Verordnung des Bundesministers für soziale Verwaltung vom 11. März 1983 über allgemeine Vorschriften zum Schutz des Lebens, der Gesundheit und der Sittlichkeit der Arbeitnehmer (Allgemeine Arbeitnehmerschutzverordnung ? AAV)

Auf Grund der §§ 24 Abs. 1 bis 3 und 33 Abs. 1,

2 und 4 des Arbeitnehmerschutzgesetzes, BGBl.

Nr. 234/1972, in der Fassung der Bundesgesetze BGBl. Nr. 144/1974 und BGBl. Nr. 544/1982

wird, soweit es sich um der Gewerbeordnung 1973,

BGBl. Nr. 50/1974, unterliegende Betriebe handelt,

im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Handel, Gewerbe und Industrie und soweit es sich um Betriebe handelt, die dem Verkehrs-Arbeitsinspektionsgesetz,

BGBl. Nr. 99/1952, in der Fassung der Bundesgesetze BGBl. Nr. 80/1957, BGBl.

Nr. 234/1972 und BGBl. Nr. 174/1981 unterliegen,

im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Verkehr verordnet:

  1. HAUPTSTÃœCK BEGRIFFE

    § 1. Im Sinne dieser Verordnung sind 1. „Arbeitsräume"

    Räume von Betrieben, in denen nach ihrer Zweckbestimmung Arbeiten ausgeführt werden und in denen mindestens ein ständiger Arbeitsplatz eingerichtet ist; Führer- und Bedienungsstände von Betriebseinrichtungen und Betriebsmitteln sowie vorwiegend als Schutz gegen Witterungseinflüsse errichtete Räume, wie Verkaufsstände oder Kassenschalter,

    gelten nicht als Arbeitsräume,

    1. „Ständige Arbeitsplätze"

      1. Bereiche, in denen Arbeitnehmer entweder an 30 oder mehr Tagen im Jahr beschäftigt sind oder b) Bereiche, in denen Arbeitnehmer an weniger als 30 Tagen im Jahr, aber in der Regel länger als vier Stunden täglich beschäftigt sind;

      Bereiche, in denen Arbeitnehmer mit Bauarbeiten sowie fallweise mit Instandsetzungs-,

      Instandhaltungs- oder Montagearbeiten beschäftigt sind, gelten nicht als ständige Arbeitsplätze,

    2. „Sonstige Betriebsräume"

      Räume von Betrieben, die keine Arbeitsräume sind, in denen jedoch vorübergehend Arbeiten ausgeführt werden; Führer- und Bedienungsstände von Betriebseinrichtungen und Betriebsmitteln sowie vorwiegend als Schutz gegen Witterungseinflüsse errichtete Räume, wie Verkaufsstände oder Kassenschalter,

      gelten nicht als Betriebsräume,

    3. „Betriebsräume"

      Räume von Betrieben nach den Z 1 und 3,

    4. „Arbeitsstellen"

      alle Stellen in Räumen, die keine Betriebsräume sind, und alle Stellen im Freien, an denen Arbeiten ausgeführt werden; hiezu gehören beispielsweise außerhalb des Standortes des Betriebes gelegene Arbeitsbereiche in einer Wohnung, Montage- und Baustellen auf dem Betriebsgelände oder außerhalb desselben im Freien, Führer- und Bedienungsstände von Betriebseinrichtungen und Betriebsmitteln sowie vorwiegend als Schutz gegen Witterungseinflüsse errichtete Räume,

      wie Verkaufsstände oder Kassenschalter,

    5. „Stockwerke"

      Geschosse eines Gebäudes, die über dem Erdgeschoß liegen,

    6. „Wohnräume"

      Räume, die vom Arbeitgeber für Wohnzwecke den Arbeitnehmern zur Verfügung gestellt werden, ohne daß hiezu eine gesetzliche Verpflichtung besteht,

    7. „Unterkünfte"

      Räumlichkeiten, die vom Arbeitgeber für Wohnzwecke den Arbeitnehmern zur Verfügung gestellt werden, wenn der Arbeitgeber unter den im § 16 Abs. 2 des Arbeitnehmerschutzgesetzes festgelegten Voraussetzungen zur Beistellung dieser Räumlichkeiten verpflichtet ist, wobei unter „Unterkunft"

      hiebei nicht das einzelne Unterkunftsbauwerk,

      sondern die Gesamtheit der örtlich zusammengehörigen, diesem Zweck unmit-

      telbar oder mittelbar dienenden Baulichkeiten verstanden wird,

    8. „Betriebseinrichtungen, sonstige mechanische Einrichtungen und Betriebsmittel"

      Einrichtungen, Geräte und sonstige materielle Mittel, die bei der Arbeit verwendet werden, mit Ausnahme der in Z 13 angeführten Arbeitsstoffe,

    9. „Anerkannte Regeln der Technik"

      Bestimmungen, die aus Wissenschaft oder Erfahrung auf technischem Gebiet gewonnene Grundsätze enthalten und von durch Rechtsvorschriften anerkannten fachlichen Stellen herausgegeben sind, wie ÖNormen oder ÖVE-Bestimmungen,

    10. „Arbeitsphysiologische Erkenntnisse"

      die aus der Lehre vom Bau, den Funktionen und der Energetik des menschlichen Körpers,

      die bei der Arbeit eine Rolle spielen,

      gewonnenen Gesetzmäßigkeiten und Erfahrungen,

      nach denen die Arbeit an den Menschen anzupassen ist,

    11. „Ergonomische Erkenntnisse"

      das Ergebnis der wissenschaftlichen Studien der Beziehungen zwischen dem arbeitenden Menschen und seiner Umgebung, das sind insbesondere die nächste Umgebung innerhalb der der Mensch arbeitet, die Einrichtungen,

      Geräte und sonstigen materiellen Mittel, die bei der Arbeit verwendet werden,

      die Materialien, Arbeitsmethoden und Arbeitsverfahren sowie die Organisation der Arbeit. Diese Erkenntnisse dienen dazu, die Gesundheit des. Menschen am Arbeitsplatz und in seiner Arbeitsumgebung zu erhalten und ein optimales Wohlbefinden bei der Arbeit zu sichern,

    12. "Arbeitsstoffe"

      alle Stoffe, die in Betrieben gewonnen,

      erzeugt, verwendet oder gelagert werden,

      anfallen oder entstehen; als „Verwenden"

      gilt das Gebrauchen, Verbrauchen, Bearbeiten,

      Verarbeiten, Abfüllen, Umfüllen,

      Mischen, Beseitigen und innerbetriebliche Befördern,

    13. „Gesundheitsgefährdende Arbeitsstoffe"

      Arbeitsstoffe mit giftigen, gesundheitsschädlichen,

      fibrogenen, ätzenden, reizenden,

      krebserzeugenden, erbgutverändernden,

      fruchtschädigenden, radioaktiven, infektiösen,

      biologisch inerten oder sonstigen Eigenschaften, durch deren Einwirkung sich Berufskrankheiten im Sinne der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften, sonstige Krankheiten oder andere nachteilige Einflüsse auf die Gesundheit ergeben können,

    14. „Brandgefährliche Arbeitsstoffe"

      Arbeitsstoffe mit brandfördernden, leicht entzündlichen, entzündlichen, schwer entzündlichen oder sonstigen Eigenschaften,

      durch die Brände oder Explosionen von Gas-, Dampf- oder Staub-Luftgemischen hervorgerufen werden können,

    15. „Explosionsgefährliche Arbeitsstoffe"

      Arbeitsstoffe, die durch mechanische Beanspruchung oder thermische Einwirkung ohne Luftzutritt explodieren können.

      § 2. (1) Gesundheitsgefährdende Arbeitsstoffe

      (§ 1 Z 14) sind 1. "giftig",

      wenn sie auch in geringeren Mengen durch Einatmen, Verschlucken oder Aufnahme durch die Haut erhebliche akute oder chronische Gesundheitsschäden oder den Tod verursachen können,

    16. „gesundheitsschädlich (mindergiftig)",

      wenn sie durch Einatmen, Verschlucken oder Aufnahme durch die Haut Gesundheitsschäden von beschränkter Wirkung verursachen können,

    17. „fibrogen",

      wenn sie als Schwebstoffe durch Einatmen mit Bindegewebsbildung einhergehende Erkrankungen der Lunge verursachen können,

    18. „ätzend",

      wenn sie bei Berühren mit lebenden Geweben deren Zerstörung verursachen können,

    19. „reizend (haut- oder schleimhautreizend)",

      wenn sie, ohne ätzend zu sein, durch unmittelbare,

      längere oder wiederholte Berührung mit der Haut oder mit Schleimhäuten eine Entzündung verursachen können,

    20. „krebserzeugend (kanzerogen)",

      wenn sie durch Einatmen, Verschlucken oder Aufnahme durch die Haut Krebs verursachen oder die Krebshäufigkeit erhöhen können;

      dies ist jedenfalls dann gegeben, wenn sie a) Krebs verursachen können, der im Sinne der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften als Berufskrankheit gilt, oder b) beim Menschen erfahrungsgemäß bösartige Neubildungen zu verursachen vermögen oder sich im Tierversuch als krebserzeugend erwiesen haben und in einer Verlautbarung in den Amtlichen Nachrichten des Bundesministeriums für soziale Verwaltung und des Bundesministeriums für Gesundheit und Umweltschutz als krebserzeugend bezeichnet wurden,

    21. „radioaktiv",

      wenn sie zufolge spontaner Kernprozesse ionisierende Strahlen aussenden,

    22. „infektiös",

      wenn sie mit Mikroorganismen behaftet sind,

      die beim Menschen Krankheiten hervorrufen können,

    23. „biologisch inert",

      wenn sie als Schwebstoffe weder giftig noch fibrogen wirken und keine spezifischen Krankheitserscheinungen hervorrufen, jedoch eine Beeinträchtigung von Funktionen der Atmungsorgane verursachen können.

      (2) Brandgefährliche Arbeitsstoffe (§ 1 Z 15) sind 1. „brandfördernd",

      wenn sie in Berührung mit anderen, insbesondere brennbaren Stoffen stark exotherm reagieren können oder wenn sie organische Peroxide sind,

    24. „leicht entzündlich",

      wenn sie a) in flüssigem Zustand einen Flammpunkt unter 21° C aufweisen oder b) als Gase im Gemisch mit Luft bei 20° C und 1 bar einen Explosionsbereich (Zündbereich)

      haben oder c) bei Berührung mit Wasser oder mit feuchter Luft leicht entzündliche Gase in gefährlicher Menge bilden oder d) in festem Zustand durch kurzzeitige Einwirkung einer Zündquelle leicht entzündet werden können und nach deren Entfernen in gefährlicher Weise weiterbrennen oder weiterglimmen oder e) an der Luft ohne Energiezufuhr sich erhitzen und schließlich entzünden können oder f) in staubförmigem Zustand mit Luft einen Explosionsbereich (Zündbereich) haben,

    25. „entzündlich",

      wenn sie in flüssigem Zustand einen Flammpunkt im Bereich von 21 ° C bis einschließlich 55° C aufweisen,

    26. „schwer entzündlich",

      wenn sie in flüssigem Zustand einen Flammpunkt im Bereich von über 55° C bis einschließlich 100° C aufweisen.

      (3) Zur Bestimmung des Flammpunktes nach Abs. 2 dürfen nur Apparate und Prüfverfahren verwendet werden, die auf Grund von Rechtsvorschriften für diese Zwecke heranzuziehen sind.

  2. HAUPTSTÜCK ALLGEMEINE ANFORDERUNGEN UND MASSNAHMEN ZUM SCHUTZ DER ARBEITNEHMER I. ABSCHNITT Arbeitsräume, sonstige Betriebsräume,

    Arbeitsstellen Luftraum und Bodenfläche in Arbeitsräumen

    § 3. (1) In Arbeitsräumen muß jedem ständig beschäftigten Arbeitnehmer bei Arbeiten mit geringer körperlicher Beanspruchung ein Luftraum von mindestens 12 m³ und bei Arbeiten mit normaler körperlicher Beanspruchung ein Luftraum von mindestens 15 m³ zur Verfügung stehen; bei Arbeiten mit starker körperlicher Beanspruchung, bei erschwerenden Arbeitsbedingungen, wie erhöhter Wärmeeinwirkung, und bei einer Verunreinigung der Luft durch gesundheitsgefährdende Arbeitsstoffe muß der auf jeden ständig beschäftigten Arbeitnehmer entfallende Luftraum mindestens 18 m³ betragen.

    (2) In Arbeitsräumen, in denen Arbeitnehmer ständig beschäftigt sind und die...

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