Entscheidungstexte nº G9/2018 ua. VfGH. 09-10-2018

ECLIECLI:AT:VFGH:2018:G9.2018
Date09 Octubre 2018
VERFASSUNGSGERICHTSHOF
Verfassungsgerichtshof
Freyung 8, A-1010 Wien
www.verfassungsgerichtshof.at
G 9/2018-24, G 10/2018-27
9. Oktober 2018
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Der Verfassungsgerichtshof hat unter dem Vorsitz der Präsidentin
Dr. Brigitte BIERLEIN,
in Anwesenheit des Vizepräsidenten
DDr. Christoph GRABENWARTER
und der Mitglieder
Dr. Markus ACHATZ,
Dr. Wolfgang BRANDSTETTER,
Dr. Sieglinde GAHLEITNER,
Dr. Andreas HAUER,
Dr. Christoph HERBST,
Dr. Michael HOLOUBEK,
Dr. Helmut HÖRTENHUBER,
Dr. Claudia KAHR,
Dr. Georg LIENBACHER,
Dr. Michael RAMI und
Dr. Ingrid SIESS-SCHERZ
als Stimmführer, im Beisein der verfassungsrechtlichen Mitarbeiterin
Dr. Beate SÜNDHOFER
als Schriftführerin,
G 9/2018-24,
G 10/2018-27
09.10.2018
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über den Antrag (G 9/2018) 1.-471. *******************************, sowie
über den Antrag (G 10/2018), 472.-495. *******************, alle vertreten
durch die DSC Doralt Seist Csoklich Rechtsanwälte GmbH, Währinger Straße 2-4,
1090 Wien, §§ 4 Abs. 2 und 4a Verbraucherzahlungskontogesetz als verfas-
sungswidrig aufzuheben, nach der am 26. Juni 2018 durchgeführten mündlichen
Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters und der Aus-
führungen des Vertreters der antragstellenden Gesellschaften Rechtsanwalt
Univ.-Prof. Dr. Raimund Bollenberger, sowie der Auskunftspersonen Dr. Natalie
Harsdorf, LL.M., Dr. Peter Wanek und Dr. Karolina Payer, LL.M., am heutigen
Tage gemäß Art. 140 B-VG zu Recht erkannt:
I. § 4a des Bundesgesetzes über die Vergleichbarkeit von Entgelten für Ver-
braucherzahlungskonten, den Wechsel von Verbraucherzahlungskonten und
den Zugang zu Verbraucherzahlungskonten mit grundlegenden Funktionen
(Verbraucherzahlungskontogesetz VZKG), BGBl. I Nr. 35/2016 idF
BGBl. I Nr. 158/2017, wird als verfassungswidrig aufgehoben.
II. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.
III. Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche
im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.
IV. Im Übrigen werden die Anträge abgewiesen.
V. Der Bund (Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumen-
tenschutz) ist schuldig, den antragstellenden Gesellschaften zu G 9/2018 zu-
handen ihres Rechtsvertreters die mit € 2.202, bestimmten Prozesskosten
binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen sowie den antragstel-
lenden Gesellschaften zu G 10/2018 zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit
2.202, bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekuti-
on zu ersetzen.
G 9/2018-24,
G 10/2018-27
09.10.2018
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Entscheidungsgründe
I. Anträge und Vorverfahren
Mit den vorliegenden, auf Art. 140 Abs. 1 Z 1 lit. c B-VG gestützten Anträgen
begehren die antragstellenden Gesellschaften, der Verfassungsgerichtshof möge
§ 4 Abs. 2 und § 4a Verbraucherzahlungskontogesetz (im Folgenden: VZKG),
BGBl. I 35/2016 idF BGBl. I 158/2017 zur Gänze, in eventu lediglich § 4a VZKG,
BGBl. I 35/2016 idF BGBl. I 158/2017 zur Gänze, in eventu § 26 Abs. 1 und 2 VZKG
idF BGBl. I 35/2016 zur Gänze, als verfassungswidrig aufheben sowie gemäß
Art. 140 Abs. 7 zweiter Satz B-VG aussprechen, dass die aufgehobenen Bestim-
mungen auch auf vor der Aufhebung verwirklichte Tatbestände nicht mehr
anzuwenden sind.
II. Rechtslage
1. Die maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:
2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Vergleichbar-
keit von Entgelten für Verbraucherzahlungskonten, den Wechsel von Verbrau-
cherzahlungskonten und den Zugang zu Verbraucherzahlungskonten mit grund-
legenden Funktionen (Verbraucherzahlungskontogesetz VZKG), BGBl. I 35/2016
idF BGBl. I 158/2017, lauten (die im Hauptantrag angefochtenen Bestimmungen
sind hervorgehoben):
"Unwirksame Vereinbarungen
§ 4. Soweit in Vereinbarungen zum Nachteil des Verbrauchers von den Bestim-
mungen dieses Bundesgesetzes abgewichen wird, sind sie unwirksam.
(2) Eine Vereinbarung, nach welcher der Verbraucher ein Entgelt für einzelne
Bargeldabhebungen von seinem Zahlungskonto an Geldautomaten mit einer vom
kontoführenden Zahlungsdienstleister zum Zahlungskonto ausgegebenen Zah-
lungskarte zu zahlen hat, ist unwirksam, es sei denn der Zahlungsdienstleister
beweist, dass die Vertragsbestimmung mit dem Verbraucher im Einzelnen
ausgehandelt worden ist.
Entgeltansprüche unabhängiger Betreiber von Geldautomaten
§ 4a. Der Zahlungsdienstleister hat den Verbraucher von der Zahlung von Entgel-
ten zu befreien, die ein Dienstleister gemäß § 2 Abs. 3 Z 15 ZaDiG vom Verbrau-
cher für Bargeldabhebungen mit der zum Zahlungskonto des Verbrauchers
ausgegebenen Zahlungskarte beansprucht.
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