Rechtssätze nº B330/71 B339/71 B340/71.... VfGH. 21-06-1972

ECLIECLI:AT:VFGH:1972:B330.1972
Date21 Junio 1972
21.06.1972
www.ris.bka.gv.at Seite 1 von 2
Gericht
Verfassungsgerichtshof
Entscheidungsdatum
21.06.1972
Geschäftszahl
B330/71; B339/71; B340/71; B341/71; B342/71
Sammlungsnummer
6755
Rechtssatz
Keine Bedenken gegen das Wiener Dienstgeberabgabegesetz LGBl. 17/1970 (DAG) aus dem
Gesichtspunkt der Zweckwidmung des Abgabenertrages gegen die Regelung der Abgabe. Es ist
verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn der Gesetzgeber anläßlich der Regelung einer Abgabe deren
Widmung in das Gesetz aufnimmt; weder das F-VG 1948 noch eine andere verfassungsgesetzliche
Bestimmung verbieten eine solche Vorgangsweise (Slg. 3742/1960) . Durch die Zweckwidmung wird
aber am rechtlichen Charakter einer Abgabe nichts geändert (Slg. 3159/1957) . Dies gi lt auch für den Fall
einer Widmung für nicht hoheitliche Aufgaben, denn der öst erreichischen Finanzverfassung ist ein Gebot,
Abgaben nur für die Bestreitung von Aufgaben hoheitlicher Art einzuheben, fremd (Slg. 3033/1956,
3919/1961) . Da eine Abgabe von der Art einer Steuer nicht ein Entgelt für Vo rteile, die der
Abgabenberechtigte dem Abgabenpflichtigen gewährt, darstellt, und umgekehrt der Abgabenleistung
nicht eine wirtschaftliche Gegenleistung des Abgabenberechtigten entsprechen muß (Slg. 4058/1961) ,
ist aus dem Umstand, daß die unter Verwendung des Ertrages der Dienstgeberabgabe zu errichtende
Untergrundbahn nicht nur den Dienstgebern, sondern auch den Dienstnehmern zum Vorteil gereichen
wird, für die Sachlichkeit der Abgrenzung des Kreises der Abgabepflichtigen nichts zu gewinnen.
Besteuerungsgegenstand der Dienstgeberabgabe sind nicht die Vorteile, die sich aus d er unter
Verwendung ihres Ertrages zu errichtenden Untergrundbahn ergeben, sondern Besteuerungsgegenstand
ist das Bestehen eines Dienstverhältnisses. Insofern unterscheidet sich die Rechtslage nach dem DAG
grundlegend von der Rechtslage, wie sie beispielsweise bei den Fremdenverkehrsabgaben gegeben ist, die
den vom Gesetzgeber angenommenen speziellen Fremdenverkehrsnutze n als Besteuerungsgegenstand
haben (vgl. Slg. 5995/1969 und die dort angeführte Vorjudikatur) . Was das DAG unter dem Bestehen
eines Dienstverhältnisses in Wien (§ 1) versteht, wird in der Folge (§ 2) durch Legaldefinitionen
klargestellt. Werden diese Bestimmungen auf eine Formel gebracht, so ergibt sich: Der Dienstgeber hat
dafür eine Abgabe zu entrichten, d aß ihm ein Dienstnehmer, dessen Beschäftigungsort in Wien liegt,
seine Arbeitskraft schuldet. Dieses Schulden d er Arbeitskraft des Dienstnehmers gegen über dem
Dienstgeber ist Gegenstand der Abgabe des Dienstgebers. Der Landesgesetzgeber ist im Rahmen seiner
Zuständigkeit grundsätzlich frei, den Gegenstand einer Abgabe zu bestimmen. Er ist aber insoweit
verfassungsgesetzlich gebunden, als er die Grenzen des {Finanz -Verfassungsgesetz 1948 § 8, § 8 F-VG
1948} zu beachten hat und er auch dem Gleichheitsgebo t dadurch entsprechen muß, daß d ie Regelung in
sich, insbesondere die Abgrenzung des Abgabegegenstandes, nicht unsachlich sein d arf. Die Art der
Regelung ist daher einer Prüfung am Gleichheitssatz zugänglich (Slg. 5513 /1967, 5577/1967, 5692/1968,
6030/1969) . Grundsätzlich steht es dem Gese tzgeber auch frei, nur bestimmte Gruppen der Bevölkerung
mit einer Abgabepflicht zu belasten; er handelt damit im Rahmen rechtspolitisc her Erwägungen.
Der Gesetzgeber ist dabei nur gehalten, die Abgrenzung des Kreises der Abgabepflichtigen so
vorzunehmen, daß darin nicht eine sachfremde Differenzierung liegt (vgl. Slg. 1411/1931, 4058/1961,
4265/1962, 4392/1963, 5577/1967, 5995/1969) . Wenn nun der Gesetzgeber ein Schulden der
Arbeitskraft des in Wien beschäftigten Dienstnehmers gegenüber dem Dienstgeber einer Abgabe
unterzieht, ist dies eine Maßnahme der Rechtspolitik, die - außer im Falle eines Exzesses - nicht am

Um weiterzulesen

FORDERN SIE IHR PROBEABO AN

VLEX uses login cookies to provide you with a better browsing experience. If you click on 'Accept' or continue browsing this site we consider that you accept our cookie policy. ACCEPT