Entscheidungstexte nº G64/98 G65/98. VfGH. 10-03-1999

Date10 Marzo 1999
10.03.1999
www.ris.bka.gv.at Seite 1 von 20
Gericht
Verfassungsgerichtshof
Entscheidungsdatum
10.03.1999
Geschäftszahl
G64/98,G65/98
Sammlungsnummer
15456
Leitsatz
Keine Verletzung der Erwerbsausübungsfreiheit durch krankenanstaltenrec htliche Regelungen über die
Bedarfsprüfung bei erwerbswirtschaftlich geführten Ambulatorien aufgrund des öffentlichen Interesses an einer
funktionierenden und flächendeckenden medizinischen Versorgung der Bevölkerung; verfassun gskonforme
Beschränkung der Erwerbsfreiheit durch die Systementscheidung für ein Sachleistungss ystem in der gesetzlichen
Krankenversicherung und für die Leistungserbringung vorrangig durch niedergelassene Kassenärzte;
Interpretation der hier vorgesehenen Bedarfsprüfung als bloßer Existenzschutz durch die Höchstgerichte
Spruch
Folgende gesetzliche Bestimmungen werden nicht als verfassungswidrig aufgehoben:
1. Die Wortfolge "bei Errichtung einer Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbständigen A mbulatoriums
auch im Hinblick auf das Versorgungsangebot durch niedergelassene Kassenvertragsärzte, kasseneigene
Einrichtungen und Vertragseinrichtungen der Kassen," im §3a Abs2 des O.ö. Krankenanstaltengesetzes 1976,
LGBl. Nr. 10 idF der O.ö. Krankenanstaltengesetz-N ovelle 1994, LGBl. Nr. 61 (nunmehr: §5 Abs2 O.ö.
Krankenanstaltengesetz 1997, LGBl. Nr. 132) und
2. die Wortfolge " bei Errichtung einer Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums
auch im Hinblick auf das Versorgungsangebot durch niedergelassene Kassenvertragsärzte, kasseneigene
Einrichtungen und Vertragseinrichtungen der Kassen," im §3 Abs2 lita des Krankenanstaltengesetzes, BGBl. Nr.
1/1957 idF BGBl. Nr. 801/1993.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zu Zl. B817/97 das Verfahren über eine auf Art144 B-VG gestützte
Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zugrundeliegt:
Mit Bescheid der O.ö. Landesregierung vom 28. September 1992 wurde dem Beschwerdeführer (einem
Facharzt für Radiologie in Freistadt) die Betriebsbewilligung gemäß dem O.ö. Krankenanstaltengesetz 1976,
LGBl. Nr. 10, (im folgenden kurz: O.ö. KAG) für ein Institut für bildgebende Verfahren - in der Rechtsform
eines selbständigen Ambulatoriums gemäß §2 Z7 leg.cit. - erteilt.
Mit Schreiben vom 22. März 1994 ersuchte der Beschwerdeführer um die Erteilung der
Errichtungsbewilligung für die Erweiterung des angeführten Institutes um eine Kernspintomographie-
Einrichtung (MR-Diagnostikeinrichtung) sowie um ein Osteodensitometriegerät gemäß §5 Abs1 lith O.ö. KAG.
Die O.ö. Landesregierung sprach darüber mit Bescheid vom 26. Februar 1997 wie f olgt ab:
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"I. Das Ansuchen um Bewilligung der Erweiterung wird hinsichtlich der Kernspintomographie-Einrichtung
(MR-Diagnostikeinrichtung) abgewiesen.
II. Das Ansuchen um Bewilligung der Erweiterung wird hin sichtlich des Oste odensitometriegerätes
zurückgewiesen."
Gegen diesen Bescheid (und zwar erkennbar nur gegen P kt. I des Spruches) wendet sich die eingangs erwähnte
Beschwerde.
2.a) Der Verfassungsgerichtshof hat am 12. März 1998 beschlossen, aus Anlaß der vorliegenden Beschwerde
gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahr en zur Prüfung der im Spruch näher bezeichneten
gesetzlichen Bestimmungen einzuleiten.
b) Diese Vorschriften stehen in nachstehendem rechtlichen Umfeld:
aa) Nach §5 Abs1 lith O.ö. KAG idF der N ovelle LGBl. Nr. 61/1994 bedarf eine wesentliche Änderung oder
Erweiterung des Leistungsangebotes oder der apparativen Ausstattung in einer Krankenanstalt der Bewilligung
der Landesregierung. Im Verfahren über die Be willigung sind die Vorschriften der §§3 bis 4 leg.cit. sinngemäß
anzuwenden.
Dem §3a Abs1 lita O.ö. K AG idF der Novelle 1994 zufolge ist eine der Voraussetzungen für die Erteilung
einer Errichtungsbewilligung u.a., daß ein Bedarf iS des Abs2 gegeben ist.
§3a Abs2 leg.cit. lautet auszugsweise (die in Prüfung gezogene Wortfolge ist hervorge hoben):
"(2) Der Bedarf nach e iner Krankenanstalt mit dem angegebenen Anstaltszweck und dem in Aussicht
genommenen Leistungsangebot ist unter Beachtung der Höchstzahl der systemisierten Betten nach dem O.ö.
Krankenanstaltenplan (§21 Abs4) im Hinblick auf das in angemessener Entfernung bereits bestehende
Versorgungsangebot öffentlic her, privater gemeinnütziger und sonstiger Krankenanstalten mit Kassenverträ gen
sowie bei Errichtung einer Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums auch im
Hinblick auf das Versorgungsangebot durch niedergelassene Kassenvertragsärzte, kasseneigene Einrichtungen
und Vertragsei nrichtungen der Kassen, bei Zahnambulatorien auch im Hinblick auf niedergelassene Dentisten
mit Kassenvertrag, zu beurteilen. ..."
Das O.ö. KAG 1976 idF der Novelle 1997 LGBl. 67, wurde als O.ö. Krankenanstaltengesetz 1997, LGBl. 132,
wiederverlautbart. Die Regelung des §3a Abs2 O.ö. KAG 1976 findet sic h nunmehr im §5 Abs2 O.ö. KAG
1997.
bb) §3a O .ö. KAG 1976 (idF der Novelle 1994) erging in Ausführung des mit BGBl. Nr. 801/1993
neugefaßten §3 Abs2 lita des Krankenanstaltengesetzes (im folgenden: KAG).
Diese bundesgesetzliche Bestimmung lautet (die in Prüfung gezogene Wortfolge ist hervorgehoben):
"(2) Die Bewilligung zur Errichtung einer Krankenanstalt im Sinne des Abs1 darf n ur erteilt werden, wenn
insbesondere
a) nach dem angegebenen Anstaltszweck und de m in Aussicht genommenen Leistungsangebot im Hinblick auf
das bereits bestehende Versorgungsangebot öffentlicher, privater gemein nütziger und sonstiger Krankenanstalten
mit Kassenverträ gen s owie bei Errichtung einer Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbständigen
Ambulatoriums auch im Hinblick auf das Versorgungsangebot durch niedergelassene Kassenvertragsärzte,
kasseneigene Einrichtungen und Vertragseinrichtungen der Kassen, bei Zahnambulatorien auch im Hinblic k auf
niedergelassene Dentisten mit Kassenvertrag, ein Bedarf gegeben ist;"
cc) Die G esetzesänderungen in den Jahren 1993 und 1994 waren des halb erforderlich geworden, weil der
Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis VfSlg. 13023/1992 u.a. §3 Abs2 lita KAG idF des BG BGBl. Nr.
565/1985 und einige dazu ergangene landesgesetzliche Aus führungsbestimmungen aufgehoben hatte; die darin
vorgesehene Bedarfsprüfung hatte nämlich dem Art6 StGG widersprochen.
c) Der Verfassungsgerichtshof begründete im Einleitungsbeschluß seine Bedenken im w esentlichen wie folgt:

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