Rechtssätze nº G34/72 G35/72 G36/72. VfGH. 18-12-1972

ECLIECLI:AT:VFGH:1972:G34.1972
Date18 Diciembre 1972
18.12.1972
www.ris.bka.gv.at Seite 1 von 2
Gericht
Verfassungsgerichtshof
Entscheidungsdatum
18.12.1972
Geschäftszahl
G34/72; G35/72; G36/72
Sammlungsnummer
6936
Rechtssatz
§ 19 Abs. 2 Z 4 a Mietengesetz (Fassung des Art. I Z 23 des Bundesgesetzes BGBl. 281/1967) wird nicht
als verfassungswidrig aufgehoben.
Das Mietenrecht ist eine Angelegenheit des "Zivilrechtswesens" ( {Bundes-Verfassungsgesetz Art 10, Art.
10 Abs. 1 Z 6 B-VG}) . Die hier in Rede stehende Gese tzesstelle gehört ihrem inhaltlichen Gehalt nach
systematisch zum Mietenrecht. Die Gesetzesstelle regelt also eine Angelegenheit des
"Zivilrechtswesens" . Zu diesem Ergebnis war der VfGH bereits in seinem Erk. Slg. 3109/1956
gekommen, das sich zwar auf die alte Fassun g des § 19 Abs. 2 Z 4 a MietenG bezog; diesbezüglich
besteht aber zwischen der damaligen und der jetzigen Fassung kein Unterschied. Die
Bezirksverwaltungsbehörde handhabt also eine Zivilrechtsvorschrift, wenn sie i. S. der angefochtenen
Gesetzesstelle darüber erkennt, ob der geplante Umbau "im ö ffentlichen Interesse" liegt. Dieses
öffentliche Interesse ist nicht auf eine bestimmte Verwaltungsmaterie beschränkt. Es kann im Einzelfal l
aus einer Summe von U mständen res ultieren, die verschiedenen Verwaltungsmaterien angehören. Es
handelt sich um einen komplexen Begriff, der alle irgendwie einschlägigen Sachbereiche der
Vollziehung (sowohl im Vollziehungsbereich des Bundes als auch in dem der Länder) als Ganzheit
umfaßt (vgl. Slg. 3260/1957) . Gewiß umfassen diese S achbereiche zum Teil Angelegenheiten von bloß
örtlicher Bedeutung. Da die Regelung aber dem Mietenrecht (Zivilrechtswesen) zuzuzählen ist,
überwiegen jene Teile, die überörtlicher Natur sind. Dar aus ergibt sich, daß es sich bei der Vollziehung
der Gesetzesstelle nicht um eine Angelegenheit handelt, die im ausschließlichen oder überwiegenden
Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegen ist und die geeignet ist,
durch die Gemeinde innerhalb ihrer örtlichen Grenzen besorgt zu werden. Es ha ndelt sich also (auch Art.
116 Abs. 2 und {Bundes-Verfassungsgesetz Art 118, Art. 11 8 Abs. 3 B-VG} treffen nicht zu) um keine
Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde i. S. des {Bundes-Ver fassungsgesetz Art
118, Art. 118 Abs. 2 B-VG}.
Der Wortlaut der Gesetzesstelle erlaubt es, die Vorschrift dahin gehend auszulegen, daß die
Bezirksverwaltungsbehörde bei der Wahrnehmung i hrer Zuständigkeit zur Bescheiderlassung ge mäß dem
dritten Satzteil nicht über das Vorliegen der Voraussetzungen ge mäß den beiden ersten Satzteilen
mitentscheidet. Gegen einen solchen Inhalt der Gesetzesstelle bestehen keine Bedenken in bezug auf
{Bundes-Verfassungsgesetz Art 94, Art. 94 B-VG} oder eine andere Verfassungsvorschrift (z. B.
{Bundes-Verfassungsgesetz Art 83, Art. 83 Abs. 2 B-VG}) . Was die materielle Grenze zwischen der
Zuständigkeit der Gerichte und der Ver waltungsbehörden in Zivilrechtssachen betrifft, ist der VfGH zwar
der Meinung, daß es von der Verfassung verb oten sein dürfte, daß der einfache Gesetzgeber
Zivilrechtssachen den Verwaltungsbehörden zur Entscheidung in einem Ausmaß üb erträgt, das die
ordentlichen Gerichte ihrer diesbezüglichen umfassenden Kompetenz entkleiden würde; der VfGH ist
aber auch der Meinung, daß der Verfassung nicht zu entne hmen ist, daß in Zivilrechtssachen nur
Gerichten, keinesfalls aber auch Verwaltungsbehörden vom Gesetzgeber eine Zuständigkeit eingeräumt
werden dürfe. Es ist durch keinen Inhalt der Verfassung verboten, die bescheidmäßige Feststellung der
Erfüllung eines bestimmten Tatbestandselementes in einer Zivilrechtssache ausnahmsweise - wie hier -
einer Ver waltungsbehörde zuzuweisen. Bei dieser Feststellung ist der VfGH nicht a uf die im Erk. Slg.

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