Rechtssätze nº V573/2020. VfGH. 10-03-2021

ECLIECLI:AT:VFGH:2021:V573.2020
Date10 Marzo 2021
10.03.2021
www.ris.bka.gv.at Seite 1 von 2
Gericht
Verfassungsgerichtshof
Entscheidungsdatum
10.03.2021
Geschäftszahl
V573/2020
Leitsatz
Gesetzwidrigkeit der Bestimmungen einer Verordnung des Magistrates der Stadt Wien betreffend die
Auskunftserteilung über Kunden von Gastronomiebetrieben bei Verdachtsfällen von COVID-19 mangels
nachvollziehbarer Dokumentation der Entscheidungsgrundlagen; weitreichende
Verordnungsermächtigung nach dem EpidemieG 195 0 ermöglicht schwerwiegende Eingriffe in das
Grundrecht auf Datenschutz durch die Ermittlung von Kontaktpersonen und der Möglichkeit von
Rückschlüssen auf die persönliche Lebensführung großer Teile der Bevölkerung; keine nachvollziehbare
Dokumentation der Entscheidungsgrundlagen des Verordnungsgebers durch die bloße Sammlung und
Übermittlung von Date n und Studien zu COVID-19 ; Erforderlichkeit der Darlegung der für die
Willensbildung des Verordnungsgebers ausschlaggebenden Entscheidungsgrundlagen
Rechtssatz
Gesetzwidrigkeit des §1 Z2 lite sowie des §2 der Verordnung des Magistrats der Stadt Wien betreffend
Auskunftserteilung für Contact Tracing im Zusammenhang mit Verdachtsfällen von COVID-19, ABl der
Stadt Wien 41/2020. Zurückweisung des Eventualantrags auf Aufhebung des §1 Z1 litg Wr Contact
Tracing Verordnung als unzulässig: Mangelnde Darlegung eines unmittelbaren und ak tuellen Eingriffs
der Normen in die Rechtssphäre des Antragsteller s sowie bloß pauschale Darlegung der Bedenken. F ür
den VfGH ist insbesondere nicht erkennbar, in welcher Eigenschaft - nämlich als Besucher einer
Krankenanstalt oder als Betreiber eines Gastrono miebetriebes - der Antragsteller die Bedenken des
Verstoßes gegen Art18 B-VG hegt. Zulässigkeit des Eventualantrags auf Aufhebung des §1 Z2 lite Wr
Contact Tracing Verordnung: Die (übrigen) Bedenken erhebt der Antragsteller in seiner Eigenschaft als
Betreiber eines Gastronomiebetriebes. Eine unmittelbare Betroffenheit des Antragstellers liegt vor, weil
die Bestimmung den Antragsteller als Betr eiber einer Betrieb sstätte der Gastronomie verpflichtet,
personenbezogene Daten von Ku nden im Fall des Auftretens eines Verdachtsfalles von COVID-19 auf
Verlangen der Bezirksverwaltungsbehörde zu übermitteln, anderenfalls eine Verwaltungsstrafe gemäß
§40 Abs1 litc EpidemieG 1950 droht. Daran ändert auch der Umstand nicht s, dass mit 03.11.2020 gemäß
§7 COVID -19-Schutzmaßnahmenverordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundh eit, Pflege und
Konsumentenschutz, BGBl II 463/2020, (sowie in den folgenden Maßnahmenver ordnungen d es
Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz) ein Betre tungsverbot für
Betriebsstätten sämtlicher Betriebsarten der Gastge werbe zum Zweck der Inanspruchnahme von
Dienstleitungen d es Gastgewerbes er lassen wurde. Die aus der angefochtenen Verordnungsbestimmung
resultierende Verpflichtung des Antragstellers, Daten (etwa aus dem Zeitraum vor dem 03.11.2020) auf
Verlangen der Bezirksverwaltungsbehörde zu übermitteln, bestand ungeachtet des Betretungsverbotes
zum Zeitp unkt der Antragstellung. Die Wr Contact Tracing Verordnung ist mit Ablauf des 31.12.2020
und somit nach Antragstellung beim VfGH außer Kraft getreten. Die angefochtenen Bestimmungen der
Wr Contact Tracing Verordnung beeinträchtigen die rechtlich geschützten Interessen des Antragstellers
noch aktuell (vgl E v 14.07.2020, V411/2020 ua). Dem Antragsteller steht auch kein anderer zumutbarer
Weg zur Verfügung. Der Antragsteller erhebt Bedenken (led iglich) gegen §1 Z2 lite leg cit; eigenständige
Bedenken gegen den (mit-)angefochtenen §2 leg cit sind dem Antrag nicht zu entnehmen. Da die (mit-
)angefochtene Bestimmung in §2 mit §1 Z2 lite Wr Contact Tracing Verordnung aber in einem
Regelungszusammenhang steht, er weist sich der (E ventual-)Antrag im U mfang des §1 Z2 lite und §2 Wr
Contact Tracing Verordnung als zulässig.

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