Entscheidungstexte nº B231/77. VfGH. 05-03-1982

Date05 Marzo 1982
05.03.1982
www.ris.bka.gv.at Seite 1 von 3
Gericht
Verfassungsgerichtshof
Entscheidungsdatum
05.03.1982
Geschäftszahl
B231/77
Sammlungsnummer
9356
Leitsatz
Zivildienstgesetz; Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Befreiung von der
Wehrpflicht zwecks Zivildienstleistung
Spruch
Der Bescheid wird aufgehoben.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Beschwerdeführer beantragte mit einer Eingabe an das Militärkommando Stmk. vom 27. 1. 1977 unter
Bezugnahme auf §2 Abs1 des Zivildienstgesetzes ZDG, BGBl. 187/1974, seine Befreiung von der Wehrpflicht
und brachte folgendes vor: Er lehne Gewaltanwendung jeglicher Art prinzipiell ab, da er die Auffassung vertrete,
daß Gewalt immer Gegengewalt erzeuge. Es sei ein elementares Gesetz, daß es in einem Kr ieg keinen Sieger
gebe, sonder n nur Verzweiflung, Haß und Unglück entstünden. Einerseits wolle man das Leben erhalten und
lebenswerter machen und nicht nur Lebendiges, sondern sogar leblose Gegenstände wie zB K ulturdenkmäler,
Altstädte usw. schützen und andererseits schule man Menschen, um andere Menschen zu töten oder mühevoll
erbautes und wertvolles Gut zu vernichten. Wenn dies auch bei Affekthandlungen vorkommen könne, so sei eine
Erziehung und Schul ung zum planmäßigen Töten umsomehr abzulehnen. Da er versuche, sein Leben nach dem
Grundsatz der Nächstenliebe aufzubauen, sei es mit seinem Gewissen unvereinbar, sich im Umgang mit Waffen
zu üben, um später damit unter Umständen Menschen töten zu müssen oder sich dabei als Helfer zu betätigen.
2. Das Militärkommando Stmk. übermittelte den Antrag des Beschwerdeführers der Zivildienstkommission beim
Bundesministerium für Inneres (im folgenden: ZDK) mit dem Beifügen, daß der Wehrpflichtige noch keinen
Grundwehrdienst geleistet habe; es schloß eine Ausfertigung seines an den Beschwerdeführer ergangenen
Bescheides vom 30. 3. 1973 bei, de mzufolge auf seinen Antrag vom 4. 3. 1973 der Antritt des
Grundwehrdienstes bis 15. 8. 1978 aufgeschoben wurde.
Die ZDK führte sodann Erhebungen über die Person des Beschwerdeführers durch. Sie ergaben sei ne
Unbescholtenheit; Nachteiliges kam nicht hervor.
In der mündlichen Ver handlung vor dem Senat 2 der ZDK am 14. 4. 1977 bezog sich der Beschwerdeführer auf
seinen schriftlichen Antrag u nd brachte weiters im wesentlichen vor: Die von ihm im Antrag beschriebene
Einstellung besitze er schon seit ungefähr zehn Jahren. Sie sei darauf zurückzuführen, daß er sich intensiv mit
der Materie befaßt habe und dabei zu den im Antrag nieder gelegten Erkenntnissen gekommen sei. Er beschäftige
sich schon seit einiger Zeit mit dem Verhaltenstraining und versuche auch sonst iS der von ihm vertretenen
Ansichten zu leben. Mitbestimmend für die Antragstellung sei bis zu einem gewissen Grad auch seine religiöse
Einstellung; i n einer J ugendorganisation oder ähnlichen Vereinigung sei er jedoch nicht tätig. Er sei am 2. 3.
1973 gemustert worden. Damals habe er keinen Antrag auf Befreiung vom Dienst mit der Waffe gestellt, weil
sich für ihn die Notwendigkeit dazu nicht ergeben habe. Er habe doch ohnedies Gelegenheit gehabt, wegen

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