Rechtssätze nº B559/08. VfGH. 02-07-2009

Date02 Julio 2009
02.07.2009
www.ris.bka.gv.at Seite 1 von 2
Gericht
Verfassungsgerichtshof
Entscheidungsdatum
02.07.2009
Geschäftszahl
B559/08
Sammlungsnummer
18833
Leitsatz
Keine unzulässige Doppelverfolgung wegen derselben strafbaren Handlung und somit keine Verle tzung des
Doppelbestrafungsverbotes durch Verhängung einer Verwaltungsstrafe wegen Lenkens eines Fahrzeuges in
alkoholisiertem Zustand nach Einstellung des gerichtlichen Strafverfahrens wegen fahrlässiger Körperverletzung
angesichts der Verfolgung verschiedener, sich in ihren wesentlichen Elementen unterscheidender
Straftatbestände
Rechtssatz
Ausführliche Auseinandersetzung mit der Judikatur des E GMR zu Art4 des 7. ZPEMRK, insbesondere auch Fall
Zolotukhin vo m 10.02. 09 und Fall Oliveira vom 30.07 .98. Abstellen auf Frage des Vorliegens identer
Straftatbestände und nicht des tatsächlichen Verhaltens bei Auslegung des Begriffes "derselben strafbaren
Handlung" sowie des Vorliegens "derselben wesentlichen Elemente" ("same-essential-elements"-Doktrin, siehe
EGMR 19.10.06, Fall Asci); "(criminal) offence" in der EMRK al s Ausgangspunkt und nicht "acts" bzw
"causes" wie in anderen internationalen Übereinkommen; engere, auf die rechtliche Qualifikation der Tat Bezug
nehmende Deutung.
Grundsätzliche Vereinbarkeit des bestehenden Systems des Nebeneinander von Strafrecht und
Verwaltungsstrafrecht in Österreich mit der EMRK; kein vollständiger Umbau der österreichischen
Staatsorganisation erforderlich.
Ziel der Wahl einer "har monisierten" Auslegung des Art4 7. ZPEMRK durch den EGMR war die Beseitigung
von Rechtsunsicherheit in Übereinstimmung mit dem P rinzip der Effektivität. Eindeutige Erkennbarkeit ei ner
allfälligen Mehrfachverfolgung iSd Art18 B-VG und des Art7 EMRK geboten.
Wenn durch ein dem Bestimmtheitsgebot entsprechendes Gesetz, wie zB durch Vorschriften über das
Kumulationsprinzip, und durch eine hiezu ergangene Rechtsprechung klargestellt ist, dass und inwieweit ei ne
Verfolgung wegen unterschiedlicher strafbarer Handlungen bezogen auf denselben Sachverhalt stattfinden darf,
ist zu prüfen, ob sich die in Betracht kommenden Straftatbestände i n ihren wesentlichen Elementen
unterscheiden.
Im österreichischen Verfassungsrecht Grundsatz der Trennung von Justiz und Verwaltung; Ko ordination von
Verwaltungsstrafverfahren und gerichtliche m Strafverfahren in ei nem Verfahren bei e intätigem
Zusammentreffen einer Verwaltungsübertretung und einer gerichtlich strafbaren Handlu ng nicht erlaubt.
Im vorliegenden Fall zweite Verfolgung und Bestrafung in Entsprechung des §22 und §30 VStG; Vorliegen
ausreichender Judikatur von VfGH und VwGH zur Konkurrenz von gerichtlich strafbaren Handlungen einerse its
und von Verwaltungsübertretungen nach der StVO andererseits, aus denen sic h ergab, dass auch nach der
strafgerichtlichen Verfolgung wegen fahrlässiger Körperverletzung durch Lenken eines Kraftfahrzeuges unter
bestimmten Voraussetzungen eine Verfolgung sowohl nach dem StGB wegen der Körperverletzung als auch
nach der StVO wegen Verstoßes gegen §5 Abs1 StVO iVm den jeweils einschlägigen Strafbestimmungen zu
erfolgen hat.

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