Rechtssätze nº G380/2020 ua (G380/2020-1.... VfGH. 10-03-2021

ECLIECLI:AT:VFGH:2021:G380.2020
Date10 Marzo 2021
10.03.2021
www.ris.bka.gv.at Seite 1 von 1
Gericht
Verfassungsgerichtshof
Entscheidungsdatum
10.03.2021
Geschäftszahl
G380/2020 ua (G380/2020-18, G367/2020-18, G7/2021-14, G37/2021 -5)
Leitsatz
Aufhebung eines Satzes einer Bestimmung des EpidemieG 195 0 betreffend die Zuständigkeit der
Bezirksgerichte zur Entscheidung über die Absonderung kranker Personen mangels Einhaltu ng des
Rechtsstaatsprinzips; Verstoß gegen die Pflicht des Gesetzgebers zu einer strengen Prüfungsmaßstäben
standhaltenden präzisen Regelung der Behördenzustän digkeit bzw die Pflicht, eine klare Regelung
hinsichtlich des anzuwendenden Verfahrensrechts vorzunehmen
Rechtssatz
Aufhebung des §7 Abs1a z weiter Satz Epidemiegesetz 1950 (EpiG) idF BGBl I 63/2016 . Die
antragstellenden Gerichte haben in den bei ihnen anhängigen Verfahren §7 Abs1a z weiter Satz EpiG
(nicht jedoch dessen dritten und vierten Satz) anzuwenden. Mangels untrennbaren Zusammenhangs des
zweiten mit dem dritten und vierten Satz dieser Bestimmung mussten die letztgenannten Sätze auch nicht
mitangefochten werden. Da auch sonst keine P rozesshindernisse hervorgekommen sind, erweisen sich die
jeweils auf die Aufhebung von §7 Abs1a zweiter Satz EpiG, der auf BGBl I 63/2016 zurückgeht und
durch BGBl I 104/2020 nicht geändert worden ist, gerichteten Hauptanträge als z ulässig. Ausdehnung der
Anlassfallwirkung gemäß d er Ermächtigung des Art140 Abs7 zweiter Satz B-VG a uf die beim VfGH zu
KI13/2020, E2375/2020 anhängige Rechtssache.
§7 Abs1a zweiter Satz EpiG ver weist (im Unterschied zu dessen viertem Satz) hinsichtlich d er
Überprüfung der Zulässigkeit der Freiheitsbeschränkung d urch das Bezirksgericht auf die "Maßgabe des
2. Abschnitts des Tuberkulosegesetzes" insgesamt. Der 2. Abschnitt des Tuberkulosegesetzes sieht aber
nicht bloß ein anderes System zur Verfügung und Kontrolle von Freiheitsbeschränkungen, sondern in
diesem System wiederum unterschiedliche Verfahrensarten vor. Der VfGH vermag angesichts des
pauschalen Verweises in §7 Abs1a zweiter Satz EpiG auf den 2. Abschnitt des Tuberkulosegesetzes
schon nicht mit der für die Festlegung von Behördenzuständi gkeiten erforderlichen Deutlichkeit zu
erkennen, worin der Prüfungsgegenstand des Bezirksgerichts - und damit dessen Zuständi gkeitsumfang -
genau liegen soll, insbesondere, ob sich die Prüfung des Bezirksgerichts auc h auf einen allfälligen
Bescheid der Bezirksverwaltungsbehörde oder lediglich auf eine nachfolgende Anhaltung zu beziehen hat
und gegebenenfalls in welchem Verhältnis die Kognitionsbefugnis de s Bezirksgerichts zu einer allenfalls
verbleibenden Prüfungsbefugnis der Verwaltungsgerichte steht.
Selbst wenn man den Verweis auf den 2. Abschnitt des Tuberkulosegesetzes bloß als Verweis auf das
Verfahren nach §17 Abs4 Tuberkulosegesetz und die daran anknüpfenden Regeln beziehen wollte (wobei
unklar bliebe, warum dies - im Unterschied zu §7 Abs1a vierter Satz EpiG - durch einen Verweis auf den
gesamten 2. Abschnitt des Tuberkulosegesetzes angeordnet werden sollte), wäre der genaue
Prüfungsgegenstand nicht mit hinreichender Deutlichkeit erkennbar; weiters bliebe unklar, ob die
Sondervorschriften des §20 Tuberkulosegesetz allgemein oder aber nur in Fällen von
Freiheitsentziehungen in Form der Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt zur Anwendung
kommen sollten.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:VFGH:2021:G380.2020

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