Bundesgesetz vom 30. März 1949 über die Einbringung und Sicherung der öffentlichen Abgaben (Abgabenexekutionsordnung ? Abg. E. O.)

Der Nationalrat hat beschlossen:

  1. HAUPTSTÃœCK.

    Allgemeine Grundsätze.

    § 1. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten für die Einbringung der öffentlichen Abgaben und Beiträge im Sinn, der §§ 1 und 2 des Bundesgesetzes vom 30. März 1949, B. G. Bl.

    Nr. 103, über die Voraussetzungen der Einhebung der öffentlichen Abgaben (Abgabeneinhebungsgesetz

    — Abg.E.G.).

    § 2. Die Abgaben des Bundes, die durch die Bundesfinanzverwaltung eingegebenen Abgaben der Länder, der Stadt Wien, der Gemeindeverbände und der Gemeinden sowie die durch die Bundesfinanzverwaltung eingehobenen Beiträge an öffentliche Fonds und an Körperschaften des

    öffentlichen Rechtes werden im finanzbehördlichen oder im gerichtlichen Vollstreckungsverfahren eingebracht.

    § 3. (1) Eine Vollstreckung auf bewegliche körperliche Sachen, auf grundbücherlich nicht sichergestellte Geldforderungen und auf Ansprüche auf Herausgabe und Leistung beweglicher körperlicher Sachen kann im finanzbehördlichen oder im gerichtlichen Vollstreckungsverfahren durchgeführt werden.

    (2) Bei allen übrigen Vollstreckungsarten ist nur ein gerichtliches Vollstreckungsverfahren zulässig. Die Führung eines solchen Verfahrens schließt die gleichzeitige Führung eines finanzbehördlichen oder gerichtlichen Vollstreckungsverfahrens gemäß Abs. (1) nicht aus. Das Offenbarungseidverfahren obliegt nur den Gerichten.

  2. HAUPTSTÃœCK.

    Finanzbehördliches Vollstreckungs- und Sicherungsverfahren.

  3. TEIL.

    Vollstreckung.

  4. Abschnitt.

    Allgemeine Bestimmungen.

    Exekutionstitel.

    § 4. Als Exekutionstitel für die Vollstreckung von Abgabenansprüchen kommen die über Abgaben ausgestellten Rückstandsausweise in Betracht.

    Durchführung der Vollstreckung.

    § 5. (1) Vollstreckungsbehörde erster Instanz ist das Finanzamt. Örtlich zuständig ist in der Regel das Amt, dem die Einhebung der Abgabe obliegt,

    es kann jedoch das Amt, in dessen Amtsbereich die Vollstreckungshandlung vorzunehmen ist,

    um deren Durchführung ersuchen. Zölle sind auf Ersuchen der Zolldienststellen durch das nach dem Wohnsitz des Abgabenschuldners zuständige Finanzamt einzubringen. Vollstreckungsbehörde zweiter Instanz ist die dem vollstreckenden Finanzamt übergeordnete Finanzlandesdirektion.

    (2) Das Finanzamt hat die Vollstreckung von Amts wegen einzuleiten und durchzuführen;

    es bedient sich hiebei der Vollstrecker.

    (3) Die Vollstrecker haben sich bei Durchführung der erteilten Aufträge durch Aushändigung des Vollstreckungsauftrages auszuweisen, sich innerhalb des ihnen durch das Gesetz zugewiesenen Wirkungskreises zu halten und die im einzelnen Fall vom Finanzamt gegebenen besonderen Weisungen genau zu beobachten.

    (4) Die Vollstrecker sind berechtigt, die durch die Vollstreckung zu erzwingenden Zahlungen und sonstigen Leistungen in Empfang zu nehmen und über das Empfangene zu quittieren.

    § 6. (1) Der Vollstrecker ist befugt, soweit es der Zweck der Vollstreckung enheischt, die Wohnung des Abgabenschuldners, dessen Behältnisse und, wenn nötig, mit entsprechender Schonung der Person, selbst die von ihm getragenen Kleider zu durchsuchen. Verschlossene Haus- und Zimmertüren und verschlossene Behältnisse darf er zum Zwecke der Vollstreckung eröffnen lassen.

    Falls jedoch weder der Abgabenschuldner noch eine zu seiner Familie gehörige oder eine von ihm zur Obsorge bestellte erwachsene Person anwesend wäre, sind den vorerwähnten Vollstreckungshandlungen zwei vertrauenswürdige,

    großjährige Personen als Zeugen beizuziehen.

    (2) Der Vollstrecker kann behufs Beseitigung eines ihm entgegengesetzten Widerstandes die Unterstützung der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes unmittelbar in Anspruch nehmen.

    § 7. (1) Soweit erforderlich, können im finanzbehördlichen Vollstreckungsverfahren mehrere der in § 3, Abs. (1), genannten Vollstreckungsarten gleichzeitig angewendet werden.

    (2) Die Vollstreckung darf nicht in weiterem Umfange vollzogen werden, als es zur Verwirklichung des Anspruches notwendig ist.

    (3) Auf die bis zur Befriedigung voraussichtlich noch erwachsenden Kosten ist Bedacht zu nehmen.

    (4) Die Verfügungen des Vollstreckungsverfahrens können, sofern dieses Bundesgesetz nichts anderes bestimmt, schon vor Ablauf der Rechtsmittelfrist (§ 22) in Vollzug gesetzt werden.

    § 8. (1) Die gesetzlichen Vorschriften, zufolge deren gewisse Sachen dem Verkehr überhaupt entzogen oder in Ansehung der Veräußerung und des Eigentumserwerbs Beschränkungen unterworfen sind, behalten auch für das finanzbehördliche Vollstreckungsverfahren ihre Geltung.

    (2) Ebenso bleiben die gesetzlichen Vorschriften sowie die in Staatsverträgen enthaltenen Vereinbarungen unberührt, wodurch gewisse Sachen und Forderungen der Vollstreckung wegen Geldforderungen oder einem zugunsten von Geldforderungen stattfindenden Sicherungsverfahren ganz entzogen oder derlei Vollstreckungs- und Sicherungsmaßregeln in Ansehung solcher Sachen, Rechte und Forderungen nur in bestimmten Grenzen und unter bestimmten Beschränkungen zugelassen werden.

    (3) Gegen eine Gemeinde oder gegen eine durch Ausspruch einer Verwaltungsbehörde als öffentlich und gemeinnützig erklärte Anstalt kann die Vollstreckung nur in Ansehung solcher Vermögensbestandteile durchgeführt werden, welche ohne Beeinträchtigung der durch die Gemeinde oder jene Anstalt zu wahrenden öffentlichen Interessen zur Befriedigung verwendet werden können. Zur Abgabe der Erklärung, inwieweit letzteres hinsichtlich bestimmter Vermögensbestandteile zutrifft, sind die staatlichen Verwaltungsbehörden berufen.

    (4) In das Eigentum einer unter staatlicher Aufsicht stehenden, dem öffentlichen Verkehre dienenden Anstalt dürfen Vollstreckungshandlungen,

    welche geeignet wären, die Aufrechterhaltung des öffentlichen Verkehres zu stören, nur im Einvernehmen mit der Aufsichtsbehörde und unter den von dieser Behörde im Interesse des

    öffentlichen Verkehres für notwendig befundenen Einschränkungen vorgenommen werden.

    (5) Auf das zur Instandhaltung und zum Betriebe von Dampfschiffahrt-, Flußüberfuhr-,

    Telegraphen-, Telephonunternehmungen und

    öffentlichen Lagerhäusern gehörige, im Besitze der Unternehmung befindliche Material findet eine abgesonderte Vollstreckung nicht statt.

    (6) Die von Lottokollektanten für Rechnung des Bundes eingehobenen Gelder können zugunsten von Ansprüchen, die wider den Lottokollektanten gerichtet sind, weder in Exekution gezogen noch durch Sicherungsmaßregeln getroffen werden. Die gesetzlichen Vorschriften über die Unzulässigkeit der Vollstreckung auf Lottogewinste und Gewinste der Klassenlotterie bleiben unberührt.

    § 9. (1) An Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen sowie zur Nachtzeit dürfen Vollstreckungshandlungen nur in dringlichen Fällen mit Erlaubnis des Vorstandes des Finanzamtes oder seines Vertreters vorgenommen werden.

    (2) Die Verfügung, durch die die Erlaubnis erteilt wird, ist dem Abgabenschuldner auf Verlangen bei der Vollstreckungshandlung in schriftlicher Fassung vorzuweisen.

    (3) Die Erteilung dieser Erlaubnis kann durch ein Rechtsmittel nicht angefochten werden.

    § 10. In der Wohnung einer die Exterritorialität in Österreich genießenden Person können Vollstreckungshandlungen nur mit Zustimmung des Bundeskanzleramtes, Auswärtige Angelegenheiten,

    vorgenommen werden.

    § 11. Alle an einer Vollstreckungshandlung Beteiligten können bei der Vornahme anwesend sein. Personen, welche die Vollstreckungshandlung stören oder sich unangemessen betragen,

    können vom Vollstrecker entfernt werden.

    Einwendungen gegen den Anspruch.

    § 12. (1) Gegen den Anspruch können im Zuge des finanzbehördlichen Vollstreckungsverfahrens nur insofern Einwendungen erhoben werden,

    als diese auf den Anspruch aufhebenden oder hemmenden Tatsachen beruhen, die erst nach Entstehung des diesem Verfahren zugrunde liegenden Exekutionstitels eingetreten sind.

    (2) Die Einwendungen sind bei jenem Finanzamt anzubringen, von welchem der Exekutionstitel ausgegangen ist.

    (3) Alle Einwendungen, die der Abgabenschuldner zur Zeit der Antragstellung vorzubringen imstande war, müssen bei sonstigem Ausschluß

    gleichzeitig geltend gemacht werden.

    (1) Wenn den Einwendungen rechtskräftig stattgegeben wird, ist die Vollstreckung einzustellen.

    Einwendungen gegen die Durchführung der Vollstreckung.

    § 13. (1) Wenn der Abgabenschuldner bestreitet,

    daß die Vollstreckbarkeit eingetreten ist oder wenn er behauptet, daß das Finanzamt auf die Einleitung der Vollstreckung überhaupt oder für eine einstweilen noch nicht abgelaufene Frist verzichtet hat, so hat er seine bezüglichen Einwendungen beim Finanzamt [§ 12, Abs. (2)] geltend zu machen.

    (2) Die Bestimmungen des § 12, Abs. (3) und

    (4), finden sinngemäß Anwendung.

    Widerspruch Dritter.

    § 14. (1) Gegen die Vollstreckung kann auch von einer drittem Person Widerspruch erhoben wenden, wenn dieselbe an einem durch die Vollstreckung betroffenen Gegenstande oder an einem Teile eines solchen ein Recht behauptet, welches die Vornahme der Vollstreckung unzulässig machen würde.

    (2) Wird einem solchen Widerspruch nicht vom Finanzamt dadurch Rechnung getragen, daß es die Vollstreckung auf den vom Widerspruch betroffenen Gegenstand einstellt, so ist der Widerspruch bei Gericht mittels Klage geltend zu machen; die Klage kann zugleich gegen die Republik Österreich und gegen den Abgabenschuldner gerichtet werden,

    welche in diesem Faille alls Streitgenossen zu behandeln sind.

    (3) Für die Klage ist das Bezirksgericht zuständig,

    in dessen Sprengel sich zur Zeit der Anbringung der Klage die Gegenstände ganz oder zum Teil befinden, an welchen die behaupteten Rechte bestehen sollen.

    (4) Wenn der Klage rechtskräftig stattgegeben wird, ist die Vollstreckung einzustellen.

    (5) Die Bewilligung der Aufschiebung abliegt diesfalls dem Gericht (§ 44 E. O.).

    Berichtigung des Exekutionstitels.

    § 15. (1) Auf Antrag des Abgabenschuldners kann der Exekutionstitel (§ 4) wegen offenbarer Unrichtigkeiten berichtigt...

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