Bundesgesetz vom 7. Juli 1954 zur Bereinigung des Wertpapierwesens (Wertpapierbereinigungsgesetz).

Der Nationalrat hat beschlossen:

  1. ABSCHNITT.

    Wertpapierbereinigung.

    § 1. Anwendungsbereich und Aufruf.

    (1) Das Bundesministerium für Finanzen kann durch Kundmachung im „Amtsblatt zur Wiener Zeitung" inländische Wertpapiere bestimmter Art zur Anmeldung aufrufen, wenn es dies zur Bereinigung der Eigentumsverhältnisse der Wertpapierart für erforderlich hält. Die Kundmachung hat die aufgerufene Wertpapierart und eine Anmeldefrist von sechs Monaten anzugeben. Sie hat darauf hinzuweisen, daß nicht rechtzeitig oder nicht den Vorschriften dieses Bundesgesetzes entsprechend angemeldete Wertpapiere kraftlos werden und die darin verkörperten Ansprüche untergehen (§ 17 Abs. 1).

    (2) Inländische Wertpapiere im Sinne des Abs. 1

    sind Teilschuldverschreibungen und Aktien

    (Zwischenscheine) samt dazugehörigen Zins-, Gewinnanteil-

    und Erneuerungsscheinen, die vor Wirksamkeitsbeginn dieses Bundesgesetzes von einer inländischen Gebietskörperschaft oder einer anderen juristischen Person mit dem Sitz im Inland ausgestellt worden sind; ferner Wertpapiere,

    die im Zeitpunkt der Verstaatlichung gemäß dem Verstaatlichungsgesetz, BGBl. Nr. 168/1946, und dem 2. Vestaatlichungsgesetz, BGBl. Nr. 81/1947,

    über verstaatlichte Anteilsrechte ausgestellt gewesen sind. Inländische Wertpapiere gelten als im Inland belegen.

    (3) Auf die vor dem 31. März 1945 entstandenen Ansprüche auf Verschaffung des Eigentums an erst später auszugebenden Wertpapieren sind die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes über Girosammeistücke sinngemäß anzuwenden.

    (4) Der Aussteller einer Wertpapierart kann beim Bundesministerium für Finanzen beantragen,

    daß diese Wertpapierart nicht aufgerufen werde. Gibt das Bundesministerium für Finanzen dem Antrag statt, so hat es binnen sechs Monaten nach Einlangen des Antrages im „Amtsblatt zur Wiener Zeitung" kundzumachen, daß die Wertpapierart nicht aufgerufen werden wird.

    (5) Das Bundesministerium für Finanzen kann auch von Amts wegen im „Amtsblatt zur Wiener Zeitung" kundmachen, welche Wertpapierarten nicht aufgerufen werden.

    § 2. Auskunftspflicht des Ausstellers.

    (1) Auf Verlangen des Bundesministeriums für Finanzen hat der Aussteller von inländischen Wertpapieren binnen zwei Wochen nach Einlangen der Aufforderung die von ihm ausgestellten Wertpapierarten, die ausgegebenen und noch im Umlauf befindlichen Gesamtnennbeträge, die Stückelung, den Zeitpunkt der Ausgabe und die sonstigen Merkmale der Wertpapierarten sowie der dazugehörigen Zins-, Gewinnanteil- und Erneuerungsscheine in zweifacher Ausfertigung anzugeben und glaubhaft zu machen.

    (2) Die Österreichische Kontrollbank Aktiengesellschaft hat die verlosten aufgerufenen Wertpapiere des von ihr verwahrten Girosammelbestandes,

    soweit sie vom Aussteller eingelöst worden sind, dem Bundesministerium für Finanzen bekanntzugeben; diese Wertpapiere gelten im Bereinigungsverfahren als noch im Umlauf befindlich.

    § 3. Anmeldestellen und Prüfstelle.

    Das Bundesministerium für Finanzen kann die Durchführung des Anmeldeverfahrens inländischen Kreditunternehmungen (Anmeldestellen)

    und die Durchführung des Prüfungsverfahrens der Österreichischen Kontrollbank Aktiengesellschaft

    (Prüfstelle) übertragen; die als Anmeldestelle oder Prüfstelle betrauten Kreditunternehmungen handeln hiebei im Namen des Bundesministeriums für Finanzen. Macht das Bundesministerium für Finanzen von dieser Ermächtigung Gebrauch, so sind in der Kundmachung (§ 1

    Abs. 1) die Anmeldestellen und die Prüfstelle anzugeben.

    Andernfalls nimmt die in diesem Bundesgesetz den Anmeldestellen und der Prüfstelle

    übertragenen Aufgaben das Bundesministerium für Finanzen wahr.

    § 4. Gruppen der Wertpapiere.

    (1) Die anzumeldenden Wertpapiere werden in folgende Gruppen eingeteilt:

    1. Gruppe (bestätigte Stücke).

      Wertpapiere, die bei der Anmeldung vorgelegt werden und a) die nach den hiebei vorgelegten Bestätigungen inländischer Kreditunternehmungen seit dem 31. März 1945 ununterbrochen von inländischen Kreditunternehmungen in Sonderverwahrung aufbewahrt werden (Depotstücke)

      oder b) über die nach den hiebei vorgelegten Bestätigungen inländischer Kreditunternehmungen der Eigentümer oder einer seiner Rechtsvorgänger vor dem 31. März 1945

      verfügungsberechtigt war (Dauerstücke) oder c) die nach den hiebei vorgelegten Bestätigungen inländischer Kreditunternehmungen vom Eigentümer oder einem seiner Rechtsvorgänger seit dem 31. März 1945

      bis zur Kundmachung (§ 1 Abs. 1) bei Wertpapieren, deren Lieferbarkeit im Börsehandel nach Anordnung der Wiener Börse an eine Lieferbarkeitsbescheinigung gebunden ist, bis zu dieser Anordnung im bankgeschäftlichen Verkehr im Inland erworben worden sind (erworbene Stücke) oder d) die mit einer Lieferbarkeitsbescheinigung der Wiener Börse ausgestattet sind (bescheinigte Stücke).

    2. Gruppe (rückgeführte Stücke).

      Wertpapiere, die bei der Anmeldung vorgelegt werden und die nach der hiebei vorgelegten Bestätigung der Oesterreichischen Nationalbank zwischen dem 31. März 1945 und dem 31. Juli 1953 aus dem Ausland nach Österreich zurückgeführt und der Oesterreichischen Nationalbank in Verwahrung gegeben worden sind.

    3. Gruppe (unbestätigte Stücke).

      Wertpapiere, die bei der Anmeldung vorgelegt werden, ohne daß ein Nachweis nach Z. 1 lit. a bis d oder Z. 2 erbracht wird.

    4. Gruppe (Ediktalstücke).

      Wertpapiere, deren Kraftloserklärung beschlossen worden und bis zum Tage der Kundmachung des Aufrufes der Wertpapierart rechtskräftig geworden ist; sofern Ersatzurkunden ausgegeben worden sind, wenn diese bei der Anmeldung vorgelegt werden.

    5. Gruppe (Verluststücke mit Nummernangabe).

      Abhanden gekommene oder vernichtete Wertpapiere,

      sofern ihre Merkmale einschließlich der Nummern, deren Verlust und das in der Anmeldung angegebene Eigentum an diesen Wertpapieren nachgewiesen oder glaubhaft gemacht werden. Als abhanden gekommen gelten auch Wertpapiere, über welche die Eigentümer infolge einer im Inland nicht rechtswirksamen Maßnahme nicht verfügen können.

    6. Gruppe (Verluststücke ohne Nummernangabe).

      Abhanden gekommene oder vernichtete Wertpapiere,

      deren Nummern in der Anmeldung nicht angegeben werden, sofern ihre sonstigen Merkmale, ihr Verlust und das in der Anmeldung angegebene Eigentum an diesen Wertpapieren nachgewiesen oder glaubhaft gemacht werden. Als abhanden gekommen gelten auch Wertpapiere, über welche die Eigentümer infolge einer im Inland nicht rechtswirksamen Maßnahme nicht verfügen können.

    7. Gruppe (Girosammelstücke).

      Wertpapiere, die Wertpapiersammelbanken zur Sammelverwahrung anvertraut worden sind.

      (2) Wertpapiere, bei denen die Voraussetzungen für die 1. und 4. Gruppe zutreffen, gehören in die 1. Gruppe.

      (3) Die für die 1. Gruppe (lit. a bis c) vorgesehenen Bestätigungen dürfen von inländischen Kreditunternehmungen nur auf den vom Bundesministerium für Finanzen ausgegebenen Vordrucken ausgestellt werden; die Kreditunternehmungen haben diese Vordrucke mit besonderer Sorgfalt zu verwahren und zu verwenden.

      (4) Namensaktien und Zwischenscheine, deren

      Ãœbertragung an die Zustimmung der Gesellschaft gebunden ist, werden auch dann, wenn diese Zustimmung fehlt, in der Gruppe bereinigt,

      in die sie gehören würden, wenn die Zustimmung der Gesellschaft zum Erwerb nicht mangelte.

      § 5. Anmelder.

      (1) Der Eigentümer hat die aufgerufenen Wertpapiere anzumelden.

      (2) Befindet sich jedoch ein aufgerufenes Wertpapier im Zeitpunkt der Anmeldung bei einer inländischen Kreditunternehmung in Sonderverwahrung,

      so hat es nur die Kreditunternehmung anzumelden; im Falle der Drittverwahrung von in Sonderverwahrung gegebenen Wertpapieren,

      kann, wenn eine inländische Kreditunternehmung erster Zwischenverwahrer ist, nur diese, sonst nur der Eigentümer anmelden.

      (3) Den Anteil am Sammelbestand von Wertpapiersammelbanken aufgerufener Wertpapiere

      (Girosammeistücke) hat, wenn der erste Zwischenverwahrer eine inländische Kreditunternehmung ist, diese, sonst nur der Eigentümer anzumelden.

      (4) Kreditunternehmungen dürfen jedoch Wertpapiere nach Abs. 2 und 3 nicht anmelden,

      wenn sie diese für andere — inländische oder ausländische — Kreditunternehmungen verwahren.

      (5) Namensaktien und Zwischenscheine, deren

      Übertragung an die Zustimmung der Gesellschaft gebunden ist, sind durch oder für den Anmelder anzumelden, der Eigentümer wäre, wenn er die Zustimmung der Gesellschaft zum Erwerb hätte.

      (G) Steht ein Wertpapier oder ein Anteil am Sammelbestand im Miteigentum, so wirkt die Anmeldung durch oder für einen Miteigentümer auch für die anderen.

      (7) Verpfändete Wertpapiere kann auch der Pfandgläubiger anmelden, sofern nicht eine inländische Kreditunternehmung anzumelden hat

      (Abs. 2 und 3).

      Anmeldung.

      § 6. (1) Die Anmeldung hat den Namen und die Anschrift des Eigentümers und, falls dieser vom Anmelder verschieden ist, auch des Anmelders zu enthalten. Befindet sich jedoch ein Wertpapier in Sonder- oder Girosammeiverwahrung einer inländischen Kreditunternehmung, so hat diese bei der Anmeldung von Wertpapieren der 1., 2. und 7. Gruppe an Stelle des Namens und der Anschrift des Eigentümers die Depotnummer anzugeben. Die Anmeldung ist vom Anmelder zu unterschreiben. In eine Anmeldung können nur Wertpapiere derselben Wertpapierart aufgenommen werden.

      (2) In der Anmeldung hat der Anmelder die Wertpapiergruppe, in die nach seiner Behauptung das angemeldete Wertpapier fällt, und die hiefür maßgebenden Tatsachen sowie Beweis(Bescheinigungs)

      mittel anzugeben und die Beweisurkunden hiefür vorzulegen.

      (3) Die inländischen ersten Zwischenverwahrer von Girosammeistücken (7. Gruppe) haben ihren Girosammelbestand bei der Wertpapiersammelbank und bei weiteren Zwischenverwahrern mit dem Stand des Ablaufes der Anmeldefrist der Prüfstelle bekanntzugeben und auf ihr Verlangen nachzuweisen. Dies...

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