Rechtssätze nº G6/66. VfGH. 30-06-1966

ECLIECLI:AT:VFGH:1966:G6.1966
Date30 Junio 1966
30.06.1966
www.ris.bka.gv.at Seite 1 von 2
Gericht
Verfassungsgerichtshof
Entscheidungsdatum
30.06.1966
Geschäftszahl
G6/66
Sammlungsnummer
5318
Rechtssatz
Im § 6 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 28. Juni 1961, BGBl. Nr. 194, betreffend allgemeine
Bestimmungen u nd das Verfahren für die von den Abgabenbehörden des Bundes verwalteten Abgaben
(Bundesabgabenordnung - BAO) werden die Worte: "... zusammen zu veranlagen oder ..." als
verfassungswidrig aufgehoben. Die Haushaltsbesteuerung (Zusammenveranlagung und
Zusammenrechnung der Einkünfte) beruht auf der Annahme einer im Durchschnitt er höhten
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der in einer Ehegemeinschaft oder eheähnlichen Gemeinschaft
zusammengeschlossenen Teilhaber. Weiter als zu einer höheren Einkommensteuerleistung reicht der zur
Haushaltsbesteuerung führende Grundgedanke jedoch nicht. Die Haushaltsbesteuerung setzt nur einen
gemeinsamen Haushalt voraus, somit keine darüberhinausgehende Gemeinsamkeit des Vermögens und
der Einkünfte.
Es ist nicht richtig, daß während des Bestandes der ehelichen Gemeinschaft Vermögen und Erträge stets
Güter der Gemeinschaft sind.
Auch für eheähnliche Haushaltsgemeinschaften gilt nach § 26 Abs. 2 EStG 1953 die
Haushaltsbesteuerung. Von diesen Gemeinschaften kann ebenfalls nicht gesagt werden, daß sie in der
Regel eine der allgemeinen Gütergemeinschaft nahekommende Gemeinschaft sind. Im übrigen ist auch
hier zu wiederholen, daß das Gesetz eine solche Gemeinschaft nicht verlangt, daß lediglich ein e dauernde
Haushaltsgemeinschaft Voraussetzung für die Haushaltsbesteuerung ist.
Ein innerer Zusammenhang zwischen Haushaltsbesteuerung und Gesamthaftung besteht nicht. Es ist
unsachlich, jemanden zu verhalten, für etwas einzustehen, womit ihn nichts verbi ndet, also auch für
Umstände, die außerhalb seiner Interessensphäre und Einflußsphäre liegen.
Nach § 27 EStG 1953 werden der Haushaltsvorstand und seine minderjährigen Kinder , die zu seinem
Haushalt gehören und für die ihm Kinderermäßigung zusteht, zusammen veranlagt, sol ange er und die
Kinder unbeschränkt steuerpflichtig sind. Es ist evident, daß in dieser Gemeinschaft nicht die Einstellung
herrschen darf, daß Vermögen und Erträge stets Güter der Gemeinschaft sind.
Damit, daß die Abgabenbescheide über die gleiche Einkommensteuer gleic hzeitig an die Personen
ergehen, die vom Finanzamt als Partner einer Haushaltsgemeinschaft nach § 26 Abs. 2 EStG 1953
angesehen werden, richtet die Behörde an beide Adressaten das Gebot, dieselbe abgabenrechtliche
Leistung ({Bu ndesabgabenordnung § 6, § 6 Abs. 1 BAO}) zu erbringen, und macht damit das
Gesamtschuldverhältnis mit hinlänglicher Deutlichkeit geltend.
Eine verschiedene Qualifikation von Gemeinschaften für den Bereich des bürgerlichen Rechtes und
Handelsrechtes einerseits und für den Bereich des Abgabenrechtes anderseits ist für sich allein nicht
verfassungswidrig im Hinblick auf das Gleichheitsgebot.
Der Umstand, daß ein gegebener Zustand für die Abgabenverwaltung einfacher ist und eine Änderung des
Zustandes mit einer Erhöhung des Verwaltungsaufwandes verbunden sein könnte, rechtfertigt nicht,
diesem Zustand entsprechend in Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes Personen mit Verpflichtungen zu
belasten.

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