Bundesgesetz vom 30. Juni 1977 über die Neuordnung des Kindschaftsrechts

Der Nationalrat hat beschlossen:

ARTIKEL I

Änderungen des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuchs Das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch vom 1. Juni 1811, JGS Nr. 946, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 91/1976, wird wie folgt geändert:

  1. Die Überschrift zum Dritten Hauptstück des Ersten Teiles und die §§ 137 bis 150 samt den dazugehörenden Randschriften haben zu lauten:

    „Drittes Hauptstück Von den Rechten zwischen Eltern und Kindern Allgemeine Rechte und Pflichten

    § 137. Die Eltern haben für die Erziehung ihrer minderjährigen Kinder zu sorgen und überhaupt ihr Wohl zu fördern.

    Eltern und Kinder haben einander beizustehen,

    die Kinder ihren Eltern Achtung entgegenzubringen.

    Die Rechte und Pflichten des Vaters und der Mutter sind, soweit in diesem Hauptstück nicht anderes bestimmt ist, gleich.

    § 137 a. Dritte dürfen in die elterlichen Rechte nur insoweit eingreifen, als ihnen dies durch die Eltern selbst, unmittelbar auf Grund des Gesetzes oder durch eine behördliche Verfügung gestattet ist.

    Vermutung der Ehelichkeit

    § 138. Wird ein Kind nach der Eheschließung und vor Ablauf des 302. Tages nach Auflösung oder Nichtigerklärung der Ehe seiner Mutter geboren, so wird vermutet, daß es ehelich ist.

    Diese Vermutung kann nur durch eine gerichtliche Entscheidung widerlegt werden, mit der festgestellt wird, daß das Kind nicht vom Ehemann der Mutter abstammt.

    Träfe die Vermutung des Abs. 1 auch auf einen Mann zu, mit dem die Mutter nach Eingehung,

    Auflösung oder Nichtigerklärung ihrer Ehe eine weitere Ehe geschlossen hat, so gilt sie nur für diesen Mann. Wird die diesbezügliche Abstammung des Kindes mit Erfolg bestritten,

    so gilt die Vermutung mit dem Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung für den ersten Ehemann; frühestens mit diesem Zeitpunkt beginnt für ihn die Frist zur Bestreitung der Ehelichkeit.

    Rechtsverhältnisse zwischen Eltern und ehelichen Kindern

    § 139. Das eheliche Kind erhält den gemeinsamen Familiennamen der Eltern. Stimmen die Familiennamen des Vaters und der Mutter nicht

    überein, so erhält das Kind den letzten gemeinsamen Familiennamen der Eltern, sofern ihn ein Elternteil im Zeitpunkt der Geburt des Kindes noch führt; sonst oder in Ermangelung eines früheren gemeinsamen Familiennamens den Familiennamen des Vaters.

    § 140. Die Eltern haben zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse des Kindes unter Berücksichtigung seiner Anlagen,

    Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten nach ihren Kräften anteilig beizutragen.

    Der Elternteil, der den Haushalt führt, in dem er das Kind betreut, leistet dadurch seinen Beitrag.

    Darüber hinaus hat er zum Unterhalt des Kindes beizutragen, soweit der andere Elternteil zur vollen Deckung der Bedürfnisse des Kindes nicht imstande ist oder mehr leisten müßte, als es seinen eigenen Lebensverhältnissen angemessen wäre.

    Der Anspruch auf Unterhalt mindert sich insoweit,

    als das Kind eigene Einkünfte hat oder unter Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse selbsterhaltungsfähig ist.

    § 141. Soweit die Eltern nach ihren Kräften zur Leistung des Unterhalts nicht imstande sind,

    schulden ihn die Großeltern nach den den Lebensverhältnissen der Eltern angemessenen Bedürfnissen des Kindes. Im übrigen gilt der § 140 sinngemäß;

    der Unterhaltsanspruch eines Enkels mindert sich jedoch auch insoweit, als ihm die Heranziehung des Stammes eigenen Vermögens zumutbar ist. Überdies hat ein Großelternteil nur insoweit Unterhalt zu leisten, als er dadurch bei Berücksichtigung seiner sonstigen Sorgepflichten den eigenen angemessenen Unterhalt nicht gefährdet.

    § 142. Die Schuld eines Elternteils, dem Kind den Unterhalt zu leisten, geht bis zum Wert der Verlassenschaft auf seine Erben über. In den Anspruch des Kindes ist alles einzurechnen, was das Kind nach dem Erblasser durch eine vertragliche oder letztwillige Zuwendung, als gesetzlichen Erbteil, als Pflichtteil oder durch eine öffentlichrechtliche oder privatrechtliche Leistung erhält.

    Reicht der Wert der Verlassenschaft nicht aus, um dem Kind den geschuldeten Unterhalt bis zum voraussichtlichen Eintritt der Selbsterhaltungsfähigkeit zu sichern, so mindert sich der Anspruch des Kindes entsprechend.

    § 143. Das Kind schuldet seinen Eltern und Großeltern unter Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse den Unterhalt, soweit der Unterhaltsberechtigte nicht imstande ist, sich selbst zu erhalten, und sofern er seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind nicht gröblich vernachlässigt hat.

    Die Unterhaltspflicht der Kinder steht der eines Ehegatten, eines früheren Ehegatten, von Vorfahren und von Nachkommen näheren Grades des Unterhaltsberechtigten im Rang nach. Mehrere Kinder haben den Unterhalt anteilig nach ihren Kräften zu leisten.

    Der Unterhaltsanspruch eines Eltern- oder Großelternteils mindert sich insoweit, als ihm die Heranziehung des Stammes eigenen Vermögens zumutbar ist. Überdies hat ein Kind nur insoweit Unterhalt zu leisten, als es dadurch bei Berücksichtigung seiner sonstigen Sorgepflichten den eigenen angemessenen Unterhalt nicht gefährdet.

    § 144. Die Eltern haben das minderjährige Kind zu pflegen und zu erziehen, sein Vermögen zu verwalten und es zu vertreten; sie sollen bei Ausübung dieser Rechte und Erfüllung dieser Pflichten einvernehmlich vorgehen. Zur Pflege des Kindes ist bei Fehlen eines Einvernehmens vor allem derjenige Elternteil berechtigt und verpflichtet,

    der den Haushalt führt, in dem das Kind betreut wird.

    § 145. Ist ein Elternteil gestorben oder voll entmündigt, ist sein Aufenthalt seit mindestens sechs Monaten unbekannt, kann die Verbindung mit ihm nicht oder nur mit unverhältnismäßig großen Schwierigkeiten hergestellt werden oder sind ihm die Pflege und Erziehung ganz entzogen,

    so stehen diese dem anderen Elternteil allein zu.

    Sind beide Eltern in der beschriebenen Weise betroffen,

    so hat das Gericht, nach Anhörung des mindestens zehnjährigen Kindes und erforderlichenfalls der Bezirksverwaltungsbehörde, unter Beachtung des Wohles des Kindes zu entscheiden,

    ob und welchem Großelternpaar (Großelternteil)

    die Pflege und Erziehung zustehen sollen;

    hierbei sind die Lebensverhältnisse der Großeltern und deren Eignung zur Pflege und Erziehung des Kindes so zu berücksichtigen, daß das Wohl des Kindes bestmöglich gesichert wird.

    Werden die Pflege und Erziehung nur zum Teil entzogen, so gilt insoweit der Abs. 1.

    Auf Antrag des Elternteils, auf den die Pflege und Erziehung ganz oder zum Teil übergegangen sind, hat das Gericht diesen Übergang festzustellen.

    § 145 a. Bezüglich der Vermögensverwaltung und der Vertretung gilt der § 145, soweit darin ein Übergang auf den anderen Elternteil vorgesehen ist, sinngemäß. Überdies kommen die Vermögensverwaltung und die Vertretung einem Elternteil allein zu, wenn der andere nicht voll geschäftsfähig ist.

    § 145 b. Kommen die Vermögensverwaltung und die Vertretung keinem Elternteil, auch nicht in Teilbereichen, zu, so gehen sie auf den Vormund

    (§ 187) über. Hingegen ist ein Sachwalter zu bestellen, soweit in einem Teilbereich die Vermögensverwaltung und die Vertretung weder dem Vater noch der Mutter zukommen.

    Soweit die Pflege und Erziehung weder den Eltern noch den Großeltern zukommen und es erforderlich ist, ist ebenfalls ein Sachwalter zu bestellen.

    § 145 c. Hat ein Dritter einem minderjährigen Kind ein Vermögen zugewendet und einen Elternteil von der Verwaltung dieses Vermögens ausgeschlossen, so stehen die Verwaltung dieses Vermögens und die Vertretung in diesem Bereich dem anderen Elternteil allein zu. Hat der Dritte beide Eltern von der Verwaltung ausgeschlossen oder ist der andere Elternteil in der Weise des

    § 145 Abs. 1 erster Satz betroffen, so gehen diese Befugnisse auf den Vormund, wenn ein solcher zu bestellen ist (§ 187), sonst auf einen vom Gericht zu bestellenden Sachwalter über.

    Hat der Dritte einen Verwalter für das zugewendete Vermögen bestimmt, so ist dieser, wenn er geeignet ist, vom Gericht für dieses Vermögen unter Ausschließung anderer von der Verwaltung zum Sachwalter zu bestellen.

    Hat ein Elternteil dem Kind ein Vermögen zugewendet und den anderen Elternteil von der Verwaltung ausgeschlossen oder einen Verwalter für das zugewendete Vermögen bestimmt, so gelten die Abs. 1 beziehungsweise 2 sinngemäß.

    § 146. Die Pflege des minderjährigen Kindes umfaßt besonders die Wahrnehmung des körperlichen Wohles und der Gesundheit sowie die unmittelbare Aufsicht, die Erziehung besonders die Entfaltung der körperlichen, geistigen, seelischen und sittlichen Kräfte, die Förderung der Anlagen,

    Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten des Kindes sowie dessen Ausbildung in Schule und Beruf. Berichtigt gemäß Kundmachung BGBl. Nr 168/1979

    Das Ausmaß der Pflege und Erziehung richtet sich nach den Lebensverhältnissen der Eltern.

    § 146 a. Das minderjährige Kind hat die Anordnungen der Eltern zu befolgen. Die Eltern haben bei ihren Anordnungen und deren Durchsetzung auf Alter, Entwicklung und Persönlichkeit des Kindes Bedacht zu nehmen.

    § 146 b. Soweit die Pflege und Erziehung es erfordern,

    hat der hierzu berechtigte Elternteil auch das Recht, den Aufenthalt des Kindes zu bestimmen.

    Hält sich das Kind woanders auf, so haben die Behörden und Organe der öffentlichen Aufsicht auf Ersuchen eines berechtigten Elternteils bei der Ermittlung des Aufenthalts, notfalls auch bei der Zurückholung des Kindes mitzuwirken.

    § 147. Hat das mündige Kind seine Meinung

    über seine Ausbildung den Eltern erfolglos vorgetragen,

    so kann es das Gericht anrufen. Dieses hat nach sorgfältiger Abwägung der von den Eltern und dem Kind angeführten Gründe die zum Wohl des Kindes angemessenen Verfügungen zu treffen.

    § 148. Stehen einem Elternteil nicht die Pflege und Erziehung des minderjährigen Kindes zu, so hat er doch das Recht, mit dem Kind persönlich zu verkehren. Das...

Um weiterzulesen

FORDERN SIE IHR PROBEABO AN

VLEX uses login cookies to provide you with a better browsing experience. If you click on 'Accept' or continue browsing this site we consider that you accept our cookie policy. ACCEPT