Entscheidungstexte nº A6/82 A18/84. VfGH. 23-06-1984

Date23 Junio 1984
23.06.1984
www.ris.bka.gv.at Seite 1 von 16
Gericht
Verfassungsgerichtshof
Entscheidungsdatum
23.06.1984
Geschäftszahl
A6/82,A18/84
Sammlungsnummer
10068
Leitsatz
B-VG Art137; Klagen einer Gemeinde gegen ein Bundesland we gen vermögensrechtlicher Ansprüche aus dem
Finanzausgleich;
Klagslegitimation gegeben
Finanzausgleichsgesetz 1979; Begriff der Finanzkraft in §10 Abs4; keine Bedenken ge gen diese Regelung
Spruch
Die Klagebegehren werden abgewiesen.
Die Klägerin hat dem Land Vbg. die mit 1316,80 S bestimmten P rozeßkosten binnen 14 Tagen bei sonstigem
Zwang zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die Marktgemeinde L erhebt Klagen gemäß Art137 B-VG gegen da s Land Vbg. wegen
vermögensrechtlicher Ansprüche aus dem Finanzausgleich.
Die Klägerin begehrt (zu A6/82) die Erlassung des Erk.:
"Das Land Vorarlberg ist schuldig, der Marktgemeinde L 11033128,30 S aus den Erträgnissen der
gemeinschaftlichen Bundesabgaben (E rtragsanteilen), für die Zeit vom 1. 1. 1979 bis 30. 9. 1982, zuzüglich der
ab dem Zeitpunkt der Fälligkeit angefallenen gesetzlichen Zinsen binnen Monatsfrist, bei sonstiger Exekution,
zu bezahlen."
Die Klägerin begehrt weiters (zu A18/84) die Erlassung des Erk.:
"Das Land Vorarlberg ist schuldig, der Marktgemeinde L 5721671,10 S aus den Erträgnissen der
gemeinschaftlichen Bundesabgaben (Ertragsanteilen), für die Zeit vom 1. 10. 1982 bis 31. 3. 1984, zuzüglich 4%
Zinsen mit derzeit 138196,25 S binnen Monatsfrist, bei sonstiger Exekution, zu bezahlen."
Die Klägerin stützt ihre Klagen ausschließlich darauf, daß die Regelungen des Finanzausgleichsgesetzes 1979
BGBl. 673/1978 idF BGBl. 569/19 81 (FAG 1979) betreffend die Berechnung der Finanzkraft verfassungswidrig
seien.
Wie sich aus den Klagebe gründungen ergibt, meint die Klägerin damit Bestimmungen, die im textlichen
Zusammenhang des §10 FAG 1979 stehen, welcher lautet:
Verfassungsgerichtshof 23.06.1984
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"§10 (1) Zum Zwecke der Ermittlung der Ertragsanteile der Gemeinden a n de n gemeinschaftlic hen
Bundesabgaben mit Ausnahme der Spielbankabgabe werden zunächst - nach Ausscheidung der auf Wien als
Gemeinde entfalle nden Quote - die Ertragsanteile auf die Gemeinden länderweise unter Beachtung der im §8
Abs2 angeführten Schlüssel rechnungsmäßig aufgeteilt. Von den so länderweise errechneten Beträgen s ind 13,5
v. H. auszuscheiden und den Ländern z u überweisen; sie sind für die Gewährung von Bedarfszuweisungen an
Gemeinden und Gemeindeverbände bestimmt (zweckgebundene Landesmittel).
(2) Die restlichen 86,5 v. H. sind als Gemeindeertragsanteile an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben durch
die Länder an die einzelnen Gemeinden nach folgendem Schlüssel aufz uteilen: Vorerst erhalten jene Gemeinden,
deren Finanzkraft im Vorjahr den Finanzbedarf nicht erreicht hat, 30 v. H. des Unterschiedsbetrages zwischen
Finanzbedarf und Finanzkraft. Die verbleibenden Ertragsanteile sind nach dem abgestuften
Bevölkerungsschlüssel (§8 Abs3 dritter Satz) auf alle Gemeinden des Landes zu verteilen.
(3) Der Finanzbedarf jeder Gemeinde wird ermittelt, indem die Landesdurchschnittskopfquote der Finanzkraft
des Vorjahres mit der abgestuften Bevölkerungszahl der Gemeinde ( §8 Abs3 dritter Satz) vervielfacht wird. Die
Landesdurchschnittskopfquote ergibt s ich aus der Finanzkraft (Abs4) aller Gemeinden des Landes, geteilt durch
die Volkszahl des Landes (§8 Abs3 erster Satz).
(4) Die Finanzkraft wird ermittelt durch Heranziehung
1. der Grundsteuer von den land- und forstwirtschaftlichen Betrieben unter Zugrundelegung der Meßbeträge des
Vorjahres (Abs3) und eines Hebesatzes von 300 v. H.;
2. der Grundsteuer von den Grundstücken unter Zugrundelegung der Meßbeträge des Vor jahres (Abs3) und eines
Hebesatzes von 300 v. H.;
3. der tatsächlichen Erträge der Gewerbesteuer (nach dem Gewerbeertrag und dem Gewerbe kapital) in den
Monaten Jänner bis September des Vorjahres und Oktober bis Dezember des zweitvorangegangenen Jahres,
jedoch unter der Annahme eines Hebesatzes von 125 v. H."
2. In der Klage zu A 6/82 führt die Klägerin zunächst aus, aus der Entscheidung des VfGH vom 30. November
1981 A7/80 (veröffentlicht in VfSlg. 9280/1981), in der der VfGH zum Ausdruck gebracht habe, daß er keine
Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Regelung betreffend den abgestuften Bevölkerungsschlüssel
habe und sehr detailliert in die Behandlung dieser Frage eingetreten sei, ergäben sich zwei Gesichtspunkte, die
auch für das vorliegende Verfahren relevant seien.
Zum einen nehme der VfGH in seiner Entscheidung nach Art137 B-VG Wertungen und Erörterungen vor, die
nach allgemei ner Ansicht einem Gesetzesprüfungs verfahren vorbehalten sein müß ten, das er aber nicht
eingeleitet habe. Die detaillierte Erörterung zahlreicher Fragen und Aspekte darüber, ob die (für das damalige
Verfahren relevante) Regelung des abgestuften Bevölkerungsschlüssels verfassungskonform oder
verfassungswidrig sei, zeige auch, daß der VfGH selbst erhebliche Bedenken gehabt habe. Die Prüfung
gesetzlicher Bestimmungen auf ihre Ver fassungsmäßigkeit habe in einem Verfahren nach Art140 B-VG zu
erfolgen und keinesfalls inzidenter im Rahmen anderer Verfahren. Da vorliegendenfalls die
verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die einfachgesetzlichen Regelungen noch ausgeprägter, in der Tat
evident und schwerwiegend s eien, scheine die Einleitung e ines Gesetzesprüfungsverfahrens dringend geboten.
Keinesfalls erscheine es zulässig, eine i nzidente Prüfung en passant vorzunehmen und die durch das
Gesetzesprüfungsverfahren gegebene Möglichkeit der Rechtsverfolgung zu minimiere n.
Zum anderen scheine nach Meinung der Klägerin die Entscheidung des VfGH VfSlg. 9280/1981 auch inhaltlich
letztlich nicht haltbar. Daraus ergebe sich "die nachdrückliche Forderung, vorliegendenfalls alle relevanten
Akten ( Fakten?) der Entscheidung des VfGH zugrunde zu legen und nicht aus dem Umstand, daß bestimmte
Bereiche auch f ür die Berechnung der Finanzkraft tatsächlich maßgeblich sind, im kurzen Wege den Schluß zu
ziehen (= Kurzschluß), die Regelung entspreche der Verfassung". Viel mehr werde zu beachten sein, daß viele
weitere Gesichtspunkte für die Finanzkraft relevant seien, ohne daß sie in der gegenwärtig geltenden Regelung
Berücksichtigung finden.
ArtII des FAG 197 9 unterscheide auf der Grun dlage des im Finanz-Verfassungsgesetz 1948 BGBl. 45
verankerten Systems der verbundenen Steuerwirtschaft verschiedene Abgaben. Die Bestimmungen des Abschn.
B, umfassend die §§7 bis 13, regelten die zwischen de m Bund und den Ländern (Gemeinden) geteilten Abgaben.

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