Entscheidungstexte nº G30/2017. VfGH. 27-06-2018

ECLIECLI:AT:VFGH:2018:G30.2017
Date27 Junio 2018
VERFASSUNGSGERICHTSHOF
Verfassungsgerichtshof
Freyung 8, A-1010 Wien
www.verfassungsgerichtshof.at
G 30/2017-31
27. Juni 2018
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Der Verfassungsgerichtshof hat unter dem Vorsitz der Präsidentin
Dr. Brigitte BIERLEIN
in Anwesenheit des Vizepräsidenten
DDr. Christoph GRABENWARTER
und der Mitglieder
Dr. Sieglinde GAHLEITNER,
Dr. Christoph HERBST,
Dr. Michael HOLOUBEK,
Dr. Helmut HÖRTENHUBER,
Dr. Claudia KAHR,
Dr. Georg LIENBACHER,
sowie der Ersatzmitglieder
Dr. Nikolaus BACHLER
Dr. Lilian HOFMEISTER und
Dr. Angela JULCHER
als Stimmführer, im Beisein des verfassungsrechtlichen Mitarbeiters
Dr. Sebastian KUTSCHE
als Schriftführer,
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über den Antrag der ***********, ****************, **** ****, vertreten
durch Rechtsanwalt Dr. Stephan Winklbauer, Grillparzerstrasse 5, 1010 Wien, auf
Aufhebung näher bezeichneter Teile des Gesellschafter-Ausschlussgesetzes
wegen Verfassungswidrigkeit, nach der am 6. Dezember 2017 durchgeführten
öffentlichen mündlichen Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Be-
richterstatters und der Ausführungen des den Vertreter der Antragstellerin
substituierenden Rechtsanwaltes Mag. Roland Herbst, der Vertreter der Bundes-
regierung Dr. Ronald Faber und Dr. Matthias Potyka, sowie der Vertreter der
beteiligten Parteien, Rechtsanwalt Dr. Markus Schifferl, Rechtsanwalt
Dr. Michael Rohregger und Rechtsanwalt Univ.-Prof. Dr. Michael Enzinger, am
heutigen Tage gemäß Art. 140 B-VG zu Recht erkannt:
Der Antrag wird abgewiesen.
Entscheidungsgründe
I. Antrag
1. Gestützt auf Art. 140 Abs. 1 Z 1 lit. d B-VG begehrt die Antragstellerin,
"im Bundesgesetz über den Ausschluss von Minderheitsgesellschaftern (Gesell-
schafter-Ausschlussgesetz GesAusG), BGBl I Nr. 75/2006 idF BGBl I Nr. 71/2009
in § 1 Abs 1 die Wortfolge 'oder Generalversammlung einer Gesellschaft mit
beschränkter Haftung',
in § 1 Abs 4 erster Satz die Wortfolge '(der Gesellschaftsvertrag)',
in § 1 Abs 4 zweiter Satz die Wortfolge 'oder des Gesellschaftsvertrags',
in § 3 Abs 1 erster Satz die Wortfolge '(die Geschäftsführung)',
§ 3 Abs 9 zur Gänze,
in § 4 Abs 1 erster Satz die Wortfolge '(der Gesellschaftsvertrag)',
in § 5 Abs 1 erster Satz die Wortfolge '(die Geschäftsführung)',
in § 5 Abs 2 erster Satz die Wortfolge '(die Geschäftsführung)',
in § 9 Abs 2 dritter Satz die Wortfolge 'oder wenn bei einer Gesellschaft mit
beschränkter Haftung die zur Beschlussfassung notwendigen Unterlagen nach
dem 31. Juli 2009 an die Gesellschafter übersendet werden',
in § 9 Abs 2 vierter Satz die Wortfolge 'oder die Unterlagen an die Gesellschafter
übersendet wurden', sowie
in § 10 die Wortfolge '(der Gesellschaftsvertrag)',
in eventu
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in § 1 Abs 1 die Wortfolge 'oder Generalversammlung einer Gesellschaft mit
beschränkter Haftung' als verfassungswidrig aufzuheben."
II. Rechtslage
1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über den Ausschluss
von Minderheitsgesellschaftern (Gesellschafter-Ausschlussgesetz GesAusG),
BGBl. I 75/2006, idF BGBl. I 71/2009 lauten wie folgt (die angefochtenen Be-
stimmungen sind hervorgehoben):
"Voraussetzungen
§ 1. (1) Die Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft oder Generalversamm-
lung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung kann nach Maßgabe der fol-
genden Bestimmungen auf Verlangen des Hauptgesellschafters die Übertragung
der Anteile der übrigen Gesellschafter auf den Hauptgesellschafter gegen Ge-
währung einer angemessenen Barabfindung beschließen.
(2) Hauptgesellschafter ist, wem zum Zeitpunkt der Beschlussfassung Anteile in
Höhe von mindestens neun Zehnteln des Nennkapitals gehören. Welcher Teil der
Anteile dem Hauptgesellschafter gehört, bestimmt sich nach dem Verhältnis der
ihm gehörenden Anteile zum Nennkapital, bei Aktiengesellschaften mit Stück-
aktien nach der Zahl der Aktien. Eigene Anteile der Gesellschaft oder Anteile, die
einem anderen für Rechnung der Gesellschaft gehören, sind vom Gesamtnenn-
kapital beziehungsweise von der Gesamtzahl der Stückaktien abzuziehen.
(3) Als Anteile, die dem Hauptgesellschafter gehören, gelten auch Anteile ande-
rer mit dem Hauptgesellschafter verbundener Unternehmen (§ 228 Abs. 3 UGB);
die Verbindung muss im letzten Jahr vor der Beschlussfassung durchgehend
bestanden haben.
(4) Die Satzung (der Gesellschaftsvertrag) kann vorsehen, dass der Ausschluss
von Gesellschaftern nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes nicht
zulässig ist oder dass dem Hauptgesellschafter eine höhere als die in Abs. 2
genannte Anteilsquote gehören muss. Eine entsprechende Bestimmung der
Satzung oder des Gesellschaftsvertrags kann nur mit Zustimmung aller Gesell-
schafter aufgehoben oder geändert werden, es sei denn, die Bestimmung sieht
ausdrücklich eine andere Mehrheit vor, die jedoch nicht weniger als drei Viertel
der abgegebenen Stimmen umfassen darf.
Barabfindung
§ 2. (1) Der Hauptgesellschafter hat eine angemessene Barabfindung zu gewäh-
ren. Der Tag der Beschlussfassung durch die Gesellschafterversammlung gilt als
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