Rechtssätze nº G124/02. VfGH. 07-10-2002

Date07 Octubre 2002
07.10.2002
www.ris.bka.gv.at Seite 1 von 1
Gericht
Verfassungsgerichtshof
Entscheidungsdatum
07.10.2002
Geschäftszahl
G124/02
Sammlungsnummer
16663
Leitsatz
Aufhebung einer Bestimmung des GSVG über die beschränkte Widerlegbarkeit der gesetzlichen Vermutung der
Kindererziehung durch die weibliche Versicherte bei Berüc ksichtigung von Kindererziehungszeiten als
Ersatzzeiten in der Pensionsversicherun g wegen Widerspruchs zum Anspruch auf rechtliches Gehör iSd EMRK;
Feststellung von Versicherungszeiten als wesentliche Grundla ge eines Pensionsanspruches als civil right
einzustufen
Rechtssatz
Zulässigkeit des Antrags des OGH auf Aufhebung des §116a Abs7 GSVG.
Die Berücksichtigung der Kindererziehungszeiten als Ersatzzeiten in der gesetzlichen Pensionsversicherung
wurde dem Kläger - wie in §116a Abs7 GSVG a usdrücklich bestimmt - allein aus dem Grund versagt, we il
bereits die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten seiner geschiedenen Ehegattin diese Zeiten
bescheidmäßig angerechnet hatte.
Die Feststellung von Versicherungszeiten als wesentliche Grundlage eines künftigen Pensionsanspruchs betrifft
"zivilrechtliche Ansprüche" iS des Art6 Abs1 EMRK.
§116a Abs7 GSVG idF der 20. Novelle, BGBl 21/1994, wird als verfassungswidrig auf gehoben.
Hat während des Zeitraums der Kindererziehung bei beiden Elternteilen eine Pflichtversicherung in der
gesetzlichen Pensionsversicherung bestanden, so ist daran die - vom männlichen Versicherten widerlegbare -
gesetzliche Vermutung geknüpft, daß der weibliche Versicherte das Kind tatsächlich und überwiegend erzogen
habe (§116a Abs6 GSVG). Diese Ver mutung kann - vom männlichen Versicherten - nur bis spätestens zu dem
Zeitpunkt widerlegt werden, zu dem der Pensionsantrag eines der beiden Elternteile bescheidmäßig erledigt ist
(§116a Abs7 GSVG).
Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist in einer mit Art6 Abs1 EMRK nicht vereinbaren Weise bereits dann
beschränkt, wenn der Betroffene an das Ergebnis eines anderen Verfahrens gebunden ist, zu dem er aus
rechtlichen oder tatsächlichen Gründen keinen Zugang hatte. Zwar dürfte es nicht ausgeschlossen sein, die
Sozialversicherungsgesetze (§227a Abs7 ASVG, §116a Abs7 GSVG, §107a Abs7 BSVG) dahin
verfassungskonform auszulegen, daß jene Person, die das Ergebnis eines Verfahrens, in dem
Kindererziehungszeiten zugunsten einer anderen Person festgestellt werden, gegen sich gelte n lasse n muß,
diesem Verfahren als Auskunftsperson beizuziehen ist. Für die Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen
Bestimmung ist daraus a ber schon deshalb nichts zu gewinnen, weil der Gesetzgeber es unterla ssen hat, in einer
dem Rechtsstaatsprinzip entsprechenden Weise vorzukehren, daß Personen, die vom Ergebnis eines anderen
Verfahrens in unmittelbarer Weise betroffen sein kön nen, zumindest über die Anhängigkeit eines solchen
Verfahrens in Kenntnis gesetzt werden.

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