Übereinkommen über die Anerkennung von Qualifikationen im Hochschulbereich in der europäischen Region

Der Nationalrat hat beschlossen:

  1. Der Abschluß des nachstehenden Staatsvertrages wird genehmigt.

  2. Gemäß Artikel 49 Absatz 2 B-VG hat die Kundmachung der französischen, russischen und spanischen Sprachfassung dieses Staatsvertrages durch Auflage zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten zu erfolgen.

(Ãœbersetzung)

Lissabon, 11. April 1997

Die Vertragsparteien dieses Übereinkommens –

IN DEM BEWUSSTSEIN, daß das Recht auf Bildung ein Menschenrecht ist und daß die Hochschulbildung, die dem Streben nach Wissen und der Förderung des Wissens dient, sowohl für den einzelnen als auch für die Gesellschaft ein außergewöhnlich wertvolles kulturelles und wissenschaftliches Gut darstellt;

IN DER ERWÄGUNG, daß der Hochschulbildung eine wesentliche Rolle bei der Förderung des Friedens, des gegenseitigen Verständnisses und der Toleranz sowie bei der Schaffung gegenseitigen Vertrauens zwischen den Völkern und Nationen zukommen soll;

IN DER ERWÄGUNG, daß die große Vielfalt der Bildungssysteme in der europäischen Region deren kulturelle, gesellschaftliche, politische, philosophische, religiöse und wirtschaftliche Vielfalt widerspiegelt und ein außerordentliches Gut darstellt, das es in vollem Umfang zu achten gilt;

IN DEM WUNSCH, allen Menschen der Region die Möglichkeit zu geben, diese reiche Vielfalt voll zu nutzen, indem den Bewohnern jedes Staates und den Studenten der Bildungseinrichtungen jeder Vertragspartei der Zugang zu den Bildungsmitteln der anderen Vertragsparteien erleichtert wird,

insbesondere indem ihre Bemühungen erleichtert werden, ihre Bildung an Hochschuleinrichtungen dieser anderen Vertragsparteien fortzusetzen oder dort eine Studienzeit abzuschließen;

IN DER ERWÄGUNG, daß die Anerkennung von in einem anderen Staat der europäischen Region durchgeführten Studien und erworbenen Zeugnissen, Diplomen und Graden eine wichtige Maßnahme zur Förderung der akademischen Mobilität zwischen den Vertragsparteien darstellt;

DEM GRUNDSATZ der institutionellen Eigenständigkeit große Bedeutung beimessend und im Bewußtsein der Notwendigkeit, diesen Grundsatz hochzuhalten und zu schützen;

ÜBERZEUGT, daß eine gerechte Anerkennung von Qualifikationen einen wesentlichen Bestandteil des Rechtes auf Bildung und eine Aufgabe der Gesellschaft darstellt;

IM HINBLICK auf die Übereinkommen des Europarats und der UNESCO betreffend die akademische Anerkennung in Europa, nämlich

– die Europäische Konvention über die Gleichwertigkeit der Reifezeugnisse Kundgemacht in BGBl. Nr.   44/1957 (1953, ETS 15) und das Zusatzprotokoll Kundgemacht in BGBl. Nr. 327/1985 dazu (1964, ETS 49),

– das Europäische Übereinkommen über die Gleichwertigkeit der Studienzeit an den Universitäten Kundgemacht in BGBl. Nr. 231/1957 (1956, ETS 21),

– das Europäische Übereinkommen über die akademische Anerkennung von akademischen Graden und Hochschulzeugnissen Kundgemacht in BGBl. Nr. 143/1961 (1959, ETS 32),

– das Übereinkommen über die Anerkennung von Studien, Diplomen und Graden im Hochschulbereich in den Staaten der europäischen Region Kundgemacht in BGBl. Nr. 244/1986 (1979),

– das Europäische Übereinkommen über die allgemeine Gleichwertigkeit der Studienzeiten an Universitäten Kundgemacht in BGBl. Nr. 119/1992 (1990, ETS 138);

FERNER IM HINBLICK auf das Internationale Übereinkommen über die Anerkennung von Studien, Diplomen und Graden im Hochschulbereich in den an das Mittelmeer angrenzenden arabischen und europäischen Staaten (1976), das im Rahmen der UNESCO angenommen wurde und die akademische Anerkennung in Europa teilweise mit erfaßt;

EINGEDENK dessen, daß dieses Übereinkommen auch im Zusammenhang mit den UNESCO-

Übereinkommen und der Internationalen Empfehlung für andere Regionen der Welt sowie der Notwendigkeit eines verbesserten Informationsaustausches zwischen diesen Regionen betrachtet werden soll;

IM BEWUSSTSEIN der weitreichenden Veränderungen im Hochschulbereich in der europäischen Region seit Annahme dieser Übereinkünfte, die zu einer erheblich größeren Diversifizierung innerhalb der nationalen Hochschulsysteme und zwischen ihnen geführt haben, und der Notwendigkeit, die

Übereinkünfte und die Rechtspraxis anzupassen, um diesen Entwicklungen Rechnung zu tragen;

IM BEWUSSTSEIN der Notwendigkeit, gemeinsame Lösungen für die praktischen Anerkennungsprobleme in der europäischen Region zu finden;

IM BEWUSSTSEIN der Notwendigkeit, die gegenwärtige Anerkennungspraxis zu verbessern,

transparenter zu machen und besser an die gegenwärtige Lage im Bereich der Hochschulbildung in der europäischen Region anzupassen;

IM VERTRAUEN auf die positive Bedeutung eines Übereinkommens, das unter der gemeinsamen Schirmherrschaft des Europarats und der UNESCO ausgearbeitet und angenommen wird, um der weiteren Entwicklung der Anerkennungspraxis in der europäischen Region einen Rahmen zu geben;

IM BEWUSSTSEIN der Bedeutung, die der Schaffung dauerhafter Durchführungsmechanismen zur Umsetzung der Grundsätze und Bestimmungen dieses Übereinkommens zukommt –

sind wie folgt übereingekommen:

Abschnitt I Begriffsbestimmungen Artikel I Im Sinne dieses Übereinkommens haben die nachstehenden Ausdrücke folgende Bedeutung:

Zugang (zur Hochschulbildung)

Das Recht qualifizierter Kandidaten, sich für die Zulassung zur Hochschulbildung zu bewerben und in Betracht gezogen zu werden.

Zulassung (zu Hochschuleinrichtungen und -programmen)

Der Vorgang oder das System, qualifizierten Bewerbern zu gestatten, das Hochschulstudium an einer bestimmten Einrichtung und/oder in einem bestimmten Programm aufzunehmen.

Bewertung (von Einrichtungen und Programmen)

Der Vorgang zur Feststellung der Bildungsqualität einer Hochschuleinrichtung oder eines Hochschulprogramms.

Bewertung (der Qualifikationen von Einzelpersonen)

Die schriftliche Einstufung oder Beurteilung der ausländischen Qualifikationen von Einzelpersonen durch eine zuständige Stelle.

Zuständige Anerkennungsbehörde Eine Stelle, die den amtlichen Auftrag hat, bindende Entscheidungen über die Anerkennung ausländischer Qualifikationen zu treffen.

Hochschulbildung Alle Arten von Studienabschnitten oder Studiengängen, von Ausbildung oder forschungsbezogener Ausbildung auf postsekundarem Niveau, die von den einschlägigen Behörden einer Vertragspartei als zu ihrem Hochschulsystem gehörend anerkannt sind.

Hochschuleinrichtung Eine Einrichtung, die Hochschulbildung vermittelt und von der zuständigen Behörde einer Vertragspartei als zu ihrem Hochschulsystem gehörend anerkannt ist.

Hochschulprogramm Ein Studienabschnitt, der von der zuständigen Behörde einer Vertragspartei als zu ihrem Hochschulsystem gehörend anerkannt ist und mit dessen Abschluß der Student eine Hochschulqualifikation erlangt.

Studienzeit Jeder Bestandteil eines Hochschulprogramms, der beurteilt und für den ein Nachweis ausgestellt wurde und der, obwohl er allein kein vollständiges Studienprogramm darstellt, einen erheblichen Erwerb von Kenntnissen oder Fähigkeiten mit sich bringt.

Qualifikation A. Hochschulqualifikation Jeder von einer zuständigen Behörde ausgestellte Grad sowie jedes derartige Diplom oder andere Zeugnis, die den erfolgreichen Abschluß eines Hochschulprogramms bescheinigen.

  1. Qualifikation, die den Zugang zur Hochschulbildung ermöglicht Jedes von einer zuständigen Behörde ausgestellte Diplom oder andere Zeugnis, das den erfolgreichen Abschluß eines Bildungsprogramms bescheinigt und den Inhaber der Qualifikation berechtigt, hinsichtlich der Zulassung zur Hochschulbildung in Betracht gezogen zu werden (vgl. Bestimmung des Begriffs

    „Zugang“).

    Anerkennung Eine von einer zuständigen Behörde erteilte formale Bestätigung des Wertes einer ausländischen Bildungsqualifikation für den Zugang zu Bildungs- und/oder zur Erwerbstätigkeit.

    Voraussetzung A. Allgemeine Voraussetzungen In allen Fällen zu erfüllende Bedingungen für den Zugang zur Hochschulbildung oder zu einer bestimmten Stufe der Hochschulbildung oder für die Zuerkennung einer Hochschulqualifikation einer bestimmten Stufe.

  2. Besondere Voraussetzungen Bedingungen, die zusätzlich zu allgemeinen Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um die Zulassung zu einem bestimmten Hochschulprogramm oder die Zuerkennung einer besonderen Hochschulqualifikation in einer bestimmten Studienrichtung zu erwirken.

    Abschnitt II Zuständigkeit staatlicher Behörden Artikel II.1

    (1) Soweit zentralstaatliche Behörden dafür zuständig sind, Entscheidungen in Anerkennungsfällen zu treffen, sind die Vertragsparteien durch dieses Übereinkommen unmittelbar gebunden und ergreifen die notwendigen Maßnahmen, um die Durchführung des Übereinkommens in ihrem Hoheitsgebiet zu gewährleisten.

    Soweit die Zuständigkeit für Entscheidungen in Anerkennungsangelegenheiten den Gliedstaaten einer Vertragspartei obliegt, stellt die Vertragspartei einem der Verwahrer bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung seiner Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde oder jederzeit danach eine kurze Darstellung seiner verfassungsrechtlichen Lage oder Gliederung zur Verfügung. In solchen Fällen treffen die zuständigen Behörden der Gliedstaaten derartiger Vertragsparteien die notwendigen Maßnahmen, um die Durchführung dieses Übereinkommens in ihrem Hoheitsgebiet zu gewährleisten.

    (2) Soweit die Zuständigkeit für Entscheidungen in Anerkennungsangelegenheiten einzelnen Hochschuleinrichtungen obliegt, übermittelt jede Vertragspartei entsprechend ihrer verfassungsrechtlichen Lage oder Gliederung diesen Einrichtungen oder Stellen den Wortlaut dieses Übereinkommens und unternimmt alle möglichen Schritte, um zu erreichen, daß seine Bestimmungen wohlwollend geprüft und zur Anwendung gebracht werden.

    (3) Die Absätze 1 und 2 gelten sinngemäß für die Verpflichtungen...

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