Bundesgesetz vom 4. Dezember 1979 über die Auslieferung und die Rechtshilfe in Strafsachen (Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz ? ARHG)

Der Nationalrat hat beschlossen:

  1. HAUPTSTÃœCK Allgemeine Bestimmungen Vorrang zwischenstaatlicher Vereinbarungen

    § 1. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes finden nur insoweit Anwendung, als in zwischenstaatlichen Vereinbarungen nichts anderes bestimmt ist.

    Allgemeiner Vorbehalt

    § 2. Einem ausländischen Ersuchen darf nur entsprochen werden, wenn die öffentliche Ordnung oder andere wesentliche Interessen der Republik Österreich nicht verletzt werden.

    Gegenseitigkeit

    § 3. (1) Einem ausländischen Ersuchen darf nur entsprochen werden, wenn gewährleistet ist, daß auch der ersuchende Staat einem gleichartigen

    österreichischen Ersuchen entsprechen würde.

    (2) Ein Ersuchen nach diesem Bundesgesetz darf von einer österreichischen Behörde nicht gestellt werden, wenn einem gleichartigen Ersuchen eines anderen Staates nicht entsprochen werden könnte, es sei denn, daß ein Ersuchen aus besonderen Gründen dringend geboten erscheint.

    In diesem Fall ist der ersuchte Staat auf das Fehlen der Gegenseitigkeit hinzuweisen.

    (3) Ist die Einhaltung der Gegenseitigkeit zweifelhaft,

    so ist hierüber eine Auskunft des Bundesministers für Justiz einzuholen.

    (4) Einem anderen Staat kann im Zusammenhang mit einem Ersuchen nach diesem Bundesgesetz die Gegenseitigkeit zugesichert werden,

    wenn eine zwischenstaatliche Vereinbarung nicht besteht und wenn es nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zulässig wäre, einem gleichartigen Ersuchen dieses Staates zu entsprechen.

    Bedingungen

    § 4. Bedingungen, die ein anderer Staat anläßlich der Bewilligung einer Auslieferung,

    Durchlieferung oder Ausfolgung, der Leistung von Rechtshilfe oder im Zusammenhang mit der

    Übernahme der Strafverfolgung, der Überwachung oder der Vollstreckung gestellt hat und die nicht zurückgewiesen wurden, sind einzuhalten.

    Kosten

    § 5. Kosten, die durch die Bewilligung einer Auslieferung oder Ausfolgung, durch die Leistung von Rechtshilfe oder im Zusammenhang mit der Übernahme der Strafverfolgung, der

    Überwachung oder der Vollstreckung im Inland entstanden sind, hat die Republik Österreich zu tragen, sofern auch insoweit die Gegenseitigkeit gewährleistet ist. Für die durch Leistung von Rechtshilfe entstandenen Sachverständigengebühren sowie für Kosten einer Durchlieferung ist stets Ersatz durch den ersuchenden Staat zu verlangen.

    Vorschriften über die Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr

    § 6. Die in zoll-, devisen- oder monopolrechtlichen Vorschriften oder in Vorschriften über den Warenverkehr enthaltenen Beschränkungen oder Verbote der Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr von Gegenständen, einschließlich von Waren und Werten, stehen der nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zulässigen Ausfolgung,

    Durchbeförderung oder Übersendung von Gegenständen nicht entgegen.

    Reisedokumente

    § 7. Personen, die nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes einem anderen Staat übergeben oder von einem anderen Staat übernommen werden, benötigen für den Grenzübertritt weder ein Reisedokument (Reisepaß oder Paßersatz)

    noch einen Sichtvermerk.

    Vorbeugende Maßnahmen

    § 8. Eine vorbeugende Maßnahme im Sinne dieses Bundesgesetzes ist eine mit Freiheitsent-

    ziehung verbundene Maßnahme, die durch eine in den Strafgesetzen vorgesehene gerichtliche Entscheidung neben oder an Stelle einer Strafe ausgesprochen wird. Ist die Dauer einer noch zu vollziehenden Maßnahme unbestimmt, so ist von dem gesetzlich zulässigen Höchstmaß auszugehen.

    Anwendung der Strafprozeßordnung

    § 9. (1) Soweit sich aus den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes nichts anderes ergibt, ist die Strafprozeßordnung 1975 sinngemäß anzuwenden.

    (2) Auf das Verfahren zur Auslieferung von Personen sind die §§ 46 bis 50, 100 und 381 bis 392 der Strafprozeßordnung 1975 nicht, § 45

    1. 2 bis 4 aber nur mit der Maßgabe anzuwenden,

    daß an die Stelle der Mitteilung der Anklageschrift der Zeitpunkt der Äußerung der Ratskammer (§ 31 Abs. 2) tritt.

    (3) Von der Verfolgung einer strafbaren Handlung kann der Staatsanwalt absehen, wenn sich die österreichische Strafgerichtsbarkeit nur auf

    § 65 Abs. 1 Z. 2 des Strafgesetzbuches gründet und öffentliche Interessen dem Absehen von der Verfolgung nicht entgegenstehen, insbesondere eine Bestrafung nicht geboten ist, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken.

    (4) Soll die Überwachung eines von einem ausländischen Gericht Verurteilten übernommen oder die Entscheidung eines ausländischen Gerichtes vollstreckt werden, so kann der Staatsanwalt von der Verfolgung der der ausländischen Verurteilung zugrunde liegenden strafbaren Handlung absehen, wenn anzunehmen ist, daß

    das inländische Gericht keine erheblich strengere Strafe oder vorbeugende Maßnahme als die vom ausländischen Gericht ausgesprochene verhängen würde.

  2. HAUPTSTÜCK Auslieferung aus Österreich ERSTER ABSCHNITT Zulässigkeit der Auslieferung Allgemeiner Grundsatz

    § 10. Eine Auslieferung von Personen an einen anderen Staat zur Verfolgung wegen einer mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlung oder zur Vollstreckung einer wegen einer solchen Handlung verhängten Freihteitsstrafe oder vorbeugenden Maßnahme ist auf Ersuchen eines anderen Staates nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zulässig.

    Strafbare Handlungen, die der Auslieferung unterliegen

    § 11. (1) Eine Auslieferung zur Verfolgung ist wegen vorsätzlich begangener Handlungen zulässig,

    die nach dem Recht des ersuchenden Staates mit einer mehr als einjährigen Freiheitsstrafe oder mit einer vorbeugenden Maßnahme dieser Dauer und nach österreichischem Recht mit einer mehr als einjährigen Freiheitsstrafe bedroht sind.

    Bei der Beurteilung, ob eine strafbare Handlung zu einer Auslieferung Anlaß gibt, ist nicht von den durch § 11 Z. 1 des Jugendgerichtsgesetzes 1961 geänderten Strafdrohungen auszugehen. Ob ein nach österreichischem Recht zur Verfolgung notwendiger Antrag oder eine solche Ermächtigung vorliegt, ist unbeachtlich.

    (2) Eine Auslieferung zur Vollstreckung ist zulässig, wenn die Freiheitsstrafe oder vorbeugende Maßnahme wegen einer oder mehrerer der in Abs. 1 angeführten strafbaren Handlungen ausgesprochen worden ist und noch mindestens vier Monate zu vollstrecken sind. Mehrere Freiheitsstrafen oder ihre zu vollstreckenden Reste sind zusammenzurechnen.

    (3) Ist nach den Bestimmungen der Abs. 1

    oder 2 eine Auslieferung zulässig, so darf zusätzlich auch zur Verfolgung wegen anderer strafbarer Handlungen oder zur Vollstreckung von anderen Freiheitsstrafen oder vorbeugenden Maßnahmen ausgeliefert werden, wenn sonst wegen der Höhe der Strafdrohung (Abs. 1) oder des Ausmaßes der Strafe oder Maßnahme (Abs. 2)

    nicht ausgeliefert werden dürfte.

    Verbot der Auslieferung österreichischer Staatsbürger

    § 12. (Verfassungsbestimmung) (1) Eine Auslieferung

    österreichischer Staatsbürger ist unzulässig.

    (2) Abs. 1 steht der Zurückstellung eines den

    österreichischen Behörden von einer ausländischen Behörde zur Durchführung bestimmter Verfahrenshandlungen oder im Zusammenhang mit der Leistung von Rechtshilfe nur vorläufig übergebenen

    österreichischen Staatsbürgers nicht entgegen.

    Vorrang der Auslieferung

    § 13. Ist ein Auslieferungsverfahren gegen einen Ausländer anhängig oder liegen hinreichende Gründe für die Einleitung eines solchen Verfahrens vor, so ist es unzulässig, ihn auf Grund anderer gesetzlicher Bestimmungen außer Landes zu bringen.

    Strafbare Handlungen politischen Charakters

    § 14. Eine Auslieferung ist unzulässig 1. wegen politischer strafbarer Handlungen,

    1. wegen anderer strafbarer Handlungen,

      denen politische Beweggründe oder Ziele zugrunde liegen, es sei denn, daß unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles,

      insbesondere der Art der Begehung,

      der angewendeten oder angedrohten Mittel oder der Schwere der eingetretenen oder beabsichtigten Folgen, der kriminelle Charakter der Tat den politischen überwiegt.

      Militärische und fiskalische strafbare Handlungen

      § 15. Eine Auslieferung wegen strafbarer Handlungen,

      die nach österreichischem Recht ausschließlich 1. militärischer Art sind, oder 2. in der Verletzung von Abgaben-, Monopol-,

      Zoll- oder Devisenvorschriften oder von Vorschriften über die Warenbewirtschaftung oder über den Außenhandel bestehen,

      ist unzulässig.

      Österreichische Gerichtsbarkeit

      § 16. (1) Eine Auslieferung wegen strafbarer Handlungen, die der österreichischen Gerichtsbarkeit unterliegen, ist unzulässig.

      (2) Abs. 1 steht einer Auslieferung jedoch nicht entgegen,

    2. wenn die Gerichtsbarkeit nur stellvertretend für einen anderen Staat ausgeübt wird,

      oder 2. wenn der Durchführung des Strafverfahrens im ersuchenden Staat mit Rücksicht auf besondere Umstände, insbesondere aus Gründen der Wahrheitsfindung, der Strafbemessung oder der Vollstreckung der Vorzug zu geben ist.

      (3) Auch unter den Voraussetzungen des Abs. 2

      ist eine Auslieferung dann unzulässig, wenn die auszuliefernde Person im Inland bereits rechtskräftig verurteilt, rechtskräftig freigesprochen oder aus anderen als den im § 9 Abs. 3 angeführten Gründen außer Verfolgung gesetzt worden ist. Im Fall des Abs. 2 Z. 2 ist eine Auslieferung

      überdies dann unzulässig, wenn zu besorgen ist, daß die auszuliefernde Person durch eine Verurteilung im anderen Staat in der Gesamtauswirkung erheblich schlechter gestellt wäre als nach österreichischem Recht.

      Gerichtsbarkeit eines dritten Staates

      § 17. Eine Auslieferung ist unzulässig, wenn die auszuliefernde Person wegen der strafbaren Handlung 1. von einem Gericht des Tatortstaates rechtskräftig freigesprochen oder sonst außer Verfolgung gesetzt worden ist, oder 2. von einem Gericht eines dritten Staates rechtskräftig verurteilt worden ist und die Strafe ganz vollstreckt oder zur Gänze oder für den noch nicht vollstreckten Teil nachgesehen worden ist oder ihre Vollstreckbarkeit nach dem Recht des dritten Staates verjährt ist.

      Verjährung

      § 18. Eine Auslieferung ist...

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