Rechtssätze nº G408/2016 ua. VfGH. 13-12-2017

ECLIECLI:AT:VFGH:2017:G408.2016
Date13 Diciembre 2017
13.12.2017
www.ris.bka.gv.at Seite 1 von 2
Gericht
Verfassungsgerichtshof
Entscheidungsdatum
13.12.2017
Geschäftszahl
G408/2016 ua
Sammlungsnummer
20231
Leitsatz
Abweisung von Anträgen des Bundesverwaltungsgerichtes auf Aufhebung der Bestimmungen über die -
in die Zuständigkeit der Finanzmarktaufsichtsbehörde fallende - Verhä ngung von Geldstrafen über
juristische Personen wegen Übertretungen des BankwesenG; Änderung der Rechtsprechung des VfGH
zur Abgrenzung des gerichtlichen Strafrechts und des Verwaltungsstrafrechts; Höhe der Strafdrohung
kein taugliches Abgrenzungskriterium; keine Ver pflichtung des Gesetzgebers zur Übertragung der
Verfahren über die Verhängung der im BankwesenG angedrohten Geldstrafen angesic hts ihrer
spezifischen Funktion in die Zuständigkeit der ordentlichen Strafgerichte
Rechtssatz
Abweisung der - zulässigen - (Haupt-)Anträge auf Aufhebung des §99d BankwesenG (BWG) idF BGBl I
184/2013 zur Gänze.
Da die vor dem Bundesverwaltungsgericht belangte Behörde (Finanzmarktaufsichtsbehörde - FMA) ihre
Straferkenntnisse j eweils auf §99 d Abs1 und Abs2 (iVm §98 Abs2 Z11 bzw §98 Abs5a) BWG stützte
und die Strafbemessung anhand der Vorgaben des Abs3 und Abs4 leg cit vornahm, hat das
Bundesverwaltungsgericht diese Bestimmungen bei der Prüfung der Rechts mäßigkeit der angefochtenen
Straferkenntnisse jedenfalls anzuwenden. Ebenso ist nicht ersichtlich, dass §99d Abs5 BWG offenkundig
keine Voraussetzung seiner Entscheidung im Anlassfall bildet.
Der VfGH geht weiterhin davon aus, dass die Ahndu ng bestimmter Straftaten gemäß Art91 Abs2 und
Abs3 B-VG der Zuständigkeit der Schöffen- und Gesc hworenengerichte vorbehalten ist. Im Übrigen hält
der VfGH aber seine auf Art91 B-VG gestützte Rechtsprechung zur Abgrenzung des gerichtlic hen
Strafrechts und des Verwaltungsstrafrechts (erstmals VfSlg 12151/1989; in der Folge mehrfach bestätigt;
zur Maßgeblichkeit der Strafdrohung für die Bewertung der Sozialschädlich keit des verbotenen
Verhaltens vgl insbes VfSlg 19960/2015) nicht aufrecht.
Zum Ersten überzeugt nicht, dass die Zuständigkeitsabgrenzung ausschließlich nach dem Kriterium der
Strafdrohung zu erfolgen hat; dies gilt sowohl innerhalb der Strafgerichtsbarkeit als auch für die
Abgrenzung des gerichtlichen Strafrechts und des Verwaltungsstrafrechts. Zum Zweiten lässt das
alleinige Abstellen auf die durch den Gesetzgeber für die jeweilige Stra ftat normierte Obergrenze der
angedrohten Geldstrafe für die Zuordnung zu einem der beiden Vollzugsbereiche die unterschiedliche
Funktion der Geldstrafe im gerichtlichen und im Verwaltungsstrafrecht sowie die mit ihrer Verhängung
jeweils einhergehenden Folgen außer Acht. Zum Dritten kann die schematische Orientierung an der für
die Straftat vorgesehenen Obergrenze der angedrohten Geldstrafe für die Abgrenzung des gerichtlichen
Strafrechts und des Verwaltungsstrafrechts nicht die Unterschiede zwischen juristischen und natürlichen
sowie z wischen ver mögenden und weniger ver mögenden P ersonen erfassen und damit l etztlich nur ein
unzureichendes Urteil übe r die "Schwere" einer Strafe bieten. Zum Vierten werden die vom Gesetzgeber
mit der Zuordnung verb undenen rechtspolitischen Zielsetzungen - allen voran jene der Stigmatisierung
und der Entkriminalisierung - nicht zureichend berücksichtigt. Dadurch er weist sich d ie Höhe der

Um weiterzulesen

FORDERN SIE IHR PROBEABO AN

VLEX uses login cookies to provide you with a better browsing experience. If you click on 'Accept' or continue browsing this site we consider that you accept our cookie policy. ACCEPT