Bundesgesetz vom 19. Oktober 1988 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz 1988 ? KartG 1988)

Der Nationalrat hat beschlossen:

  1. ABSCHNITT Allgemeine Bestimmungen Wirtschaftliche Betrachtungsweise

    § 1. Für die Beurteilung eines Sachverhalts nach den Abschnitten II und V ist in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhalts maßgebend.

    Berechnung von Marktanteilen

    § 2. Bei der Anwendung dieses Bundesgesetzes sind Marktanteile nach den folgenden Grundsätzen zu berechnen:

    1. es ist auf eine bestimmte Ware oder Leistung

      (§ 3) abzustellen;

    2. Unternehmen, die in der im § 41 beschriebenen Form miteinander verbunden sind, gelten als ein einziges Unternehmen;

    3. bei der Berechnung von Anteilen auf dem inländischen Markt sind auch die inländischen Marktanteile ausländischer Unternehmer zu berücksichtigen.

      Bestimmte Ware oder Leistung

      § 3. Als bestimmte Ware (Leistung) im Sinn dieses Bundesgesetzes gelten alle Waren (Leistungen),

      die unter den gegebenen Marktverhältnissen der Deckung desselben Bedarfes dienen.

      Zuständigkeit der Länder

      § 4. Dieses Bundesgesetz ist in Angelegenheiten,

      die in Gesetzgebung oder Vollziehung Sache der Länder sind, nicht anzuwenden.

      Ausnahmen

      § 5. (1) Die Abschnitte II bis IV sind vorbehaltlich des § 7 nicht anzuwenden 1. auf die Forstwirtschaft,

    4. auf einen Sachverhalt, der auf Grund gesetzlicher Bestimmungen der Aufsicht des Bundesministers für Finanzen über Banken, Bausparkassen oder private Versicherungsunternehmungen oder des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr über Verkehrsunternehmen unterliegt; die Ausnahme gilt nicht für Prämienbeträge des Unternehmenstarifs in der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung,

    5. auf staatliche Monopolunternehmen, soweit sie in Ausübung der ihnen gesetzlich übertragenen Monopolbefugnisse tätig werden,

    6. auf Unternehmen, soweit sie dem Gesetz StGBl. Nr. 180/1920 unterliegen.

      (2) Der Abschnitt II ist vorbehaltlich des § 7

      nicht anzuwenden auf 1. Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften,

      soweit sie durch einen Kartellvertrag den Rahmen des Gesetzes über Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, RGBl. Nr. 70/

      1873, nicht überschreiten, und 2. Kartellverträge über die Bindung des Letztverkäufers im Buch-, Kunst-, Musikalien-,

      Zeitschriften- und Zeitungshandel an den vom Verleger festgesetzten Verkaufspreis.

      Räumlicher Anwendungsbereich

      § 6. (1) Dieses Bundesgesetz ist auch auf einen Sachverhalt nach den Abschnitten II bis IV, der im Ausland verwirklicht wird, anzuwenden, soweit er sich auf den inländischen Markt auswirkt.

      (2) Dieses Bundesgesetz ist vorbehaltlich des § 7

      nicht auf einen Sachverhalt anzuwenden, soweit er sich auf den ausländischen Markt auswirkt.

      Internationale Verträge

      § 7. (1) Die Ausnahmen nach den §§ 5 und 6

      Abs. 2 gelten nicht, soweit die Verwirklichung eines der in den Abschnitten II bis IV geregelten Tatbestandes geeignet ist, den Handelsverkehr zu beeinträchtigen,

      der unter einen der folgenden internationalen Verträge fällt:

    7. Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft,

    8. Abkommen zwischen der Republik Österreich einerseits und den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl und der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl andererseits,

    9. Übereinkommen zur Errichtung der Europäischen Freihandelsassoziation.

      (2) Soweit die danach anzuwendenden. Bestimmungen auf den inländischen Markt abstellen, sind sie gegebenenfalls auf den betroffenen ausländischen Markt sinngemäß anzuwenden.

      Verhältnis zu anderen Rechtsvorschriften

      § 8. Rechtsvorschriften, die Preise, Preisgrenzen oder Kalkulationsrichtlinien festsetzen oder zu ihrer Festsetzung ermächtigen, werden durch dieses Bundesgesetz nicht berührt.

  2. ABSCHNITT Kartelle Kartellarten

    § 9. Kartelle im Sinn dieses Bundesgesetzes sind Vereinbarungskartelle (§ 10), Verhaltenskartelle.

    (§ 11) und Empfehlungskartelle (§ 12).

    Vereinbarungskartelle

    § 10. (1) Vereinbarungskartelle sind Vereinbarungen zwischen wirtschaftlich selbständig bleibenden Unternehmern oder zwischen Verbänden von Unternehmern, wenn durch sie im gemeinsamen Interesse eine Beschränkung des Wettbewerbs, insbesondere bei der Erzeugung, dem Absatz, der Nachfrage oder den Preisen, bewirkt werden soll

    (Absichtskartelle) oder, ohne daß dies beabsichtigt ist, tatsächlich bewirkt wird (Wirkungskartelle).

    (2) Vereinbarungen im Sinn des Abs. 1 sind entweder Verträge (Vertragskartelle) oder Absprachen

    (Absprachekartelle). Ausgenommen sind Absprachen,

    deren Unverbindlichkeit ausdrücklich mitabgesprochen wird und zu deren Durchsetzung wirtschaftlicher oder gesellschaftlicher Druck weder ausgeübt werden soll noch ausgeübt wird.

    (3) Eine Beschränkung des Wettbewerbs bei den Preisen liegt auch dann vor, wenn Preise gegenseitig unmittelbar oder mittelbar mitgeteilt werden, es sei denn, daß sie seit mindestens einem Jahr überholt sind (Preismeldestelle).

    Verhaltenskartelle

    § 11. (1) Verhaltenskartelle sind aufeinander abgestimmte, also weder zufällige noch nur marktbedingte Verhaltensweisen von wirtschaftlich selbständig bleibenden Unternehmern oder von Verbänden von Unternehmern, wenn durch sie der Wettbewerb tatsächlich beschränkt wird.

    (2) Ausgenommen sind abgestimmte Verhaltensweisen,

    1. die auf einer Empfehlung (§ 12) oder einer unverbindlichen Verbandsempfehlung (§ 31)

      beruhen,

    2. die unter Mitwirkung einer gesetzlichen beruflichen Interessenvertretung im Rahmen ihres gesetzlichen Wirkungsbereichs zustande kommen,

    3. die infolge Beachtung gesetzlicher Bestimmungen zustande kommen oder 4. die nach übereinstimmender Mitteilung der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft,

      des Österreichischen Arbeiterkammertages,

      der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern

      Österreichs und des Österreichischen Gewerkschaftsbundes an die beteiligten Unternehmer volkswirtschaftlich gerechtfertigt (§ 23 Z 3) sind.

      Empfehlungskartelle

      § 12. (1) Empfehlungskartelle sind Empfehlungen zur Einhaltung bestimmter Preise, Preisgrenzen,

      Kalkulationsrichtlinien, Handelsspannen oder Rabatte, durch die eine Beschränkung des Wettbewerbs erreicht werden soll oder erreicht wird. Ausgenommen sind Empfehlungen, in denen ausdrücklich auf ihre Unverbindlichkeit hingewiesen wird und zu deren Durchsetzung wirtschaftlicher oder gesellschaftlicher Druck weder ausgeübt werden soll noch ausgeübt wird.

      (2) Als Empfehlungen im Sinn des Abs. 1 gelten auch mit Preisangaben versehene Ankündigungen von Waren oder Leistungen, die nicht vom Letztverkäufer

      (Erbringer der Leistung) stammen und dem Letztverbraucher bekannt werden.

      Preis- und Vertriebsbindungen

      § 13. (1) Kartelle (§§ 10 bis 12), die einen oder mehrere Angehörige einer, mehrerer oder aller nachfolgenden Wirtschaftsstufen an gleiche Preise für Waren oder Leistungen binden, sind Preisbindungen.

      (2) Kartelle (§§ 10 bis 12), die einen oder mehrere Angehörige einer, mehrerer oder aller nachfolgenden Wirtschaftsstufen anders als nach Abs. 1 im Vertrieb von Waren oder beim Erbringen von Leistungen beschränken, sind Vertriebsbindungen.

      Normen- und Typenkartelle

      § 14. Normen- und Typenkartelle bezwecken die einheitliche Anwendung von Normen oder Typen,

      insbesondere auch durch die Beschränkung auf das Herstellen oder Verwenden genormter oder typisierter Erzeugnisse.

      Rationalisierungskartelle

      § 15. Rationalisierungskartelle verfolgen Rationalisierungszwecke, und zwar durch das Regeln von Investitions-, Erzeugungs- oder Forschungsprogrammen oder von Vertriebsmaßnahmen.

      Bagatellkartelle

      § 16. Bagatellkartelle sind Kartelle, die im Zeitpunkt ihres Zustandekommens an der Versorgung 1. des gesamten inländischen Marktes einen Anteil von weniger als 5% und 2. eines allfälligen inländischen örtlichen Teilmarktes einen Anteil von weniger als 25%

      haben.

      Freistellung durch Verordnung

      § 17. (1.) Der Bundesminister für Justiz kann im Einvernehmen mit dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten nach Anhörung des Paritätischen Ausschusses (§ 112), insbesondere auf Vorschlag der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft oder des Österreichischen Arbeiterkammertages,

      durch Verordnung 1. feststellen, welche Formen zwischenbetrieblicher Zusammenarbeit oder mit Preisangaben versehener Ankündigungen von Waren oder Leistungen diesem Bundesgesetz nicht unterliegen,

      und 2. Gattungen von Kartellen von der Anwendung dieses Bundesgesetzes ausnehmen, soweit sie offensichtlich volkswirtschaftlich geboten sind.

      (2) Die Verordnungsermächtigung nach Abs. 1

      bezieht sich insbesondere auf Vereinbarungen, die nur 1. die gemeinsame Durchführung von Forschungs-

      und Entwicklungsvorhaben, die gemeinsame Vergabe von Forschungs- und Entwicklungsaufträgen und die Aufteilung von Forschungs- und Entwicklungsvorhaben zwischen den Beteiligten, sofern die Ergebnisse allen Beteiligten zugänglich sind und von allen Beteiligten ausgenützt werden dürfen,

    4. die Bildung und Benützung gemeinsamer Beförderungs-, Lade- und Lagereinrichtungen, gemeinsamer Ausstellungsräume und eines gemeinsamen Vertreterstabes,

    5. die gemeinsame Werbung von Unternehmern,

      die bei der Ware oder Leistung, für die geworben wird, zusammen einen Anteil am gesamten inländischen Markt von weniger als 5% haben,

    6. die gemeinsame Werbung anderer Unternehmer,

      sofern keine Preise angegeben werden,

    7. die gemeinsame Verwendung von Buchungs-

      und Rechnungsanlagen oder6. die Errichtung und Benützung gemeinsamerInformationssysteme (Datenbanken)zum Gegenstand haben.

      (3) Die Verordnungsermächtigung nach Abs. 1

      bezieht sich auch auf 1. Vertriebsbindungen nach § 13 Abs. 2, die die Angehörigen einer, mehrerer oder aller nachfolgenden Wirtschaftsstufen dadurch beschränken, daß sie nur zugelassene Wiederverkäufer beliefern dürfen, sofern jeder Bewerber als Wiederverkäufer zugelassen wird, der bestimmte fachliche Voraussetzungen erfüllt (Fachhandelsbindungen),

    8. mit Preisangaben versehene Ankündigungen...

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