Entscheidungstexte nº B162/76. VfGH. 21-12-1979

ECLIECLI:AT:VFGH:1979:B162.1979
Date21 Diciembre 1979
Nr.8721 - Erk. v. 21. Dezember 1979, B 162/76 455
8721
ZDG; "schwere Gewissensnot"
i.
S. des
§
2 Abs. 1
Erk. v. 21. Dezember 1979, B 162/76
Der Bescheid wird aufgehoben.
Entscheidungsgründe :
I.
1. Der Bf. beantragte unter Bezugnahme auf
§
2 Abs. I ZivildienstG,
BGBl. 187/1974 (im folgenden: ZDG), die Befreiung von der Wehrpflicht.
Er brachte in seinem schriftlichen Antrag im wesentlichen vor, daß er vom
14. November bis 15. Dezember 1972 im Bundesheer gedient, dann jedoch
auf Grund seines (damaligen) Berufs - Sondervertragslehrer an einer
AHS - Aufschub erhalten habe. Er sei völlig unvorbereitet eingezogen
worden und habe keine Zeit mehr gehabt, sich über die Möglichkeit einer
Wehrdienstverweigerung zu erkundigen. Inzwischen habe er sich mit der
Institution des Bundesheeres gründlich auseinandergesetzt; der - inzwi-
schen gesetzlich verankerte - Zivildienst entspreche - im Gegensatz
zum Militärdienst - dem, was er mit seinem Gewissen vereinbaren
könne.
Kulturen, die Vorbereitungen für kriegerische Auseinandersetzungen
geduldet und im weiteren Kriege geführt hätten, hätten sich - wie der Bf.
in seinem Antrag weiters vorbrachte - zwangsläufig immer selbst ver-
nichtet, da der einzelne keinen Sinn für das leibhafte und geistige Wesen
des anderen habe entwickeln können. Krieg sei kein anthropologisches
Faktum, sondern ein Merkmal der moralisch verstümmelten Menschen
einer Kultur. Der Mensch, der widerspruchslos eine Moral akzeptiere, die
im letzten ihn versehre, wende sich gegen die fundamentale Gesetzmäßig-
keit seiner eigenen Natur. Wenn die Verbindlichkeit von Werten über-
haupt - wie er meine - auf faktischen Bindungen unter den Menschen
beruhe, so müßten sittliche Werte, die ein Moment der Aggressivität ent-
halten, diese Verbundenheit schließlich auflösen und damit die Grundla-
gen ihrer eigenen Geltung zerstören.
In daran anknüpfenden Darlegungen setzt der Bf. den Begriff der
Menschlichkeit der Ehrfurcht vor dem menschlichen Leben gleich. Er ver-
weigere den Wehrdienst, da er einen Krieg grundsätzlich ablehne, gleich-
viel, ob es sich um einen Angriffs- oder Verteidigungskrieg, um einen
gerechten oder ungerechten Krieg handle.
Als Pädagoge habe er die Aufgabe, seine Schüler zu reifen, selbständig
denkenden, kreativen Menschen zu erziehen. Diese schwierige Aufgabe

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