Bundesgesetz vom 8. November 1989 über die Wertpapier- und allgemeinen Warenbörsen und über die Abänderung des Börsesensale-Gesetzes 1949 und der Börsegesetz-Novelle 1903 (Börsegesetz 1989 ? BörseG)

Der Nationalrat hat beschlossen:

Abschnitt I Gemeinsame Bestimmungen für Wertpapierbörsen und allgemeine Warenbörsen Börsen

§ 1. (1) Börsen im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Wertpapierbörsen und allgemeine Warenbörsen.

(2) Wertpapierbörsen sind Börsen, an denen Wertpapiere, ausländische Zahlungsmittel, Münzen und Edelmetalle, Optionen und Finanzterminkontrakte gehandelt und die damit in Verbindung stehenden Hilfsgeschäfte getätigt werden.

(3) Allgemeine Warenbörsen sind Börsen, an denen alle zum börsemäßigen Handel geeigneten Waren, die nicht ausdrücklich den Wertpapierbörsen oder den landwirtschaftlichen Produktenbörsen zum Handel zugewiesen sind, gehandelt sowie die mit dem Warenhandel in Verbindung stehenden Hilfsgeschäfte getätigt werden.

Börsekammern

§ 2. (1) Die Leitung und Verwaltung einer Börse obliegt einer mit Bundesgesetz als juristische Person des öffentlichen Rechts einzurichtenden Börsekammer.

(2) Die Börsekammer hat die ihr durch dieses Bundesgesetz übertragenen Aufgaben unter Bedachtnahme auf das volkswirtschaftliche Interesse an einem funktionsfähigen Börsewesen und auf die schutzwürdigen Interessen des anlagesuchenden Publikums zu besorgen.

§ 3. (1) Die Börsekammer besteht aus Börseräten.

Das Amt des Börserates ist ein unbesoldetes Ehrenamt und persönlich auszuüben. Die Börseräte werden aus dem Kreis der Börsebesucher von diesen nach den Grundsätzen des Verhältniswahlrechts gewählt.

(2) Der Bundesminister für Finanzen hat für jede Wertpapierbörse gemäß § 1 Abs. 2 zwei weitere Börseräte zu bestellen. Für diese Börseräte gilt:

1. Sie müssen auf dem Gebiet der Volkswirtschaftslehre oder des Handels- und Wertpapierrechts fachlich ausgebildet und beruflich tätig sein;

2. sie dürfen nicht der Geschäftsleitung oder dem Aufsichtsorgan eines Börsemitglieds angehören oder in einem Dienstverhältnis zu einem Börsemitglied stehen;

3. ihre Bestellung hat für die Dauer der Funktionsperiode der Börseräte nach Abs. 1 zu erfolgen; die Wiederbestellung ist zulässig;

4. sie sind in der Ausübung ihres Amtes unabhängig und unterliegen nicht den Weisungen des Bundesministers für Finanzen.

(3) Die Funktionsperiode der Börseräte beträgt fünf Jahre; die Börseräte haben jedoch auch nach Ablauf ihrer Amtsperiode ihr Amt noch bis zur Amtsübernahme der neugewählten Börseräte auszuüben.

Die Wiederwahl ist zulässig.

(4) Die Börseräte haben an den Sitzungen der Vollversammlung sowie der Ausschüsse und Kommissionen,

deren Mitglieder sie sind, teilzunehmen.

Ein Börserat kann bei Verhinderung aus wichtigen Gründen einen anderen Börserat schriftlich mit seiner Vertretung für eine einzelne Sitzung beauftragen;

ein so vertretener Börserat ist bei der Feststellung der Beschlußfähigkeit der Vollversammlung oder des Ausschusses nicht mitzuzählen.

(5) Die Vollversammlung hat gemäß Abs. 1

gewählte Börseräte ihres Amtes zu entheben,

1. die ihre Pflichten, insbesondere die persönliche Mitwirkungspflicht gemäß Abs. 1 und 4,

wiederholt verletzen,

2. wenn die Voraussetzungen für das passive Wahlrecht des Börserates im Zeitpunkt seiner Wahl nicht vorlagen oder später weggefallen sind oder 3. die nach § 48 bestraft oder wegen einer im

§ 13 der GewO 1973 genannten strafbaren Handlung rechtskräftig verurteilt wurden.

(6) Der Bundesminister für Finanzen hat Börseräte nach Abs. 2 ihrer Funktion zu entheben, wenn die Voraussetzungen für ihre Bestellung nicht vorgelegen sind oder nachträglich weggefallen sind oder wenn einer der im Abs. 5 Z 1 und 3 genannten Ausschließungsgründe auf sie zutrifft. In diesem Fall ist für die restliche Funktionsperiode eine Nachbestellung vorzunehmen.

(7) Das Amt eines Börserates ruht, solange sein Besuchsrecht zur Börse ruht.

Organe der Börsekammer

§ 4. Die Organe der Börsekammer sind 1. die Vollversammlung;

2. die nach § 6 einzurichtenden Ausschüsse der Vollversammlung;

3. der Präsident.

Vollversammlung

§ 5. (1) Die Vollversammlung besteht aus sämtlichen Börseräten. Ihre Sitzungen werden vom Präsidenten einberufen und geleitet.

(2) Die Vollversammlung ist zuständig für 1. die Erlassung des Statuts und dessen

Änderung,

2. die Erlassung von Verordnungen der Börsekämmer,

3. die Erlassung der Dienst-, Bezugs- und Pensionsordnung für die Bediensteten der Börsekammer,

4. die Entscheidung über Rechtsmittel gegen Bescheide ihrer Ausschüsse und gegen Bescheide des Präsidenten in Angelegenheiten der Besuchsberechtigung,

5. die Amtsenthebung von Börseräten,

6. die Wahl des Präsidenten und der Vizepräsidenten,

7. die Wahl der Ausschußmitglieder,

8. die Wahl der Rechnungsprüfer,

9. die Ernennung des Generalsekretärs und seiner Stellvertreter,

10. die Bestellung und die dauernde und zeitweilige Enthebung von Börsesensalen,

11. die Genehmigung des Voranschlages und des Rechnungsabschlusses,

12. die Verfügung über das unbewegliche sowie

über wesentliche Teile des beweglichen Vermögens der Börsekammer,

13. die Erlassung der Gebührenordnung,

14. die Bestimmung des Börseortes,

15. die Festsetzung der Regeln für den Handelsablauf,

insbesondere gemäß § 26.

(3) Die Vollversammlung ist beschlußfähig, wenn mindestens die Hälfte der Börseräte anwesend ist;

für Beschlußfassungen über das Statut und dessen

Änderung ist jedoch die Anwesenheit von mindestens zwei Dritteln der Börseräte erforderlich. Für Beschlüsse über die Amtsenthebung des Präsidenten oder eines Vizepräsidenten sowie von Börseräten ist eine Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen erforderlich, für sonstige Beschlüsse genügt die einfache Mehrheit. • Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Präsidenten den Ausschlag.

(4) Die Sitzungen der Vollversammlung sind nicht öffentlich, jedoch kann die Beiziehung von Auskunftspersonen beschlossen werden. Solche Auskunftspersonen sind zur Verschwiegenheit über alle ihnen in der Sitzung zur Kenntnis gelangten Geheimnisse verpflichtet. Diese Verschwiegenheitspflicht gilt nicht für Aussagen vor den staatlichen Gerichten.

Ausschüsse der Vollversammlung

§ 6. (1) An einer Börse nach § 1 Abs. 1 ist ein Wahlausschuß einzurichten, der für die Entscheidung

über Einsprüche gegen die Wählerlisten und zur Feststellung der Gültigkeit oder Ungültigkeit von Wahlen zuständig ist.

(2) An einer Börse nach § 1 Abs. 2 sind überdies folgende Ausschüsse einzurichten:

1. ein Kartenausschuß, der für die Zulassung und den Ausschluß von Börsemitgliedern sowie für die Festsetzung von Kautionen und Sicherheiten zuständig ist;

2. ein Exekutivausschuß, der für die Zulassung zum Börsehandel und den Widerruf der Zulassung von Verkehrsgegenständen, die nicht gemäß Z 3 dem Optionsausschuß

vorbehalten sind, und für die Festsetzung der Börsezeit zuständig ist;

3. ein Optionsausschuß, sofern an der betreffenden Börse Optionen und Finanzterminkontrakte gehandelt werden, der für die Zulassung zum Börsehandel und für den Widerruf der Zulassung von Optionen und Finanzterminkontrakten und für die Festsetzung der Börsezeit zuständig ist.

(3) Gegen die Entscheidungen des Kartenausschusses

über die Nichtzulassung oder den Ausschluß

von Börsemitgliedern und gegen die Entscheidungen des Präsidenten über die Nichterteilung oder Entziehung der Besuchsberechtigung ist die Berufung an die Vollversammlung zulässig. An den Sitzungen der Vollversammlung in diesen Angelegenheiten darf der Börsekommissär nicht teilnehmen. Die Mitglieder der Ausschüsse, gegen deren Entscheidung Berufung erhoben wurde,

haben in der Sitzung der Vollversammlung, in der die Berufungsentscheidung getroffen wird, kein Stimmrecht und sind bei der Feststellung der Beschlußfähigkeit nicht mitzuzählen. Die Vollver-

sammlung ist in diesen Fällen abweichend von § 5

Abs. 3 beschlußfähig, wenn die Hälfte derjenigen Börseräte anwesend ist, die nicht an der Sitzung des Ausschusses teilgenommen haben, gegen dessen Entscheidung Berufung erhoben wird. Die stimmberechtigten Mitglieder sind in den Angelegenheiten der Mitgliedschaft und der Besuchsberechtigung keinen Weisungen unterworfen. Diese Entscheidungen der Vollversammlung unterliegen nicht der Abänderung oder Aufhebung im Verwaltungsweg.

Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ist zulässig. Die Beschwerde kann auch vom Bundesminister für Finanzen wegen Rechtswidrigkeit erhoben werden.

(4) Werden an einer Wertpapierbörse sowohl Wertpapiere als auch Optionen und Finanzterminkontrakte gehandelt, so haben der Exekutivausschuß

und der Optionsausschuß bei der Festsetzung der jeweiligen Börsezeit das im Interesse des ordnungsgemäßen Handelsablaufs erforderliche Einvernehmen herzustellen; gelingt dies nicht, so ist die Börsezeit durch die Vollversammlung festzusetzen.

§ 7. (1) Die Ausschußmitglieder sind von der Vollversammlung aus dem Kreis der Börseräte zu wählen. Den Ausschüssen gemäß § 6 Abs. 1 bis 3

gehören neben acht gewählten Börseräten die beiden vom Bundesminister für Finanzen gemäß § 3

Abs. 2 bestellten Börseräte an. Die zu wählenden Mitglieder des Optionsausschusses sind aus dem Kreis jener Börseräte zu wählen, die ein Mitglied gemäß § 15 Abs. 1 Z 1 und 2 vertreten, das am Börsehandel mit Optionen und Finanzterminkontrakten selbst aktiv teilnimmt; diese Voraussetzung gilt jedoch nicht für die erstmalige Einrichtung eines Optionsausschusses für die Dauer eines Jahres von der Einrichtung an. Die Ausschüsse haben selbst einen Vorsitzenden und einen Stellvertreter des Vorsitzenden zu wählen.

(2) Die Ausschüsse werden vom Vorsitzenden einberufen und geleitet; sie sind beschlußfähig,

wenn zumindest die Hälfte der Mitglieder anwesend sind. Die Ausschüsse entscheiden mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag. Im Statut kann die Zulässigkeit von Ausschußbeschlüssen ohne Sitzung...

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