Rechtssätze nº G154/93 G171/94. VfGH. 10-10-1995

Date10 Octubre 1995
10.10.1995
www.ris.bka.gv.at Seite 1 von 3
Gericht
Verfassungsgerichtshof
Entscheidungsdatum
10.10.1995
Geschäftszahl
G154/93,G171/94
Sammlungsnummer
14301
Leitsatz
Zulässigkeit der Anträge auf Aufhebung der Regelung der Zuerkennung des S orgerechts für das eheliche Kind
an einen Elternteil allein nac h Auflösung der Ehe im Kindschaftsrecht; keine Rechtskraft der Vorentscheidung
aufgrund neuer Bedenken und Änderung der Rechtslage;
Abweisung der Anträge; kein Abgehen von Vorjudikatur; sachliche Rechtfertigung der angefochtenen
Bestimmung durch Bedachtnahme auf das Kindeswohl und Verhältnismäßigkeit des Ein griffs;
einvernehmliches Vorgehen der Eltern nicht verhindert oder erschwert;
keine Verletzung des Grundsatzes der Gleichheit (der Rechte und Pflichten) von Mann und Frau in den
familienrechtlichen Beziehungen
Rechtssatz
Zulässigkeit der Anträge auf Aufhebung des Wortes "allein" in §177 Abs1 ABGB.
In dem mit dem Erkenntnis VfSlg 12103/1989 abgeschlossenen Gesetzesprüfungsverfahren hatte der
Verfassungsgerichtshof ausschließlich zu prüfen, ob §177 Abs1 ABGB aus den vom Obersten Gerichtshof
geltend gemachten Gründen wegen Widerspruches zu Art8 EMRK mit Verfassungswidrigkeit belastet ist. Die
Rechtskraft dieses Erkenntnisses steht der Fällung einer Sachentscheid ung über den Antrag des Lande sgerichtes
Salzburg im Umfang seiner Zulässigkeit auch insoweit nicht entgegen, als darin verfassungsrechtliche Bedenken
aus der Sicht des Art8 E MRK vorgetragen werden. Dies ist schon mit Rücksicht darauf der Fall, daß §177
ABGB nach der Fällung des Erkenntnisses novelliert wurde (durch ArtI Z20 KindRÄG). Die Rechtskraft des in
einem V erfahren nach Art140 B-VG gefällten Erkenntnisses setzt nämlich (nicht nur Identität der Bedenken,
sondern auch) Identität der Norm voraus (vgl etwa VfSlg 11646/1988).
Abweisung der Anträge auf Aufhebung des Wortes "allein" in §177 Abs1 ABGB idF Kind RÄG.
Kein Abgehen von der Vorjudikatur (VfSlg 12103/1989) trotz Änderung der Rechtsla ge durch das KindRÄG.
§177 Abs1 ABGB, der für den Fall der Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe sowie für den Fall
der nicht bloß vorübergehenden Trennung der Eltern ei nes minderjährigen ehelichen Kindes die Möglichkeit
gibt, das Sorgerecht (seit dem Inkrafttreten des KindRÄG: die "Obsorge") für das Kind durch eine (der
gerichtlichen Genehmigung bedürfenden) Vereinbarung zu regeln, schließt es aus, in einer derartigen
Vereinbarung vorzusehen, daß die aus den familienrechtlic hen Beziehungen zwischen Eltern und minderjährigen
Kindern erfließenden rein persönlichen Rechte und Pflichten beiden Elternteilen zukomme n.
Keine Änderung durch §177 Abs3 ABGB.
Die Normierung des Kriteriums des Kindeswohles in §177 Abs1 zweiter Satz ABGB bedeutet für das Gericht
die Verpflichtung, dieses beim Vollzug des Gesetzes zu beachten, nicht jedoch die Ermächtigung, sich über das
Gesetz hinwegzusetzen.

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