Bundesgesetz vom 26. März 1969 über die Berufsausbildung von Lehrlingen (Berufsausbildungsgesetz)

Der Nationalrat hat beschlossen:

Der Lehrling

§ 1. Lehrlinge im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Personen, die auf Grund eines Lehrvertrages

(§ 12) zur Erlernung eines in der Lehrberufsliste

(§ 7) angeführten Lehrberufes bei einem Lehrherrn

(§ 2) fachlich ausgebildet und im Rahmen dieser Ausbildung verwendet (§ 9) werden.

Der Lehrherr

§ 2. (1) Lehrherren im Sinne dieses Bundesgesetzes sind nach Maßgabe der Abs. 2 bis 5

natürliche und juristische Personen sowie Personengesellschaften des Handelsrechtes, bei denen Lehrlinge (§ 1) auf Grund eines Lehrvertrages

(§ 12) zur Erlernung eines in der Lehrberufsliste

(§ 7) angeführten Lehrberufes fachlich ausgebildet und im Rahmen dieser Ausbildung verwendet

(§ 9) werden.

(2) Inhaber eines Gewerbes dürfen Lehrlinge in einem in der Lehrberufsliste angeführten Lehrberuf nur ausbilden, wenn a) sie nach den Bestimmungen der Gewerbeordnung zur Ausübung der Tätigkeit befugt sind, in der der Lehrling ausgebildet werden soll,

b) sie nicht nach den Bestimmungen des § 4

dieses Bundesgesetzes vom Recht zur Ausbildung von Lehrlingen ausgeschlossen sind,

c) sie, oder in den Fällen des § 3 der Ausbilder,

die erforderlichen Fachkenntnisse zur Ausbildung von Lehrlingen besitzen und d) die im Abs. 6 festgelegten Voraussetzungen gegeben sind.

(3) Inhaber handwerksmäßiger Gewerbe und solcher konzessionierter Gewerbe, zu deren Antritt ein Befähigungsnachweis erforderlich ist,

dürfen Lehrlinge in den ihrem Gewerbe entsprechenden Lehrberufen nur ausbilden, wenn sie bei handwerksmäßigen Gewerben die betreffende Meisterprüfung abgelegt, bei konzessionierten Gewerben den Befähigungsnachweis erbracht,

oder aber eine diesbezügliche Nachsicht erhalten haben, sofern diese Nachsicht nicht das Recht zur Ausbildung von Lehrlingen ausschließt.

(4) Die für den Inhaber eines Gewerbes geltenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes finden auf den Pächter eines Gewerbes und den gewerberechtlichen Stellvertreter (Geschäftsführer)

sinngemäß Anwendung.

(5) Das Ausbilden von Lehrlingen in einem in der Lehrberufsliste angeführten Lehrberuf ist ferner zulässig a) durch die Inhaber von Betrieben, die nicht den Bestimmungen der Gewerbeordnung unterliegen, deren Inhaber aber Mitglied einer Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft sind,

b) in von land- und forstwirtschaftlichen Erwerbs-

und Wirtschaftsgenossenschaften betriebenen Sägen, Harzverarbeitungsstätten,

Mühlen und Molkereien, sofern in diesen Betrieben dauernd eine größere Anzahl von Dienstnehmern beschäftigt wird, als gemäß

S 2 des Landarbeitsgesetzes, BGBl. Nr. 140/

1948, in der jeweils geltenden Fassung, bestimmt ist, auch wenn diese Genossenschaft nicht Mitglied einer Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft ist,

c) durch die Österreichischen Bundesbahnen,

die Post- und Telegraphenverwaltung und die Elektrizitätsversorgungsunternehmen,

d) durch die Inhaber von Betrieben, die der Herausgabe periodischer Druckschriften durch deren Herausgeber dienen, oder e) in Verwaltungsstellen der Gebietskörperschaften und von Instituten und Kliniken von Hochschulen,

wenn für die erforderliche Anzahl von Personen,

die die persönlichen Voraussetzungen für das Ausbilden von Lehrlingen besitzen (Abs. 2 lit. b und c) vorgesorgt ist und die Voraussetzungen des Abs. 6 gegeben sind.

(6) Die Ausbildung von Lehrlingen ist nur zulässig,

wenn der Betrieb oder die Werkstätte so eingerichtet ist und so geführt wird, daß den Lehrlingen die für die praktische Erlernung im betreffenden Lehrberuf nötigen Fertigkeiten und Kenntnisse vermittelt werden können.

Der Ausbilder

§ 3. (1) Der Lehrherr hat mit der Ausbildung von Lehrlingen andere Personen, die den Anforderungen des § 2 Abs. 2 lit. c entsprechen und nicht nach § 4 dieses Bundesgesetzes von der Ausbildung von Lehrlingen ausgeschlossen sind,

zu betrauen (Ausbilder), sofern es sich a) bei dem Lehrherrn um eine juristische Person

öder eine Personengesellschaft des Handelsrechtes,

b) um eine Unternehmung, deren Art oder Umfang eine fachliche Ausbildung des Lehrlings in dem betreffenden Lehrberuf unter Aufsicht des Lehrherrn nicht zuläßt, oder c) um einen Witwen- oder Deszendentenfortbetrieb handelt.

(2) Ein Lehrherr, der gemäß Abs. 1 nicht verpflichtet ist, einen Ausbilder mit der Ausbildung von Lehrlingen zu betrauen, ist dazu berechtigt;

dies gilt insbesondere, wenn es sich um eine durch Abs. 1 lit. b nicht erfaßte fabriksmäßig betriebene Unternehmung handelt, oder im Falle der Ausübung von Rechten, die dem Gewerbeinhaber im Rahmen seiner Gewerbeberechtigung zustehen, wie Instandsetzungs- und Vollendungsarbeiten.

(3) Ein gewerberechtlicher Stellvertreter (Geschäftsführer)

kann als Ausbilder herangezogen werden, wenn er den Anforderungen des Abs. 1

entspricht.

(4) Sofern in einer Unternehmung mehrere Ausbilder mit der Ausbildung von Lehrlingen betraut wurden, hat der Lehrherr eine Person mit der Koordination der gesamten Ausbildung zu betrauen, wenn es zur sachgemäßen Ausbildung der Lehrlinge erforderlich ist.

Verbot des Ausbildens von Lehrlingen

§ 4. (1) Lehrherren, die wegen eines Verbrechens oder wegen eines aus Gewinnsucht begangenen oder gegen die öffentliche Sittlichkeit verstoßenden Vergehens oder wegen einer solchen

Übertretung oder wegen der Finanzvergehen des Schmuggels, der Hinterziehung von Eingangs- oder Ausgangsabgaben oder der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs. 1 lit. a Finanzstrafgesetz,

BGBl. Nr. 129/1958, rechtskräftig verurteilt worden sind, ohne daß die Rechtsfolgen aufgeschoben worden sind, dürfen Lehrlinge weder aufnehmen noch die bereits aufgenommenen Lehrlinge behalten.

(2) Lehrherren, die wegen eines Verbrechens oder wegen eines im Abs. 1 angeführten Vergehens oder wegen einer solchen Übertretung in gerichtlicher Untersuchung stehen, dürfen Lehrlinge nicht aufnehmen.

(3) Die Bezirksverwaltungsbehörde hat auf Antrag des Lehrherrn oder des Lehrlings, für minderjährige Lehrlinge auf Antrag des gesetzlichen Vertreters, nach Anhörung der für den Lehrherrn zuständigen Fachgruppe (Fachvertretung,

Kammer der gewerblichen Wirtschaft —

Sektion Handel) und der Kammer für Arbeiter und Angestellte Ausnahmen von den Bestimmungen des Abs. 1 und 2 zu bewilligen, wenn kein Nachteil für die Lehrlinge zu befürchten ist.

(4) Die Bezirksverwaltungsbehörde hat einem Lehrherrn nach Anhörung der für ihn zuständigen Fachgruppe (Fachvertretung, Kammer der gewerblichen Wirtschaft — Sektion Handel) und der Kammer für Arbeiter und Angestellte die Ausbildung von Lehrlingen zu untersagen,

a) wenn der Lehrherr oder der Ausbilder wegen eines Verbrechens oder wegen eines im Abs. 1 angeführten Vergehens oder wegen einer solchen Übertretung in gerichtlicher Untersuchung steht, sofern durch diesen Umstand ein Nachteil für die Lehrlinge zu befürchten ist,

b) wenn der Ausbilder wegen eines Verbrechens oder wegen eines im Abs. 1 angeführten Vergehens oder wegen einer solchen

Übertretung rechtskräftig verurteilt worden ist, ohne daß die Rechtsfolgen aufgeschoben wurden,

c) wenn der Lehrherr oder der Ausbilder einer Sucht, insbesondere der Trunksucht,

verfallen ist,

d) wenn der Lehrherr oder der Ausbilder die Pflichten gegenüber seinem Lehrling gröblich verletzt, insbesondere wenn eine dieser Personen an dem nicht entsprechenden Ergebnis einer Lehrabschlußprüfung Schuld trägt oder wiederholt gemäß § 32. Abs. 1

bestraft wurde und dennoch diesen Pflichten nicht nachgekommen ist, oder e) wenn der Betrieb oder die Werkstätte nicht den Anforderungen des § 2 Abs. 6 entspricht.

(5) Die Ausbildung von Lehrlingen kann für immer oder auch, je nach der Art des Grundes,

aus dem die Nichteignung des Lehrherrn oder des Ausbilders anzunehmen ist, für eine angemessene Zeit untersagt werden. Ist eine gerichtliche Untersuchung der Grund der Maßnahme,

so ist auszusprechen, daß das Verbot mit der Einstellung des Strafverfahrens oder dem rechtskräftigen Freispruch endet. Ist die Nichteignung des Ausbilders (Abs. 4 lit. a bis d) oder des Betriebes oder der Werkstätte (Abs. 4 lit. e) der Grund der Maßnahme, so hat die Bezirksvcrwaltungsbehörde von dem Verbot abzusehen oder ein bereits erlassenes Verbot aufzuheben,

wenn ein geeigneter Ausbilder mit der Ausbildung betraut wurde oder der Lehrherr selbst die Ausbildung übernimmt, bzw. wenn der Betrieb oder die Werkstätte nunmehr den Anforderungen des § 2 Abs. 6 entspricht.

(6) Gegen die Entscheidung der Bezirksverwaltungsbehörde steht das Recht der Berufung an den Landeshauptmann zu, gegen dessen Entscheidung eine weitere Berufung nicht zulässig ist.

(7) Offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften dürfen nicht ihre persönlich haftenden Gesellschafter, Gesellschaften mit beschränkter Haftung ihre Gesellschafter und Geschäftsführer sowie Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften und Aktiengesellschaften ihre Vorstandsmitglieder als Lehrling ausbilden.

(8) Die Bezirksverwaltungsbehörden haben die Lehrlingsstellen und die örtlich zuständigen Kammern für Arbeiter und Angestellte von rechtskräftigen Bescheiden, mit denen die Ausbildung von Lehrlingen untersagt wird, zu verständigen.

(9) Die Gerichte haben die Bezirksverwaltungsbehörden,

die Arbeitsinspektorate und die Lehrlingsstellen von der Einleitung einer gerichtlichen Untersuchung gegen einen Lehrherrn wegen eines Verbrechens oder wegen eines im Abs. 1 angeführten Vergehens oder wegen einer solchen

Übertretung und von der Einleitung einer derartigen Untersuchung gegen einen Ausbilder die Bezirksverwaltungsbehörden und die Arbeitsinspektorate zu verständigen; weiters haben die Gerichte die Arbeitsinspektorate und die Lehrlingsstellen von der rechtskräftigen Verurteilung eines Lehrherrn wegen eines Verbrechens oder wegen eines im Abs. 1 angeführten Vergehens oder wegen einer solchen Übertretung sowie die Bezirksverwaltungsbehörden und die Arbeitsinspektorate von einer derartigen Verurteilung eines...

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