Entscheidungstexte nº B239/78. VfGH. 16-10-1982

Date16 Octubre 1982
16.10.1982
www.ris.bka.gv.at Seite 1 von 3
Gericht
Verfassungsgerichtshof
Entscheidungsdatum
16.10.1982
Geschäftszahl
B239/78
Sammlungsnummer
9548
Leitsatz
Zivildienstgesetz; Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Befreiung von der
Wehrpflicht zwecks Zivildienstleistung
Spruch
Der Bescheid wird aufgehoben.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Beschwerdeführer beantragte mit einer eingehend begründeten Eingabe an das Militärkommando Stm k.
unter Bezugnahme auf §2 Abs1 des Zivildienstgesetzes - ZDG, BGBl. 187/1974, seine Befreiung von der
Wehrpflicht und führte darin insbesondere folgendes aus:
"Meine Gewissensüberzeugung ist vor allem ein Ergebnis meiner christlichen Erziehung. Als Chri st
(Religionsbekenntnis römisch-katholisch) habe ich den Zehn Geboten Fol ge zu leisten und mein Leben nach
dem Vorbild Jesu C hristi zu gestalten. Neben dem 5. Gebot ('D u sollst nicht töten') sind es vor allem die
eindeutigen und radikalen A bsagen an jegliche Gewalt durch Jesus Chri stus in der Bergpredigt und andere
Stellen der Evangelien, wie auch in den Briefen des Neuen Testamentes (z.B. das Hohelied der Liebe im 1.
Korintherbrief des Apostels Paulus), die meine Haltung in dieser Frage bestimmen. In der Tradition der
christlichen Kirchen finden sich viele Aussagen, die an das generelle Verbot der Gewaltanwendung gegen
Menschen erinnern, wie z.B. Augustinus ('Es ist ruhmreicher, den Krieg mit den Worten zu töten, als Menschen
mit dem Schwert.'), Lactantius ( 'Dem Gerechten ist es nicht erl aubt, Waffen zu tragen.'), Hippolytos, Or igenes
u.a. (Zitate nach dem Buch von J. Ude: 'Du sollst nicht töten', Dornbirn 1948). ...
Viele politische Ereignisse der vergangenen Jahre (Einmarsch von Truppen des Warschauer Paktes in die C SSR,
Nordirland-Konflikt, Rassenprobleme in Afrika u.a.) haben in mir die oben erläuterte Haltung, also die
konsequente Ablehnung von Waffengewalt nur immer wieder bestätigt und bestärkt. Und so habe ich auch
versucht, in meinem Leben meinen persönlichen Beitrag zum Abbau von Konflikten zu leisten, und die Idee der
Gewaltlosigkeit w eiter zu verbreiten in persönlichen Gesprächen und Diskussionen. Ich habe als Mitglied der
Katholischen Hochschuljugend an mehreren von ihr veranstalteten Vorträgen und Seminaren zu di esem Thema
teilgenommen. Ich habe das 'Volksbegehren zur Abschaffung des Bundesheeres' unterzeichnet. In Heft 194/II,
Jahrgang 1970 des 'Neuen Forum' ist mein Name in der Aktivistenliste angeführt ... Seit 1970 bin ich
ordentliches Mitglied von 'Amnesty International' (davon 1 Jahr als Mitglied des Vorstandes de r
Österreichischen Sektion, derzeit Sprecher der Länderkoordinati onsgruppe Jugoslawien). Ferner bin ich Mitglied
der 'Österreichischen Liga für Menschenrechte' und des 'CSSR-S olidaritätskomitees'. Ich bin der Überzeugung,
daß die Arbeit dieser Organisationen einen wesentlichen Beitrag zur Völkerverständigung, zur Wahrung der
unveräußerlichen Rechte von P ersonen und Völkern, zum Abbau von Konflikten, zur Ausarbeitung neuer -
gewaltloser - Strategien zur Konfliktlösung, und zur Sicherung des Friedens liefert."

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