Bundesgesetz vom 25. Juli 1962 über die Schulpflicht (Schulpflichtgesetz).

Der Nationalrat hat beschlossen:

ABSCHNITT I.

Allgemeine Schulpflicht.

A. Personenkreis, Beginn und Dauer.

§ 1. Personenkreis.

(1) Für alle Kinder, die sich in Österreich dauernd aufhalten, besteht allgemeine Schulpflicht nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Abschnittes.

(2) Unter Kindern im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Minderjährige zu verstehen, die nach Maßgabe dieses Abschnittes schulpflichtig oder zum Besuch einer allgemeinbildenden Pflichtschule berechtigt sind.

§ 2. Beginn der allgemeinen Schulpflicht.

Die allgemeine Schulpflicht beginnt mit dem auf die Vollendung des sechsten Lebensjahres folgenden 1. September.

§ 3. Dauer der allgemeinen Schulpflicht.

Die allgemeine Schulpflicht dauert neun Schuljahre.

B. Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht durch den Besuch von öffentlichen oder mit dem

Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schulen.

§ 4. Öffentliche und mit dem

Öffentlichkeitsrecht ausgestattete Schulen.

Unter den in den §§ 5 bis 10 genannten Schulen sind öffentliche oder mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestattete Schulen zu verstehen.

§ 5. Schulbesuch in den einzelnen Schuljahren.

(1) Die allgemeine Schulpflicht wird durch den Besuch von allgemeinbildenden Pflichtschulen der nachstehend angeführten Schularten erfüllt:

  1. in den ersten vier Schuljahren der allgemeinen Schulpflicht durch den Besuch einer Volksschule;

  2. im 5. bis 8. Schuljahr der allgemeinen Schulpflicht aa) durch den Besuch einer Volksschule oder bb) durch den Besuch einer Hauptschule;

  3. im 9. Schuljahr der allgemeinen Schulpflicht aa) durch den Besuch eines polytechnischen Lehrganges oder bb) durch den Weiterbesuch einer Volks-

    oder Hauptschule;

  4. in allen Schuljahren erforderlichenfalls durch den Besuch einer Sonderschule.

    (2) Schüler, die dem Pflichtsprengel einer Hauptschule angehören und den schulrechtlichen Aufnahmsbedingungen für diese Hauptschule genügen,

    können die allgemeine Schulpflicht im 5. bis 8. Schuljahr nicht durch den Besuch einer Volksschule erfüllen.

    (3) Ab dem 5. Schuljahr kann die allgemeine Schulpflicht auch durch den Besuch einer allgemeinbildenden höheren Schule, im 9. Schuljahr auch durch den Besuch einer berufsbildenden mittleren Schule (einschließlich der land- und forstwirtschaftlichen Fachschulen) oder einer berufsbildenden höheren Schule (einschließlich der höheren land- und forstwirtschaftlichen Lehranstalten)

    erfüllt werden.

    § 6. Aufnahme in die Volksschule zu Beginn der Schulpflicht.

    (1) Die schulpflichtig gewordenen Kinder sind von ihren Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten zur Schülereinschreibung bei jener Volksschule anzumelden, die sie besuchen sollen.

    Hiebei sind die Kinder nach Tunlichkeit persönlich vorzustellen.

    (2) Die Aufnahme der schulpflichtig gewordenen Kinder in die Volksschule hat in der Regel auf Grund der Schülereinschreibung für den Anfang des folgenden Schuljahres zu erfolgen.

    (3) Die Frist für die Schülereinschreibung, die spätestens einen Monat vor Beginn der Hauptferien zu enden hat, und die bei der Schülereinschreibung vorzulegenden Personalurkunden sind vom Landesschulrat nach den örtlichen Erfordernissen durch Verordnung festzusetzen.

    § 7. Vorzeitiger Besuch der Volksschule.

    (1) Kinder, die noch nicht schulpflichtig sind,

    sind auf Ansuchen ihrer Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten zum Anfang des Schuljahres in die Volksschule aufzunehmen, wenn sie bis zum Ende des laufenden Kalenderjahres das sechste Lebensjahr vollenden, schulreif sind und die Unterbringung in der Schule räumlich möglich ist.

    (2) Schulreif ist ein Kind, wenn begründete Aussicht besteht, daß es dem Unterricht in der Volksschule zu folgen vermag, ohne körperlich oder geistig überfordert zu werden.

    (3) Das Ansuchen der Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten ist innerhalb der Frist für die Schülereinschreibung (§ 6 Abs. 3) beim Leiter jener Volksschule, die das Kind besuchen soll,

    schriftlich einzubringen.

    (4) Der Schulleiter hat zur Feststellung der Schulreife vor der Aufnahme die persönliche Vorstellung des Kindes zu verlangen und dort, wo ein Schularzt bestellt ist, dessen Gutachten einzuholen,

    andernfalls die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten des Kindes zur Vorlage eines gemeindeärztlichen Gutachtens zu veranlassen.

    Wo für Volksschulen ein pädagogisch-

    psychologischer Dienst eingerichtet ist, kann der Landesschulrat durch Verordnung überdies die Einholung eines pädagogisch-psychologischen Gutachtens durch den Schulleiter vorsehen, soweit die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten des Kindes zustimmen oder dies verlangen; dieses Gutachten ist dem Schularzt (Gemeindearzt) zugänglich zu machen.

    (5) Über das Ansuchen um vorzeitige Aufnahme hat der Schulleiter ohne unnötigen Aufschub zu entscheiden. Von der Entscheidung hat er die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten unverzüglich

    — im Falle der Ablehnung unter Angabe der Gründe — schriftlich in Kenntnis zu setzen.

    (6) Hat der Schulleiter die vorzeitige Aufnahme abgelehnt, so wird diese Entscheidung nach Ablauf von zwei Wochen, nachdem die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten des Kindes hievon in Kenntnis gesetzt worden sind, wirksam,

    sofern diese nicht innerhalb der genannten Frist beim Bezirksschulrat ein Ansuchen um Entscheidung

    über die vorzeitige Aufnahme einbringen.

    Ein solches Ansuchen können die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten auch dann einbringen,

    wenn der Schulleiter über das bei ihm eingebrachte Ansuchen nicht innerhalb von vier Wochen entschieden hat, wobei die Frist von zwei Wochen mit Ablauf der vierwöchigen Frist zu laufen beginnt. Solange die Entscheidung des Schulleiters nicht wirksam ist oder keine gegenteilige Entscheidung des Bezirksschulrates vorliegt,

    darf das Kind die Schule besuchen.

    (:) Der Bezirksschulrat hat vor seiner Entscheidung ein amtsärztliches Gutachten einzuholen.

    Wo ein pädagogisch-psychologischer Dienst eingerichtet ist, kann der Landesschulrat durch Verordnung

    überdies die Einholung eines pädagogisch

    -psychologischen Gutachtens durch den Bezirksschulrat vorsehen, soweit die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten des Kindes zustimmen oder dies verlangen; dieses Gutachten ist dem Amtsarzt zugänglich zu machen. Gegen die Entscheidung des Bezirksschulrates ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

    (8) Stellt sich nach dem Schuleintritt eines vorzeitig aufgenommenen Kindes heraus, daß die Schulreife (Abs. 2) doch nicht gegeben ist, so ist die vorzeitige Aufnahme des Kindes zu widerrufen.

    Aus dem gleichen Grund können die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten das Kind vom Schulbesuch abmelden. Der Widerruf und die Abmeldung sind jedoch nur bis zum Ende des laufenden Kalenderjahres zulässig. Ein Widerruf der vorzeitigen Aufnahme ist vom Schulleiter, im Falle der Aufnahme durch den Bezirksschulrat

    (Abs. 7) jedoch von diesem auszusprechen. Die Bestimmungen der Abs. 5 zweiter Satz, 6 und 7 finden sinngemäß Anwendung.

    (9) Für vorzeitig aufgenommene Kinder gelten,

    solange die vorzeitige Aufnahme nicht widerrufen oder das Kind vom Schulbesuch abgemeldet wird (Abs. 8), die gleichen Bestimmungen wie für schulpflichtige Kinder.

    (10) Der vorzeitige Schulbesuch wird in die Dauer der allgemeinen Schulpflicht (§ 3) eingerechnet,

    wenn er nicht gemäß Abs. 8 eingestellt worden ist.

    § 8. Besuch einer Sonderschule.

    (1) Schulpflichtige Kinder, die infolge physischer oder psychischer Behinderung dem Unterricht in der Volks- oder Hauptschule nicht zu folgen vermögen, aber dennoch bildungsfähig sind, haben — unbeschadet der Bestimmungen der

    §§ 11 bis 13 — ihre allgemeine Schulpflicht in einer ihrer Eigenart und Bildungsfähigkeit entsprechenden Sonderschule oder einer Volks- oder Hauptschule angeschlossenen Sonderschulklasse zu erfüllen, soweit solche Schulen (Klassen) vorhanden sind und der Schulweg den Kindern zumutbar oder der Schulbesuch auf Grund der mit Zustimmung der Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten der Kinder erfolgten Unterbringung in einem der...

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