Rechtssätze nº B742/06. VfGH. 04-10-2006

Date04 Octubre 2006
04.10.2006
www.ris.bka.gv.at Seite 1 von 2
Gericht
Verfassungsgerichtshof
Entscheidungsdatum
04.10.2006
Geschäftszahl
B742/06
Sammlungsnummer
17948
Leitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Versagung der Rückgängigmachung einer
Strafregistereintragung betreffend die Verurteil ung wegen gleichgeschlechtlicher U nzucht mit Personen unter 18
Jahren gemäß einer mittlerweile aufgehobenen Bestimmung des StGB; Entfernung einer noch nicht tilgbaren
Eintragung im Stra fregister von der Anordnung eines Gerichtes abhängig; Verwaltungsbehörde im Sinn des
Grundsatzes der Trennung v on Justiz und Verwaltung zur materiellen Ü berprüfung oder Korrektur (auch
unrichtiger) gerichtlic her Entscheidungen nic ht ermächtigt; keine Verletzung des Beschwerdeführers im Recht
auf Achtung des Privatlebens, im Recht auf Löschung unzulässigerweise verarbeitete r personenbezogener Daten
und im Gleichheitsrecht
Rechtssatz
Die Kenntnis der (grundsätzlich geheimen, nur einem eingeschränkten Personenkreis zugänglichen)
gespeicherten Daten über strafgerichtliche Verurteilungen (bzw die Bescheinigung, dass eine bestimmte Person
keine Vorstrafen aufweist) ist für im Gesetz vorgesehene Zwecke (etwa in Bezug auf konkrete
Strafzumessungserwägungen bei [Folge]Verurteilungen oder als fakultativ anzuwendende
Strafbemessungsvorschrift nach §39 StGB) sowie auch unter dem rec htspolitischen Aspekt von
Rückfallsstatistiken für die Allgemeinheit von nachhaltiger Bedeutung; am öffentlichen Interesse an der Führung
eines Strafregisters kann daher kein Zweifel bestehen.
Das in §8 StrafregisterG geregelte Rechtsschutzverfahren ermöglicht die Überprüfung der Zulässigkeit,
Richtigkeit und Vollständigkeit einer Registereintragung zum Zeitpunkt der Antragstellung durch das
Bundesministerium für Inneres. Die Beurteilung der Unbedenklichkeit des Daten bestandes ist jedoch auf die
Frage des Vorliegens eines allfälligen, (primär) im Bereich der Strafregisterbehörde unterlaufenen Fehlers der
Eintragung - etwa zufolge unterbliebener oder unvollständiger Erfassung einer gerichtlichen Mitteilung oder
zufolge eingetretener Tilgung beschränkt; hingegen bietet das Gesetz keine Möglichke it, im Rahmen eines
solchen Feststellungsverfahrens die Überprüfung der mater iellen Richtigkeit eines Strafurteils oder einer darauf
bezogenen Gerichtsentscheidung herbeizuführen und d ie allfällige Löschung der Speicherung einer (nicht
getilgten) Verurteilung ohne gerichtliche Anordnung zu erwirken.
Der nachträgliche Wegfall eines für die Verurteilung maßgeblich gewesenen (auch verfassungs- und
konventionswidrigen) Straftatbestandes ohne Vorliegen einer darauf bezogenen Gerichtsentscheidung (oder
einer entsprechenden Entschließung des Bundespräsidenten) kann e benso wenig einen von der
Verwaltungsbehörde aufzugreife nden Löschungsgrund darstellen wie eine vom EGM R festgestellte
Konventionsverletzung.
Dass der Gesetzgeber die Entfernung einer (noch nicht tilgbaren) Eintra gung im Strafregister von der Anordnung
eines Gerichtes abhängig macht und die Behörde in keinem Fall ermächtigt, von sich aus eine gerichtliche
Verurteilung zu löschen, ist mit Blick auf den Grundsatz der Trennung von Justiz und Verwaltung (Art94 B-VG;
vgl zB VfSlg 9590/ 1982 und 17083/2003) verfassungsrechtlich unerlässlich. Die materielle Überprüfung oder
Korrektur (auch unrichtiger oder unvollständiger) gerichtlicher Entscheidungen bleibt der Verwaltungsbehörde -
als mit dem Grundsatz der Trennung von Justiz und Verwaltung unvereinbar - mithin verw ehrt.

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