Entscheidungstexte nº V132/03. VfGH. 11-03-2006

Date11 Marzo 2006
11.03.2006
www.ris.bka.gv.at Seite 1 von 54
Gericht
Verfassungsgerichtshof
Entscheidungsdatum
11.03.2006
Geschäftszahl
V132/03
Sammlungsnummer
17797
Leitsatz
Abweisung des Individualantrags eines Netzbetreibers auf Aufhebung von Bestimmungen der
Systemnutzungstarife-Verordnung 2003; kein unbegründetes Abweichen von geltend gemachten
Kostenpositionen; keine unrichtige Berechnung der Netzverlustkosten; keine Gesetzwidrigkeit wegen
Nichtvornahme einer Kostenwälzung; kein V erstoß der SNT-VO 2003 gegen das Ökostromgesetz nac h
Bereinigung der Rechtslage durch Aufhebung der Bestimmung betreffend Berücksichtigun g der Kosten für
KWK-Anlagen
Spruch
Der Antrag auf Aufhebung der §§1 bis 17, der §§19 Abs1 Z3 liti, Z4 litl, Z5 litm, Z6 litm, Z7 litm, des §20
Z14 und des §23 Abs3 der SNT-VO 2003 wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die WIENSTROM GmbH stellt gemäß Art139 Abs1 B-VG die Anträge, der Verfassungsgerichtshof
möge
"1. jedenfalls die §§19 Abs1 Z3 liti, Z4 litl, Z5 litm, Z6 litm, Z7 litm [Netznutzungsentgelt für den
Netzbereich Wien und die Netzebenen 3 bis 7], §20 Z14 [Netzverlustentgelt für den Netzbereich Wien und die
Netzebenen 3 bis 7] und §23 Abs3 [Bestimmung über das Außer-Kraft-Treten der SNT-VO 2002] der
Verordnung der Energie-Control Kommission, mit der die Tarife für die Systemnutzung bestimmt werden
(Systemnutzungstarife-Verordnung 2003, SNT-VO 2003, im Amtsblatt zur Wiener Zeitung vom 9.10.2003
kundgemacht),
ferner
2.a) die §§12 A bs1 [allgemeine Grundsätze der Kostenermittlung], 13 [Finanzierungskosten] und 16
[Kriterien für die Tarifbestimmung] der [...] SNT-VO 2003 [...],
b) in eventu lediglich §12 Abs1 Satz 2, §13 und §16 der [...] SNT-VO 2003 [ ...],
c) in eventu gemäß Art139 Abs3 litb B-VG die §§1 bis 17 der [...] SNT-VO 2003 [ ...],
als gesetzwidrig aufheben und [der antragstellenden Gesellschaft] die Kosten des Verfahre ns zuzusprechen."
2. Die der angefochtenen Verordnung zugrunde liegende Rechtslage stellt sich wie folgt dar:
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2.1. Die §§25, 55 und 57 des Bundesgesetzes, mit dem die Organisation auf dem Ge biet der
Elektrizitätswirtschaft neu geregelt wird (Elektrizitätswirtschafts- und - organisationsgesetz - ElWOG), BGBl. I
Nr. 143/1998 idF BGBl. I Nr. 149/2002 lauten:
"Bestimmung der Systemnutzungstarife
§25. (unmittelbar anwendbares Bundesrecht) (1) Das für die Netznutzung zu entrichtende Entgelt bestimmt
sich aus dem
1. Netznutzungsentgelt;
2. Netzbereitstellungsentgelt;
3. Netzverlustentgelt;
4. Systemdienstleistungsentgelt;
5. Entgelt für Messleistungen;
6. Netzzutrittsentgelt sowie
7. gegebenenfalls dem Entgelt für internationale Transaktionen.
Die in Z1 bis 4 sowie Z7 angeführten Entgelte sind unter Zugrundelegung eines Tarifes zu ermitteln, der
von der Elektrizitäts-Control Kommission durch Verordnung oder Bescheid zu bestimmen ist. Das unter Z6
angeführte Entgelt ist aufwandsorientiert zu verrechnen, wobei eine Pauschalierung dem N etzbetreiber für jene
Netzbenutzer, die an eine unter Abs5 Z6 angeführte Netzebene angeschlossen sind, anheim gestellt ist. Das unter
Z5 angef ührte Entgelt ist grundsätzlich aufwandsorientiert zu verrechnen, wobei von der Elektrizitäts-Control
Kommission durch Verordnung oder Bescheid Höchstpreise bestimmt werden können.
(2) Die Systemnutzungstarif e sind kostenorientiert zu bestimmen und haben dem Grundsatz der
Kostenwahrheit zu entsprechen. Die Bestimmung der Preise unter Zugrundelegung einer
Durchschnittsbetrachtung, die von den Kosten eines rationell geführten, vergleichbaren Unternehmens ausgeht,
ist zulässig. Weiters können der Preisbestimmung Zielvorgaben zugrunde gelegt werden, die sic h am
Einsparungspotential der Unterne hmen orientieren (Produktivitätsabschläge). Die de n Preisansätzen zugrunde
liegende Tarifstruktur ist einheitl ich zu gestalten und hat eine Vergleichbar keit der mit den Leistungen
korrespondierenden Preisansätzen aller Netzbetreiber zu ermöglichen.
(3) Die Systemnutzungstarife haben dem Grundsatz der Gleichbehandlung aller Systembenutzer zu
entsprechen. Die für den Netzzugang geltenden Systemnutzungstarife sind als Festpreise z u bestimmen.
(4) Die Elektrizitäts-Control Kommission hat jedenfalls S ystemnutzungstarife für Entnehmer und
Einspeiser von el ektrischer Energie durch Verordnun g oder Bescheid zu bestimmen. Netzbetreiber gelten dabei
als Entnehmer.
(5) Als Netzebenen, von denen bei der Bildung der Systemnutzungstarife auszugehen ist, werden bestimmt:
1. Höchstspannungsebene (380 kV und 220 kV, einschließlich 380/ 220-kV-Umspannung);
2. Umspannung von Höchst- zu Hochspannung;
3. Hochspannung (110 kV, einschließlich Anlagen mit einer Betriebsspannung zwisc hen mehr als 36 kV
und 110 kV);
4. Umspannung von Hoch- zu Mittelspannung;
5. Mittelspannung (mit einer Betriebsspannung zw ischen mehr als 1 kV bis einschließlich 36 kV sowie
Zwischenumspannungen);
6. Umspannung von Mittel- zu Niederspannung;
7. Niederspannung (1 kV und darunter).
(6) Als Netzbereiche sind vorzusehen:
1. Für die Netzebene 1 (Höchstspannungsebene):
a) Österreichischer Bereich: das Höchstspannungsnetz, ausgenommen das Höchstspannungsnetz der Tiroler
Wasserkraftwerke AG sowie die Höchstspannungsnetze der Vorarlberger Kraftwer ke AG und der Vorarlberger
Illwerke AG sowie das Höchstspannungsnetz der WIEN-STROM GmbH;
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b) Tiroler Bereich: die Höchstspannungsnetze der Tiroler Wasserkraftwerke AG;
c) Vorarlberger Bereich: die Höchsts pannungsnetze der Vorarlberger Kraftwerke AG und Vorarlberger
Illwerke AG, ausgenommen bestehende Leitungsrechte der Österreichischen Elektrizitätswirtschafts AG, soweit
sie nicht auf Verträgen gemäß §70 Abs2 basieren, die dem Bereich gemäß lita zuzu ordnen sind;
2. für die anderen Netzebenen die jeweiligen durch die Netze in den Netzebenen gemäß Abs5 Z1 bis 7 der
in der Anlage angeführten Unternehmen sowie von den jeweils unterlagerten Netzen anderer Unternehmen
abgedeckten Gebiete, wobei die WIENSTROM G mbH eigenen Höchstspannungsanlagen der Netzebene gemäß
Abs5 Z3 (Hochspannungsebene) diesem Netzbereich (Netzbereich der WIENSTROM GmbH) kostenmäßig
zuzuordnen sind;
3. die durch die Netze der Grazer Stadtwerke AG, der Innsbrucker Kommunalbetrie be AG, der Klagenfurter
Stadtwerke, der Linzer Elektrizitäts-, Fernwärme und V erkehrsbetriebe Aktiengesellschaft, der S alzburger
Stadtwerke AG sowie der Steiermärkischen Elektrizitäts-Aktiengesellschaft abgedeckten Gebiete in den Abs5
Z4 und 5 a ngeführten Netzebenen, sofern dies aus geographischen, wirtschaftlichen oder netztechnischen
Gegebenheiten erforderlich ist;
4. die Versorgungsgebiete von Verteiler unternehmen in den in Abs5 Z6 und 7 an geführten Netzebenen,
sofern dies aus geographischen, wirtschaftlichen oder netztechnischen Gegebenheiten erf orderlich ist.
Leitungsanlagen, deren Kostenabgeltung im Rahmen von Verträgen gemäß §70 Abs2 geregelt ist, sind in
keinen der Netzbereiche aufzunehmen. Für die Inanspr uchnahme von Leitungsanlagen i m Rahmen von
Verträgen gemäß §70 Abs2 bestimmt sich das Entgelt f ür die Netzbenutz ung aus der in diesen Verträgen
geregelten Kostenabgeltung. Durch die Zuordnung zu einem Netzbereich wird nicht in da s Versorgungsgebiet, in
Eigentumsrechte, in Investitionsentscheidu ngen, in die Betriebsführun g, in die Netzplanun g oder in die
Netzhoheit anderer Netzbetreiber eingegriffen.
(7) Bei galvanisch verbundenen Netzen unterschiedlicher Betreiber innerhal b von Netzbereiche n sind zur
Ermittlung der Tarifpreise die Kosten je Netzebene für diese Netze zusammenzufassen, wobei die Erlö se aus der
Nutzung dieser Netze innerhalb der Netzbereiche und Netzebenen von de n jeweilige n Netzbetrei bern nach
Kostenanteilen aufzuteilen sind. Ausgleichszahlungen zwischen den Netzbetreibern sind erforderlichenfalls
durchzuführen. Bei Netzen, welche nur über die gleiche Spannu ngsebene aus Netzen von unterschiedlichen
Betreibern innerhalb von Netzbereichen versorgt werden, jedoch nicht direkt transformatorisch mit überlagerten
Netzebenen verbunden sind, sind zur Ermittlung der Tarifpreise die Kosten je Netz ebene für diese Netze
zusammenzufassen, wobei die Erlöse aus der Nutzung dieser Netze anteilig nach de n über die Netze gelieferten
Mengen sowie der jeweiligen Kosten aufzuteilen sind. Ausgleichszahlungen zwischen den Netzbetreibern sind
erforderlichenfalls durchzuführen.
(8) Die organisatorische und technische Abwicklung der Ausgleichszahlungen gemäß Abs7 sind der
Elektrizitäts-Control GmbH zur Besorgung zugewiesen.
(9) Das Systemnutzungsentgelt für Verbraucher ist auf den Netzbereich sowie die Netzebene zu beziehen,
an der die Anlage angeschlossen ist.
(10) Elektrizitätsunternehmen haben die einzelnen Komponenten des Entgeltes gemäß Abs1, welches
Endverbrauchern oder N etzbetreibern verrechnet wird oder in verrechneten Tarifpreisen enthalten ist, gesondert
auf den Rechnungen f ür die Netznutzung oder auf den Stromrechnungen auszuweisen. Das E ntgelt für die
Systemdienstleistung ist Erzeugern getrennt von allfälligen anderen Entgelten in Rechnung z u stellen oder auf
Rechnungen getrennt auszuweisen.
(11) Die Bemessung des Netzbereitstellungsentgeltes hat leistungsbezoge n zu erfolgen. Die Elektrizitäts-
Control Kommission hat durch Verordnung oder Bescheid die Kriterien, die bei der Bestimmung der Basis für
die Verrechnung des Netzbereitstellungsentgeltes heranzuziehen sind, festzulegen.
(12) Die Bemessung des Netznutzungsentgeltes hat entweder arbeitsbezogen oder arbeits- und
leistungsbezogen zu erfolgen. Der leistungsbezogene A nteil des Netznutzungsentgeltes ist grundsätzlich auf
einen Zeitraum eines Jahres zu beziehen. Die Tarife sind so zu gestalten, dass Erlöse aus den leistungsbezogenen
Netznutzungspreisen je Netzebene die Erlöse aus den ar beitsbezogenen Netznutzungspreisen nicht übersteigen.
Werden Preise für die Netznutzung zeitvariabel gestaltet, s o sind höchstens jeweils zwei unterschie dliche Preise
innerhalb eines Tages, innerhalb einer Woche sowie innerhalb eines Jahres zulässig. Zur Er mittlung der Basis für

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