Entscheidungstexte nº V363/2020 (V363/2020-25). VfGH. 14-07-2020

ECLIECLI:AT:VFGH:2020:V363.2020
Date14 Julio 2020
VERFASSUNGSGERICHTSHOF
Verfassungsgerichtshof
Freyung 8, A-1010 Wien
www.verfassungsgerichtshof.at
V 363/2020-25
14. Juli 2020
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Der Verfassungsgerichtshof hat unter dem Vorsitz des Präsidenten
DDr. Christoph GRABENWARTER,
in Anwesenheit der Vizepräsidentin
Dr. Verena MADNER
und der Mitglieder
Dr. Markus ACHATZ,
Dr. Wolfgang BRANDSTETTER,
Dr. Sieglinde GAHLEITNER,
Dr. Andreas HAUER,
Dr. Christoph HERBST,
Dr. Michael HOLOUBEK,
Dr. Helmut HÖRTENHUBER,
Dr. Claudia KAHR,
Dr. Georg LIENBACHER,
Dr. Michael RAMI,
Dr. Johannes SCHNIZER und
Dr. Ingrid SIESS-SCHERZ
als Stimmführer, im Beisein der verfassungsrechtlichen Mitarbeiterin
Dr. Hannah GRAFL, LL.M.
als Schriftführerin,
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über den Antrag des *******************, ************, **** ************
********, vertreten durch die Rechtsanwälte Univ.-Prof. (SFU) Dr. Max Leitner
und Dr. Mara-Sophie Häusler, LL.M., Wollzeile 24, 1010 Wien, die Verordnung
des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
gemäß § 2 Z 1 des COVID-19-Maßnahmengesetzes, BGBl. II 98/2020, idF
BGBl. II 108/2020 als gesetzwidrig aufzuheben, in seiner heutigen nichtöffentli-
chen Sitzung gemäß Art. 139 B-VG zu Recht erkannt:
I. 1. § 1 der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege
und Konsumentenschutz gemäß § 2 Z 1 des COVID-19-Maßnahmengesetzes,
BGBl. II Nr. 98/2020, § 2 der Verordnung des Bundesministers für Soziales,
Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz gemäß § 2 Z 1 des COVID-19-
Maßnahmengesetzes, BGBl. II Nr. 98/2020, idF BGBl. II Nr. 108/2020 sowie
§§ 4 und 6 der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit,
Pflege und Konsumentenschutz gemäß § 2 Z 1 des COVID-19-Maßnahmen-
gesetzes, BGBl. II Nr. 98/2020, idF BGBl. II Nr. 107/2020 waren gesetzwidrig.
2. Die als gesetzwidrig festgestellten Bestimmungen sind nicht mehr anzu-
wenden.
3. Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumenten-
schutz ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundes-
gesetzblatt II verpflichtet.
II. Der Bund (Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumen-
tenschutz) ist schuldig, dem Antragsteller zuhanden seiner Rechtsvertreter
die mit € 2.856,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger
Exekution zu ersetzen.
Entscheidungsgründe
I. Antrag
Gestützt auf Art. 139 Abs. 1 Z 3 B-VG begehrt der Antragsteller die Aufhebung
der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Kon-
sumentenschutz gemäß § 2 Z 1 des COVID-19-Maßnahmengesetzes,
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BGBl. II 98/2020, idF BGBl. II 108/2020 zur Gänze wegen Gesetzwidrigkeit, in
eventu die Aufhebung der §§ 1, 2, 4 und 6 der Verordnung des Bundesministers
für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz gemäß § 2 Z 1 des
COVID-19-Maßnahmengesetzes, BGBl. II 98/2020, idF BGBl. II 108/2020 wegen
Gesetzwidrigkeit.
II. Rechtslage
1. Das Bundesgesetz betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der
Verbreitung von COVID-19 (COVID-19-Maßnahmengesetz), BGBl. I 12/2020, idF
BGBl. I 23/2020 lautet:
"Betreten von Betriebsstätten zum Zweck des Erwerbs von Waren und Dienst-
leistungen sowie Arbeitsorte
§ 1. Beim Auftreten von COVID-19 kann der Bundesminister für Soziales, Ge-
sundheit, Pflege und Konsumentenschutz durch Verordnung das Betreten von
Betriebsstätten oder nur bestimmten Betriebsstätten zum Zweck des Erwerbs
von Waren und Dienstleistungen oder Arbeitsorte im Sinne des § 2 Abs. 3 Ar-
beitnehmerInnenschutzgesetz untersagen, soweit dies zur Verhinderung der
Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist. In der Verordnung kann geregelt
werden, in welcher Zahl und zu welcher Zeit jene Betriebsstätten betreten
werden dürfen, die vom Betretungsverbot ausgenommen sind. Darüber hinaus
kann geregelt werden, unter welchen bestimmten Voraussetzungen oder Aufla-
gen Betriebsstätten oder Arbeitsorte betreten werden dürfen.
Betreten von bestimmten Orten
§ 2. Beim Auftreten von COVID-19 kann durch Verordnung das Betreten von
bestimmten Orten untersagt werden, soweit dies zur Verhinderung der Verbrei-
tung von COVID-19 erforderlich ist. Die Verordnung ist
1. vom Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
zu erlassen, wenn sich ihre Anwendung auf das gesamte Bundesgebiet erstreckt,
2. vom Landeshauptmann zu erlassen, wenn sich ihre Anwendung auf das ge-
samte Landesgebiet erstreckt, oder
3. von der Bezirksverwaltungsbehörde zu erlassen, wenn sich ihre Anwendung
auf den politischen Bezirk oder Teile desselben erstreckt.
Das Betretungsverbot kann sich auf bestimmte Zeiten beschränken. Darüber
hinaus kann geregelt werden, unter welchen bestimmten Voraussetzungen oder
Auflagen jene bestimmten Orte betreten werden dürfen.
Mitwirkung von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes
§ 2a. (1) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes haben die nach diesem
Bundesgesetz zuständigen Behörden und Organe über deren Ersuchen bei der
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