Rechtssätze nº V593/2020. VfGH. 24-06-2021

ECLIECLI:AT:VFGH:2021:V593.2020
Date24 Junio 2021
24.06.2021
www.ris.bka.gv.at Seite 1 von 2
Gericht
Verfassungsgerichtshof
Entscheidungsdatum
24.06.2021
Geschäftszahl
V593/2020
Leitsatz
Kein Verstoß gege n den Gleichheitsgru ndsatz durch das Fehlen einer Ausnahme für den Papier- und
Schreibwarenhandel vom Verbot, den Kundenbereich von Betriebsstätten des Handelns zur (bloßen)
Abholung von Waren zu betreten oder zu befahren; unterschiedliche Behandlung von Papier - und
Schreibwaren einerseits und anderen Produkten andererseits sachlich gerechtfertigt; temporäres
Ausweichen auf den Online-Handel für die betroffenen Kunden möglich und zumutbar; keine
unverhältnismäßige Beschränkung der betroffenen Unternehmen im Recht auf Unversehrtheit des
Eigentums durch das zeitlich eng begrenzte Verbot i m Hinblick auf die vom Gesetzgeber gewährten
Rettungs- und Unterstützungsmaßnahmen
Rechtssatz
Abweisung des Individualantrags, soweit er sich gege n §5 Abs1 Z1, die Wortfolge "1 und" in §5 Abs1
letzter Satz und §5 Abs4 Z1 bis 4 und Z8 bis 14 der Verordnung des Bundesministers für Soziales,
Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, mit der besondere Schutzmaßnahmen zur Verhinderung
einer Notsituation auf Grund von COVID -19 getroffen werden (COVID-19-NotMV), BGBl II 479/2020
idF BGBl II 528/2020 richtet. Im Übrigen Zurückweisung des Antrags.
Zu den Bedenken im Hinblick auf die erforderliche Ermittlung und Dokumentation der
Entscheidungsgrundlagen siehe E vom 24.06.2021, V592/2020.
Keine Verletzung im Gleichheitsrecht durch §5 Abs1 COVID-19-NotMV:
Aus den in der Verordnung festgelegten Ausnahmen vom Betretungs- und Befahrungsverbot des §5 Abs1
Z1 COVID-19-NotMV geht hervor, dass nicht nur jene Betriebsstätten bzw Güter von dem Verbot
ausgenommen wurden, die für die Deckung der lebensnotwendigen Grundbedürfnisse unverzichtbar sind,
wie etwa Lebensmittel, Apotheken oder Medizinprodukte. Der Verordnungsgeber hat neben der
Grundversorgung weiteren zentralen Bedürfnissen wie der Aufrechterhaltung der Kommunikation, des
Zugangs zu Informationen oder der Mobilität zur Wahrnehmung der in §1 Abs1 COVID-19-NotMV
genannten Tätigkeiten Rechnung getragen. Damit hat er den Rahmen des ihm gesetzlich eingerä umten
Entscheidungsspielraumes bei der konkreten Ausgestaltung eines Betretungsverbotes nach dem COVID-
19-MG nicht verlassen. Der Zielsetzung des Verord nungsgebers, ein grundsätzlich für alle Betriebsstätten
des Handels geltendes B etretungsverbot für Kunden zu erlassen und davon nur einzelne wenige Bereiche
auszunehmen, wird damit jedenfalls nicht widersprochen. Hinsichtlich der für unterneh mensbezogene
Geschäfte geltenden Ausnahme vom Betretungs- und Befahrungsverbot des §5 Abs1 Z1 COVID-19-
NotMV ist festzuhalten, dass diese vom Verordnungsgeber nicht mit deren Bedeutsa mkeit für die
Verrichtungen d es täglichen Lebens begründet wurde, sondern damit, dass bei diesen im Wesentlichen
auf Grund des unterschiedlichen Einkaufsverhaltens ein geringeres Infektionsrisiko bzw eine höhere
Erfolgsquote bei der Kontaktnachverfolgung anzunehmen sei.
Der VfGH ver mag nicht zu erkennen, dass das Fehlen einer Ausnahme für den Papier- und
Schreibwarenhandel vom generellen - sohin den weit überwiegenden Teil der Handelsbetriebe treffenden
- Betretungs- und Befahrungsverbot angesichts der von diesem Verbot ausgenommenen Betriebs- und
Produkttypen, die d er Befriedigung zentraler Bedürfnisse dienen und daher ständig verfügbar sein sollen
(§5 Abs4 COVID-19-NotMV), unsachlich wäre und der BMSGP K damit den ihm in der Frage der
Bekämpfung der COVID-19-Pandemie ein geräumten - weiten - Entscheidungsspielraum überschritten

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