Rechtssätze nº G259/2022 (G259/2022-16). VfGH. 14-12-2022

ECLIECLI:AT:VFGH:2022:G259.2022
Date14 Diciembre 2022
14.12.2022
www.ris.bka.gv.at Seite 1 von 2
Gericht
Verfassungsgerichtshof
Entscheidungsdatum
14.12.2022
Geschäftszahl
G259/2022 (G259/2022-16)
Leitsatz
Verstoß von Teilen einer Bestimmung des GlücksspielG betreffend den Schutz des Vermögens einzelner
Spieler gegen den Gleichheitsgrundsatz; Unsachlichkeit der bloßen Einholung von Boni tätsauskünften bei
problematischem Spielverhalten; kein effektiver Spielerschutz durch verspätete weitergehende Schutz-
und Sorgfaltspflichten der Spielbankleitung erst bei Gefährdung des Existenzminimums
Rechtssatz
Aufhebung näher bezeichneter Teile des §25 Abs3 GlücksspielG - GSpG idF B GBl I 13/2014.
Der unionsrechtlich gebotene Spielerschutz wird in der angefochtenen Bestimmung nicht in einer dem
Sachlichkeitsgebot entsprechenden Weise verwirklicht:
Die Schutz- und Sorgfaltspflichten der Spielbankleitung werden gemäß de m ersten Satz des §25 Abs3
GSpG (erst) dann ausgelöst, wenn die begründete Annahme besteht, dass Häufigkeit und Intensität der
Spielteilnahme das Existenzminimum des Spielteilnehmers gefährden. Beobachtet die Spielbankleitung
ein solches "problematisches" Spielverhalten, ist sie in einem ersten Schritt (nur) dazu verpflichtet,
Auskünfte bei einer unabhängigen Einrichtung einzuholen, di e Bonitätsauskünfte erteilt. Nur wenn die
Einholung unabhängiger Bonitätsauskünfte nicht mög lich ist oder diese nicht aussagekräftig sind, ist
zusätzlich ein Beratungsgespräch mit dem Spielteil nehmer durchzuführen und sind seine Einkommens-
und Vermögensverhältnisse abzuklären.
Über die Einholung einer Bonitätsauskunft hinausgehende Schutz- und Sorgfaltspflichten der
Spielbankleitung werden daher regelmäßig erst dann ausgelöst, wenn eine Bonitätsauskunft vorliegt, aus
der sich Anhaltspunkte für eine Gefährdung des Existenzminimums des Spielteilnehmers ergeben. Dies
ergibt sich nach Auffassung des VfGH daraus, dass sich die Spielbankleitung auf Grund der
ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung grundsätzlich auf die eingeholten B onitätsauskünfte verlassen
kann, weswegen nicht ersichtlich ist, unter welchen Umständen die eingeholte Bonitätsauskunft "nicht
aussagekräftig" im Sinne des §25 Abs3 Z2 GSpG sein sollte. Die Spielbankleitung muss d aher nach der
angefochtenen Bestimmung bei Vorliegen einer "unauffälligen" Bonitätsauskunft im Regelfall keine
weiteren Schritte setzen.
Die Anordnung zusätzlicher Schutz- und Sorgfaltspflichten (erst) für den Fall, dass eine "auffällige"
Bonitätsauskunft vorliegt, wird in einer Durchschnittsbetrachtung vielfach zu spät kommen, um eine
Gefährdung des Existenzminimums des Spielteilnehmers hintanzuhalten. Der Spielteilnehmer wird in
einem solchen Fall regelmäßig bereits in einer Situation sein, in der er seine laufenden Verpflichtungen
nicht mehr begleichen kann und daher eine Gefä hrdung seines Existenzminimums bereits eingetreten ist.
Die in §25 Abs3 GSpG angeordneten (zusätzlichen) Schutz- und Sorgfaltspflichten der Spielbankleitung,
insbesondere die Durchführung eines Beratungsgespräches, kommen diesfalls zu spät. Die angefoc htene
Bestimmung ist somit in einer Durchschnittsbetrachtung nicht geeignet, einen effektiven Spielerschutz zu
gewährleisten.
Das (primäre) Abstellen auf die Einholung einer Bonitätsauskunft ist bereits dem Grundsatz nach nicht
geeignet, einen effektiven Spielerschutz zu gewährleisten. Von einem effektiven, dh wirksamen
Spielerschutz kann vielmehr nur dann gesprochen werden, wenn (zusätzlich) auch Beratungsgespräche
und andere zweckmäßige Maßnahmen vorgesehen werde n. Entsprechendes gilt hinsichtlich der in der
angefochtenen Bestimmung angeordneten Beschränkung der Haftung der Spielbankleitung auf grobe

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