Entscheidungstexte nº G141/99 ua. VfGH. 15-03-2000

Date15 Marzo 2000
15.03.2000
www.ris.bka.gv.at Seite 1 von 19
Gericht
Verfassungsgerichtshof
Entscheidungsdatum
15.03.2000
Geschäftszahl
G141/99 ua
Sammlungsnummer
15773
Leitsatz
Zulässigkeit von Individualanträgen auf Aufhebung von Bestimmungen des EStG 1988 betreffend die
Verpflichtung von Kreditinstituten zur Einbehaltung und Abfuhr der Spekulationsertragsteuer wegen aktueller
Betroffenheit bereits vor dem eigentlichen Anwendungszeitpunkt durch die Notwendigkeit umfangreicher
Vorbereitungen; keine sachliche Rechtfertigung der Verpflichtung zur Steuerabfuhr außerhalb der
Effektengeschäfte mangels Verfügbarkeit der für die Abfuhr erforderlichen Daten und/oder der für die
Steuerentrichtung in Betracht kommenden finanziellen Mittel für das Kreditinstitut; keine Fristsetzung im
Hinblick auf die Legisvakanz
Spruch
I. 1.a) In §30 Abs8 Einkommensteuerge setz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 idF BGBl. Nr. I 106/1999, werden Z7
erster und dritter Satz sowie im zweiten Satz das Wort "anderen", Z8 erster Satz sowie im zweiten Satz das Wort
"anderen" und Z9 als verfassungswidrig aufgehoben.
b) Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.
2. Der Bundeskanzler ist verpflichtet, diese Aussprüche unverzüglich im Bundesgesetzblatt I
kundzumachen.
II. Im übrigen werden die Anträge zurückgewiesen.
Der Bund (Bundesminister für Finanzen) ist sc huldig, den antragstellenden Gesellschaften die mit je ATS
29.500,-- bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit ihren auf Ar t140 Abs1, letzten Satz, B-VG gestützten, zu G141/99 bis G150/99 protokollierten
Anträgen begehren die antragstellenden Gesellschaften - es sind dies zehn Kreditinstitute - hinsichtlich §30 Abs8
Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. 400/1988 idF des Steuerreformgesetzes 2 000, BGBl. I 106/1999,
"1. Z7 Satz 1 und Satz 3, Z8 Satz 1 und Z9, in eventu
2. nur Z7 Satz 1 und Z8 Satz 1 und Z9, in eventu
3. nur Z7 Satz 1 und Satz 3 und Z8 Satz 1, in eventu
4. nur Z7 Satz 1 und Z8 Satz 1, in eventu
5. nur Z7 Satz 1, in eventu
6. nur Z7 Satz 1 und Z9, in eventu
7. diesen Absatz (Abs8) in seiner Gesamtheit, in eventu
Verfassungsgerichtshof 15.03.2000
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8. diesen Absatz (Abs8) in seiner Gesamtheit und im §124b Z37 Satz 1 EStG 1988 (gleichfalls idF
SteuerreformG 2000, BGBl I 1999/106) die Wortfolge ', Abs8', in eventu
9. lediglich die Wortfolge 'oder der Entnahme aus dem Depot' in Z7 Satz 3, in eventu
10. lediglich Z8 Satz 1, in eventu
11. lediglich Z9"
als verfassungswidrig aufzuheben.
2. Zu den Gesetzesprüfu ngsanträgen hat die Bundesregierung aufgrund ihres Beschlusses vom 11. Jänner
2000 eine Äußerung erstattet, in welcher sie den Antrag stellt, diese Gesetzesprüfungsanträge zur ückzuweisen
bzw. die angefochtenen Bestimmungen nicht als verfassungswidrig aufzuheben. F ür den Fall der Aufhebung
wird beantragt, gemäß Art140 Abs5 B-VG für das Außerkrafttreten eine Frist von einem J ahr zu bestimmen.
3. Die antragstellenden Gesellschaften haben zur Äußerung der Bundesregier ung jeweils eine Replik
erstattet.
4. Der Verfassungsgerichtshof hat die Normprüfungsverfahren in sinngemäßer Anwendung der §§187 und
404 ZPO iVm §35 VerfGG zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden.
II. Zur Rechtslage:
1.1. Die in den Anträgen angefochtenen und die mit ihnen inhaltlich zusammenhängenden gesetzlichen
Bestimmungen des §30 Einkommensteuergesetz 1 988, BGBl. 400/1988 idF des Steuerreformgesetzes 2000,
BGBl. I 106/1999 (im folgenden: ESt G 1988), haben folgenden Wortlaut (die mit den Hauptanträgen
angefochtenen Wortfolgen sind hervorgehoben):
"Spekulationsgeschäfte
§30. (1) Spekulationsgeschäfte sind:
1. Veräußerungsgeschäfte, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Verä ußerung beträgt:
a) Bei Grundstücken und a nderen Rechten, die den Vor schriften des bürgerlichen Rechts über
Grundstücke unterliegen, nicht mehr als zehn Jahre. Für Grundstücke, bei denen innerhalb von zehn
Jahren nach ihrer Anschaffung Herstellungsau fwendungen in Teilbeträgen gemäß §28 Abs3
abgesetzt wurden, verlängert sich die Frist auf fünfzehn Jahre.
b) Bei Wertpapieren im Sinne des §1 Abs1 des Depotgesetzes, b ei sonstigen Beteiligungen und
Forderungen nicht mehr als zwei Jahre.
c) Bei anderen Wirtschaftsgütern nicht mehr als ein Jahr.
2. Termingeschäfte einschließlich Differenzgeschäfte, weiters innerhalb von zwei Jahren abgewickelte
Optionsgeschäfte einschließlich geschriebene Optionen und Swaphandelsgeschäfte.
Wurde das Wirtschaftsgut oder die rechtliche Stellung aus einem Geschäft im Sinne der Z2 unentgeltlich
erworben, so ist auf den Anschaffungszeitpunkt oder den Eröffnungszeitpunkt des Geschäftes beim
Rechtsvorgänger abzustellen.
...
(8) In den Fällen des Abs1 Z1 litb sowie in den Fällen des Abs1 Z2 wird die Einkommensteuer
(Körperschaftsteuer) nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen durch Abzug erhoben
(Spekulationsertragsteuer):
1. Die Spekulationsertragsteuer beträgt 25%.
2. Der Spekulationsertragsteuer unterliegt der Veräußerungserlös, insoweit er die Anschaffungskosten
übersteigt, ohne jeden Abzug (Spekulationsertrag).
3. Im Sinne der folgenden Ziffern sind
a) Kreditinstitute alle Kreditinstitute sowie sonstige zur Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren
für andere berechtigte Unternehmen mit Sitz im Inland oder Ausland hinsichtlich ihrer inländischen
Betriebsstätten, von denen eine Depotführung durchgeführt oder veranlaßt wird,
b) Depots alle Depots, deren Führung durch inländische Betriebsstätten von Kreditinstituten im Sinne
der lita durchgeführt oder veranlaßt wird,

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