Rechtssätze nº B1830/99 ua. VfGH. 27-02-2003

Date27 Febrero 2003
27.02.2003
www.ris.bka.gv.at Seite 1 von 2
Gericht
Verfassungsgerichtshof
Entscheidungsdatum
27.02.2003
Geschäftszahl
B1830/99 ua
Sammlungsnummer
16807
Leitsatz
Keine Verletz ung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Bestellung von Rec htsanwälten zu
mittlerweiligen Stellvertretern eines Rechtsanwaltes für die Dauer des gegen diesen eingeleiteten
Disziplinarverfahrens sowie durch die als Bescheid zu wertende Feststellun g der Aufrechter haltung der
Bestellung auch na ch Abschluß des Disziplinarverfahrens und Streichung des vertretenen Anwaltes von der
Anwaltsliste; keine Zwangsarbeit im Sinne der Menschenrechtskonvention, keine Verletzung des
Gleichheitssatzes und de s Eigentumsrechtes; ausreichende Bestimmtheit der maßgebenden Rechtslage i m Sinne
des Legalitätsprinzips
Rechtssatz
Bescheidcharakter der Bestellung eines Rechtsanwaltes zum mittlerweiligen Stellvertreter sowie der Feststellung
der Aufrechterhaltung der mittlerweiligen Stellvertretung nach Abschluß des Disziplinarverfahrens und bereits
erfolgter Streichung des vertretenen Anwalts von der Liste der Rechtsanwälte.
Ein Beschluß des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer, mit dem einem Rechtsanwalt ein mittlerw eiliger
Stellvertreter bestellt wird, ist als Besche id zu qualifizieren (s insbesondere VfSlg 10163/1984; vgl überdies
VfSlg 11831/1988, 15149/1998).
Dieser Akt greift nicht n ur in die Rechtssphäre des vertretenen Rechtsanwaltes ein (wie dies in der zitierten
Vorjudikatur schon beja ht worden ist), er begründet mit der Berufung in die Funktion eines mittlerweiligen
Stellvertreters auch für diesen zahlreiche Pf lichten (s §§59 ff RL-BA 1977), deren Verletzung zumindest
standesrechtlich geahndet werden kann.
Auch das zu B2175/00 bekämpfte Schreiben des Ausschusses de r Rechtsanwaltskammer Wien, mit dem die
Beschwerdeführer in Kenntnis gesetzt w erden, daß ihre Bestellung zu mittlerweiligen Stellvertretern aufrecht
bleibe, ist als Bescheid iSd A rt144 Abs1 B-VG zu werten: Auf Grund des Umstands, daß Dr V einen Verzicht
abgegeben hat, haben sich nämlich dad urch die Pflichten der Beschwerdeführer als mittlerweilige Stellvertreter
geändert (vgl §61 gegenüber §60 RL-BA 1977); insofern kommt auch diesem Schreiben rechtsgestaltende
Wirkung zu.
Keine Verletzung des Verbotes der Zwangsarbeit in Art4 Abs2 EMRK durch die Regelung über die
mittlerweilige Stellvertretung eines Rechtsanwaltes.
Im Hinblick dara uf, daß dem Berufsstand der Rechtsanwälte die beruflic he Tätigkeit der Parteienvertretung vor
Gericht im wesentlichen vorbehalten ist und der Berufsstand seine inneren Angelegenheiten im Rahmen der
Selbstverwaltung mit eigenen Kräften und Mitteln bl oß unter staatlicher Aufsicht besorgt, kann nach Meinung
des Verfassungsgerichtshofes nicht zweifelhaft sein, daß in Fällen, in denen einem Rechtsanwalt die weitere
Führung seiner Kanzlei aus welchen Gründen immer nicht mehr möglich ist, nur ein Rechtsanwalt die dadurch
entstehende Lücke zur Wahrung der Interessen der Klienten, aber auch der Interess en an einer geordneten
Rechtspflege, schließen kann. Freilich rechtfertigt es die in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht gegebene

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