Rechtssätze nº E3003/2020. VfGH. 10-03-2021

ECLIECLI:AT:VFGH:2021:E3003.2020
Date10 Marzo 2021
10.03.2021
www.ris.bka.gv.at Seite 1 von 1
Gericht
Verfassungsgerichtshof
Entscheidungsdatum
10.03.2021
Geschäftszahl
E3003/2020
Leitsatz
Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Nichtzuerkennung des
Status eines subsidiär Schutzberechtigten betreffend einen Staatsangehörigen vo n Afghanistan;
mangelhafte Auseinandersetzung mit aktuellen Länderberichten des EASO zu Personen, die lange Zeit
außerhalb Afghanistans gelebt haben
Rechtssatz
Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Nichtzuerkennung des
Status eines subsidiär Schutzberechtigten betreffend einen Staatsangehörigen vo n Afghanistan;
mangelhafte Auseinandersetzung mit aktuellen Länderberichten des EASO zu Personen , die lange Zeit
außerhalb Afghanistans gelebt haben
Nach der maßgeblichen Berichtslage (EASO und UNHCR) müssen nämlich zu den vom
Bundesverwaltungsgericht (BVwG) festgestellten Umständen (wie sie für allei nstehende, gesunde
Männer im erwerbsfähigen Alter, die in Afghanistan aufgewachsen sind oder längere Zeit dort gelebt
haben, eine innerstaatliche Fluchtalternative unter anderem in Mazar-e Sharif oder Herat zumutbar
erscheinen lassen) für Rückkehrer wie den Besch werdeführer, der seit dem frühen Kindesalter außerhalb
Afghanistans gelebt hat, qualifizierte Umstände, insbesondere im Hinblick auf Unterstützungsnetzwerk,
Ortskenntnis der betroffenen Person sowie Bildu ngs- und Berufserfahrung einschließlich
Selbsterhaltungsfähigkeit außerhalb Afghanistans, hinzutreten, um von einer im Hinblick auf Art2 und 3
EMRK zumutbar en Rück kehrsituation a usgehen zu können . Rückkehrer, die nie, nur im Kleinkindalter
oder nur sehr kurze Zeit in Afghanistan gelebt haben, stehen nämlich gegenüber solchen, die in
Afghanistan aufgewachsen sind, bei der Sicherung ihrer grundlegenden existenziellen Bedürfnisse vor
besonderen Herausforderungen, mit denen sich die Behörde und das Bundesverwaltungsgericht
auseinanderzusetzen haben.
Solche qualifizierte Umstände liegen im Hinblick auf den Beschwerdeführer, der weder über ein
Unterstützungsnetzwerk in Afghanistan noch über eine besondere Ausbildung oder eine entsprechende
Berufserfahrung verfügt, die seine Selbsterhaltungsfähigkeit nahelegen, aber nach den Feststellungen u nd
Ausführungen im angefochtenen Erkenntnis nicht vor. Das BVwG geht vielmehr von einem
Personenprofil des Beschwerdeführers aus, das sich auf allei nstehende, gesunde Männer im
erwerbsfähigen Alter bezieht, die in Afghanistan aufgewachsen sind, und lässt dieses auch für die
maßgebliche Situation des Beschwerdeführers, der allerdings seit seinem fünften Lebensjahr in Pakistan
gelebt hat, ausreichen. Damit verkennt es aber die spezifische Situation, wie sie sich für den
Beschwerdeführer als Rückkehrer nach Afg hanistan in den für ihn unbekannten Gebieten Kabul, Mazar-e
Sharif oder Herat ergibt, in qualifizierter Weise.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:VFGH:2021:E3003.2020

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