Rechtssätze nº WIV77/2020 ua. VfGH. 12-06-2020

ECLIECLI:AT:VFGH:2020:WIV77.2020
Date12 Junio 2020
12.06.2020
www.ris.bka.gv.at Seite 1 von 2
Gericht
Verfassungsgerichtshof
Entscheidungsdatum
12.06.2020
Geschäftszahl
WIV77/2020 ua
Leitsatz
Aufhebung der Einstellung der Berichtigungsverfahren betreffend die Wählerverzeichnis se für die Wahl
des Gemeinderats der Stadtgemeinde Litschau durch das Landesverwaltungsgericht; Einräumung der
Parteistellung auch für nicht in ihren subjektiven Rechten betroffene Personen zur Wahrung der
objektiven Rechtmäßigkeit wahlbehördlichen Handelns; keine Auswirkungen des rechtskräftigen
Abschlusses des Wahlverfahrens auf das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht
Rechtssatz
Bei Anfechtungen von Entscheidungen betreffend die Aufna hme von Personen in Wählerevidenzen
(Wählerverzeichnisse) bzw die Streichung von Personen aus Wählerevidenzen (Wählerverzeichnissen)
gemäß Art141 Abs1 liti iV m litj B-VG einerseits und bei Verfahren zur Anfechtung einer Wahl gemäß
Art141 Abs1 lita B-VG andererseits handelt es sich um jeweils getrennte (Recht schutz-)Verfahren. Eine
Anfechtung der Gemeinderatswahl der Stadtgemeinde Litschau wegen angeblich gesetzwidriger
Vorgänge im Wahlverfahren kann nicht Gegenstand eines Verfahrens gemäß Art141 Abs1 liti iV m litj. B-
VG (bzw Beschwerdeverfahrens gemäß §26 NÖ GRWO 1994) sein. Entsprechendes gilt umgekehrt für
Anfechtungen betreffend die Aufnahme von Personen in Wählerevidenzen (W ählerverzeichnisse) bzw
die Streichung von Personen aus Wählerevidenzen (Wählerverzeichnissen), welche nicht in ei nem
Verfahren nach Art141 Abs1 lita B-VG (bzw §§56 ff NÖ GRWO 1994) abgehandelt werd en können.
Schon an der Trennung beider Verfahren zeigt sich, dass der Abschluss eines Wahlverfahrens nicht per se
verfahrensbeendende Rechtswirkungen für ein noch anhängiges und im Falle e iner Anfechtung beim
VfGH trotz der in der NÖ GRWO 1994 vorgesehenen relativ kurzen Fristen in der Regel nicht vor dem
Wahltag beendetes Verfahren über die Aufnahme von Personen in Wählerevidenzen
(Wählerverzeichnisse) und die Streichung von Personen aus Wä hlerevidenzen (Wähler verzeichnissen)
zeitigen kann. Andernfalls würde auch regelmäßig eine Entscheidung des VfGH obsolet sein bzw dessen
Prüfkompetenz schlichtweg ins Leere laufen.
Damit aber trotz des relativ kurzen Zeitraums zwischen Auflage der Wählerverzeichnisse und des
Wahltags rechtzeitig vor einer Wahl eine rechtskräftige (gerichtliche) Entscheidung dahingehend, ob eine
bestimmte Person wahlberechtigt ist oder nicht, ergehen kann, wurde mit BGBl I 115/2013 in Art141
Abs1 litj B-VG dem zustä ndigen einfachen Bundes- bzw Landesgesetzgeber die Möglichkeit eingeräumt,
eine vorherige Überprüfung derartiger Entscheidungen durch ein Verwaltungsgericht vorzusehen. Eine -
wenn auch regelmäßig nach dem Wa hltag - stattfindende Überprüfung durch den VfGH soll dadurch
jedoch gerade nicht ausgeschlossen werden. Auch daraus zeigt sich wiederum, dass die Beendigung des
Wahlverfahrens durch (rechtskräftige) Kundmachung des Ergebnisses nicht schon per se Auswirkungen
auf das Verfahren gemäß Art141 Abs1 liti iVm litj B -VG bzw ein diesem vorgelagertes
verwaltungsgerichtliches Verfahren zeitigen kann.
Dass Verfahren nach Art141 Abs1 liti bzw litj B-VG somit insofern unabhängig davon zu führe n sind, ob
die Wahl, für welche das betreffende Wählerverzeichnis erstellt wurde, bereits abgehalten und das
Ergebnis (rechtskräftig) kundgemacht worden ist oder nicht, ist auch aus der bisherigen Rsp des VfGH
ableitbar: So sind seit der Einführung dieser Bestimmungen mit der Ver waltungsgerichtsbarkeits-Novelle
2012, BGBl I 51/2012, verwaltungsgerichtliche Entscheidungen, die in Fällen der Eintragung in das bz w
Streichung aus dem Wählerver zeichnis ergehen, zwar kei ner Beschwerde gemäß Art144 B-VG mehr
zugänglich, sondern allein gemäß Art141 B-VG anfechtbar. Die Rsp des VfGH zur Rechtslage vor de r

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