land Kärnten schuldig zu
erkennen, der Klägerin den Betrag von 113.338,28 samt
4 % Zinsen (jährlich) aus 48.189,90 seit 23. Mai 2019,
4 % Zinsen (jährlich) aus 9.637,98 seit 23. Juni 2019,
4 % Zinsen (jährlich) aus 9.637,98 seit 23. Juli 2019,
4 % Zinsen (jährlich) aus 9.637,98 seit 23. August 2019,
4 % Zinsen (jährlich) aus 9.637,98 seit 23. September 2019,
4 % Zinsen (jährlich) aus 9.637,98 seit 23. Oktober 2019,
4 % Zinsen (jährlich) aus 9.637,98 seit 23. November 2019,
4 % Zinsen (jährlich) aus 7.320,46 seit 23. Dezember 2019,
sowie den Ersatz der Prozesskosten zuhanden ihrer Rechtsvertreterin binnen
14 Tagen zu bezahlen.
Darüber hinaus beantragt die Klägerin, der Verfassungsgerichtshof möge feststel-
len, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, der beklagten Partei den Kostenauf-
wand für Time-out-Gruppen in Schulen anteilig oder zur Gänze zu ersetzen.
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Begründend wird dazu Folgendes ausgeführt (ohne die im Original enthaltenen
Hervorhebungen):
"I. Sachverhalt
1. Gemäß dem Konzept des Landesschulrates für Kärnten für die Arbeit und
Organisation von 'Time-Out Gruppen' in Volksschulen und Neuen Mittelschulen
Kärntens in der Fassung von September 2016 können Schüler, die an schweren
Störungen des Sozialverhaltens und Entwicklungsstörungen leiden, in sogenann-
ten Time-Out Gruppen unterrichtet werden. In diesen Time-Out Gruppen findet
Schulunterricht statt, der sich grundsätzlich am allgemeinen Erziehungs- und
Bildungsauftrag und daraus abgeleitet an den jeweiligen Lehrplänen der
Schulen orientiert. Der Unterricht in den Time-Out Gruppen erfolgt durch multi-
professionelle Teams aus Lehrern und Sozialpädagogen.
2. Im Rahmen des Finanzausgleichs erhält die beklagte Partei (Land) vom Bund
die Ertragsanteile der Gemeinden an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben.
Nach Abzug bestimmter gesetzlich vorgesehener Umlagen ist das Land verpflich-
tet, diese Ertragsanteile an die Gemeinden darunter die klagende Partei zu
überweisen. Im Jahr 2019 hat die beklagte Partei 55% der Kosten für die Sozial-
pädagogen in den Time-Out Gruppen von den Ertragsanteilen für die klagende
Partei abgezogen. Die beklagte Partei qualifizierte die Mitarbeit von Sozialpäda-
gogen in den Time-Out Gruppen (fälschlicherweise) als 'sozialen Dienst' gem § 21
Kärntner Kinder- und Jugendhilfegesetz (K-KJHG), und leitet daraus fälschlich ab,
dass die Gemeinden gem § 65 Abs 2 K-KJHG zur anteiligen Tragung der Kosten
verpflichtet wären.
3. Die Mitwirkung von Sozialpädagogen am Unterricht in den Time-Out Gruppen
stellt jedoch entgegen der Rechtsmeinung der beklagten Partei ke inen
sozialen Dienst iSd K-KJHG, sondern Schulunterricht iSd Schulunterrichtsgesetzes
(SchUG) dar. Die klagende Partei ist daher nicht verpflichtet, dem Land einen
Kostenaufwand zu ersetzen, und der Abzug erfolgte zu Unrecht.
4. Seit Jänner 2019 behält die beklagte Partei daher gegenüber der klagenden
Partei zu Unrecht einen Betrag iHv EUR 113.338,28 von den auszubezahlenden
Ertragsanteilen im Rahmen des Finanzausgleichs ein. Da dieser Betrag trotz
Fälligkeit bisher nicht an die klagende Partei bezahlt wurde, begehrt die klagende
Partei die Überweisung der zu Unrecht durch die beklagte Partei im Rahmen des
Finanzausgleichs vom Bruttoertragsanteil in Abzug gebrachten Ertragsanteile. Die
klagende Partei ist zur Klagsführung veranlasst, da eine Zahlung seitens der
beklagten Partei trotz Aufforderung nicht erfolgt ist. Auch eine Einigung zwischen
den Parteien war nicht möglich.
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