Entscheidungstexte nº G36/04 V20/04. VfGH. 15-10-2004

Date15 Octubre 2004
15.10.2004
www.ris.bka.gv.at Seite 1 von 19
Gericht
Verfassungsgerichtshof
Entscheidungsdatum
15.10.2004
Geschäftszahl
G36/04, V20/04
Sammlungsnummer
17341
Leitsatz
Verfassungswidrigkeit der Ausgliederung bestimmter Aufgaben wie zB der Zuweisung der
Zivildienstpflichtigen oder der Befreiung von der Verpflic htung zur Zivildienstleistung an eine nicht staatliche
Einrichtung; Militärwesen und Zivildienst als ausgliederungsfeste Kernaufgaben des Staates; Zivildienst
verpflichtender staatlicher Dienst; erhebliche Einschränkung der Grundrechtssphäre der Betroffenen;
Präjudizialität sowohl der gesetzlichen Verordnungsermächtigung als auch der angewendeten Übertragungs-
Verordnung
Spruch
I. In §54a des Zivildienstgesetzes 1986, BGBl. Nr. 679, idF der ZDG-Novelle 2001, BGBl. I Nr. 133/2000,
werden Absatz 1, Absatz 3 erster Satz und Absatz 4 als verfassungswidrig aufgehoben.
Die Aufhebung dieser Bestimmungen tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2005 in Kraft .
Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.
Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I
verpflichtet.
II. Die §§2 bis 4 der Verordnung über die Übertragung von Aufgaben der Zi vildienstverwaltung
(Übertragungs-Verordnung), BGBl. II Nr. 140/2002, werden als gesetzwidrig aufgehoben.
§1 der Verordnung über die Übertragung von Aufgaben der Zivildienstverwaltung (Übertragungs-
Verordnung) idF BGBl. II Nr. 140/2002, war gesetzwidrig.
Der Bundesminister für Inneres ist z ur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im
Bundesgesetzblatt II verpflichtet.
III. Im Übrigen wird das von Amts wegen eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren einge stellt.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. Beim Verfassungsgerichtshof ist zu B1248/03 das Verfahren über eine auf Art144 B-VG gestützte
Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zugrunde liegt:
1.1. Der Beschwerdeführer leistete von 4. Oktober 1999 bis 30. September 2000 seinen ordentlichen
Zivildienst. Mit Schreiben an den Bundesminister für Inneres vom 22. August 2000 stellte er den Antrag a uf
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Feststellung der Höhe der monatlic hen Grundvergütung und auf Feststellung, inwiewe it er einen Anspruch auf
unentgeltliche Verpflegung habe.
Über diesen Antrag erging ein Be scheid des Bundesministers für Inneres vom 29. September 2000 des
Inhalts, dass ab 1. Juni 2000 die monatliche Gru ndvergütung 3648 Schilling betrage, das Mehrbegehren auf
Feststellung, inwieweit ab 1. Juni 2000 ein Anspruch auf unentgeltliche Verpflegung bestehe, aber
zurückgewiesen werde.
1.2. Der Einschreiter bekämpfte diesen Bescheid mit Beschwerde nach Art144 B-VG beim
Verfassungsgerichtshof (protokolliert z u B1803/00). Dieser leitete aus Anlas s einer anderen, gleichartigen
Beschwerde ein Gesetzesprüfungsverfahren ein (protokolliert zu G212/01). Es endete mit dem Ausspruch, dass
näher bezeichnete Ausdrücke und Ziffern im Bundesgesetz, mit dem das Zivildienstgesetz geändert wird, BGBl.
I Nr. 28/2000, verfassungswidrig waren (Erkenntnis vom 6. Dezember 2001, G21 2/01, = VfSlg. 16.389/2001).
Da der zu B1803/00 pr otokollierte Beschwerdefall de s nunmehrigen Einschreiters dem Anlassfall
gleichstand, die belangte Behörde bei Erlassung des damals bekämpften Bescheide s die als verfassungswidrig
erkannten Gesetzesstelle n angewendet hatte und es nach Lage des Falles nicht ausgeschlossen war, dass diese
Gesetzesanwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers von Nachteil war, wurde der angefochtene
Bescheid vom 29. September 2000 mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Dez ember 2 001,
B1796/00 u.a. Zlen. (darunter auch B1803/00), aufgehoben.
2. Unter Bezugnahme auf das Erkenntnis G212/01 erhob der Einschreiter mit Schriftsatz vom 7. August
2002 beim Verfassungsgerichtshof eine (zu A69/02 protokollierte) Klage nach Art137 B-VG, mit der er vom
Bund mit näherer Begründung die Bezahlung von 993 € (samt Zinsen) als ausstehende Verpflegungsleistung
begehrte.
Der Verfassungsgerichtshof wies diese Klage wegen Unzuständigkeit zurück (s. Beschluss vom 11.
Dezember 2002, A11/02 u.a. Zlen. [darunter auch A69/02]). Diese Entscheidung wurde im Kern damit
begründet, dass infolge Aufhebung des vom Bundesm inister für Inneres ergangenen Bescheides vom 29.
September 2 000 durch den Verfassungsgerichtshof "jedenfalls der Antrag des Einschreiters an den
Bundesminister für Inneres auf Feststellung, 'inwieweit ich einen A nspruch auf unentgeltliche Verpflegung
habe', als unerledigt zu betrachten" und die Behörde gehalten ist, einen ( Feststellungs-) Bescheid zu erlassen
(vgl. dazu näher den Beschluss VfGH 3.12.2002, A1 0/02, auf wel chen der zuv or erwähnte Beschluss A11/02
u.a. Zlen. verweist).
3. Bereits zuvor hatte die Zivildienstverwaltungs Ges.m.b.H. einen Ersatzbescheid vom 2 9. August 2002
erlassen, mit dem sie den Antrag des Einschreiters (vom 22. August 2000) abwies.
Gegen diesen abweisenden Bescheid der Zivildienst verwaltungs Ges.m.b.H. erhob der Einschreiter mit
Schriftsatz vom 13. September 2002 Ber ufung. Er stellte darin mit näherer Begründung an den Bundesminister
für Inneres als Berufungsbehörde den Antrag,
"a) den angefochtenen Bescheid aufzuheben und selbst über meinen Antrag dahingehend abzusprechen,
dass ich im verfahrensgegenstä ndlichen Zeitraum neben dem A nspruch auf die Pauschalvergütung auch einen
Anspruch auf Verpflegungsgeld pro Kalendertag, an dem ich Zivildienst leistete, in Höhe von S 155,-
(das sind € 11,26) habe;
b) in eventu den a ngefochtenen Besc heid dahingehend abzuändern, dass festgestellt wird, dass ich im
verfahrensgegenständlichen Zeitraum nebe n dem Anspruch auf die P auschalvergütung auch einen Anspruch auf
Verpflegungsgeld pro Kalendertag, an dem ich Zivildienst leistete, in Höhe von S 155,-
(das sind € 11,26) habe."
4.1. Darüber erging eine Berufungsvorentsc heidung der Zivildienstverwaltungs Ges.m.b.H. vom 5. März
2003. Diese trat infolge eines vom Einschreiter eingebracht en Vorlageantrages gemäß §64a Abs3 AVG außer
Kraft.
4.2. Mit Berufungsbescheid vom 6. August 2003 stellte der Bundesminister für Inner es fest:
1. "Gemäß §25a A bs2 Z1 des Zivildienstgesetzes 1986 (ZDG) in der Fassung des Bundesgesetzblattes
BGBl. Nr. 187/1994 beträgt Ihre monatliche Grundvergütung 2 358 S, dies entspricht 1 71,36 €.

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