ABKOMMEN zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Fürsorge und Jugendwohlfahrtspflege

Nachdem das am 17. Jänner 1966 in Bonn unterzeichnete Abkommen zwischen der Republik

Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Fürsorge und Jugendwohlfahrtspflege samt Schlußprotokoll, welches also lautet:

Der Bundespräsident der Republik Österreich und der Präsident der Bundesrepublik Deutschland in dem Wunsch, den herkömmlichen Grundsatz der Gleichbehandlung ihrer Staatsangehörigen auf den Gebieten der Fürsorge und der Jugendwohlfahrtspflege zu bekräftigen, sind übereingekommen,

ein Abkommen zu schließen und haben zu diesem Zweck zu ihren Bevollmächtigten ernannt:

Der Bundespräsident der Republik Österreich Herrn DDr. Josef Schöner,

außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter der Republik Österreich in der Bundesrepublik Deutschland,

der Präsident der Bundesrepublik Deutschland Herrn Professor Dr. Karl Carstens,

Staatssekretär des Auswärtigen Amts.

Die Bevollmächtigten haben nach Austausch ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten nachstehende Bestimmungen vereinbart:

TEILI ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN Artikel 1

In diesem Abkommen bedeuten die Ausdrücke 1. „Österreich"

die Republik Österreich,

„Bundesrepublik"

die Bundesrepublik Deutschland; |

  1. „Hoheitsgebiet"

    in bezug auf Österreich dessen Bundesgebiet,

    in bezug auf die Bundesrepublik den Geltungsbereich des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland;

  2. „Staatsangehöriger"

    in bezug auf Österreich dessen Staatsbürger,

    in bezug auf die Bundesrepublik einen Deutschen im Sinne des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland;

  3. „Fürsorge"

    alle gesetzlich begründeten Geld-, Sach-, Beratungs-,

    Betreuungs- und sonstigen Hilfeleistungen aus öffentlichen Mitteln zur Deckung und Sicherung des Lebensbedarfes für Personen, die keine andere Voraussetzung als die der Hilfsbedürftigkeit zu erfüllen haben;

  4. „Jugendwohlfahrtspflege"

    alle nicht unter Fürsorge (Punkt 4) fallenden gesetzlich begründeten Maßnahmen und Leistungen im Interesse Minderjähriger, die von den Trägern der öffentlichen Jugendwohlfahrtspflege gewährt, durchgeführt oder überwacht werden, ohne Rücksicht darauf, welche Stelle sie angeordnet hat;

  5. „Rechtsvorschriften"

    die Gesetze, Verordnungen und Satzungen,

    welche die in den Punkten 4 und 5 umschriebenen Rechtsgebiete regeln und im Hoheitsgebiet oder im jeweiligen Teil des Hoheitsgebietes einer Vertragspartei in Kraft sind;

  6. „zuständige Behörde"

    in bezug auf Österreich das Bundesministerium für Inneres, hinsichtlich der Regelungen auf dem Gebiet der Jugendwohlfahrtspflege das Bundesministerium für soziale Verwaltung,

    in bezug auf die Bundesrepublik den Bundesminister des Innern, hinsichtlich der Regelungen auf dem Gebiet der Jugendwohlfahrtspflege den Bundesminister für Familie und Jugend;

  7. „Träger der öffentlichen Fürsorge"

    in bezug auf Österreich die Bezirks- und die Landesfürsorgeverbände,

    in bezug auf die Bundesrepublik die örtlichen und die überörtlichen Träger der Sozialhilfe;

  8. „Träger der öffentlichen Jugendwohlfahrtspflege"

    in bezug auf Österreich die Bundesländer mit ihren Bezirksverwaltungsbehörden (Jugendämtern)

    und die Landesregierungen,

    in bezug auf die Bundesrepublik die Gemeinden,

    Gemeindeverbände und Länder als Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit ihren Jugendämtern, Landesjugendämtern und obersten Landesjugendbehörden;

  9. „Heimatstaat"

    den Vertragsstaat, dessen Staatsangehörigkeit im Sinne des Punktes 3 eine Person besitzt;

  10. „Aufenthaltsstaat"

    den Vertragsstaat, in dessen Hoheitsgebiet sich eine Person, auf die sich dieses Abkommen bezieht, aufhält.

    TEIL II GEWÄHRUNG VON FÜRSORGE UND JUGENDWOHLFAHRTSPFLEGE Artikel 2

    (1) Staatsangehörigen der einen Vertragspartei,

    die sich im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei aufhalten, wird Fürsorge und Jugendwohlfahrtspflege in gleicher Weise, in gleichem Umfang und unter den gleichen Bedingungen wie den Staatsangehörigen des Aufenthaltsstaates gewährt.

    (2) Absatz 1 gilt auch für Flüchtlinge im Sinne des Artikels 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951, die ein von der anderen Vertragspartei gemäß

    Artikel 28 des genannten Abkommens ausgestelltes gültiges Reisedokument besitzen.

    Artikel 3

    Gewährt eine Vertragspartei einem ihrer Staatsangehörigen, der sich im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei aufhält, Fürsorge, so bleiben solche Zuwendungen im Aufenthaltsstaat bei der Festsetzung von Art und Maß. der Fürsorge sowie bei der Gewährung von Leistungen aus der Sozialversicherung außer Betracht; dies gilt nicht, soweit die Zuwendungen die wirtschaftliche Lage des Hilfsbedürftigen so günstig beeinflussen, daß daneben Fürsorge des Aufenthaltsstaates ungerechtfertigt wäre.

    Artikel 4

    Ein Ersatz der Kosten der Fürsorge und der Jugendwohlfahrtspflege für die in Artikel 2 bezeichneten Personen findet zwischen den Vertragsparteien nicht statt. Die Regelung des Artikels 10 Absatz 1 bleibt unberührt.

    TEIL III

    ÃœBERLEITUNG VON ANSPRÃœCHEN,

    AMTSHILFE Artikel 5

    (1) Kann ein Träger der öffentlichen Fürsorge oder der öffentlichen Jugendwohlfahrtspflege der einen Vertragspartei nach den für ihn maßgebenden Vorschriften Ersatz von Aufwendungen von dem Unterstützten oder einem Unterhaltspflichtigen (Kostenersatzpflichtige) verlangen,

    so ist, wenn der Kostenersatzpflichtige seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder seinen Sitz im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei hat,

    der für den gewöhnlichen Aufenthalt oder den Sitz zuständige Träger der öffentlichen Fürsorge oder der öffentlichen Jugendwohlfahrtspflege auf Ersuchen des Trägers der Leistung berechtigt und verpflichtet, im eigenen Namen für diesen die Ansprüche gegen den Kostenersatzpflichtigen nach den für den ersuchten Träger maßgebenden Vorschriften geltend zu machen.

    (2) Ist ein Träger der öffentlichen Fürsorge oder der öffentlichen Jugendwohlfahrtspflege der einen Vertragspartei nach den für ihn maßgebenden Vorschriften berechtigt, Ansprüche des Unterstützten gegen einen Dritten, der dem Unterstützten gegenüber geldwerte Verpflichtungen hat, auf sich überzuleiten, so ist, wenn der Dritte seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder seinen Sitz im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei hat, der für den gewöhnlichen Aufenthalt oder den Sitz zuständige Träger der

    öffentlichen Fürsorge oder der öffentlichen Jugendwohlfahrtspflege auf Ersuchen des Trägers der Leistung berechtigt und verpflichtet, im eigenen Namen für diesen die Ansprüche gegen den Dritten nach den für ihn in bezug auf den

    Übergang von Ansprüchen maßgebenden Vorschriften geltend zu machen.

    (3) Hat ein Unterstützter, der einen Anspruch auf Nachzahlung von Kriegsschadenrente nach dem Gesetz über den Lastenausgleich vom 14. August 1952 (Bundesgesetzblatt I S. 446)

    — LAG — in der jeweils geltenden Fassung hat, Leistungen von einem österreichischen Träger der öffentlichen Fürsorge erhalten, so kann dieser den für den Sitz des Ausgleichsamtes zuständigen

    örtlichen Träger der öffentlichen Fürsorge um Regelung des Kostenersatzes ersuchen. Das Ersuchen bewirkt den Übergang des Anspruchs auf Kriegsschadenrente auf den deutschen Träger der öffentlichen Fürsorge zugunsten des Trägers der Leistung insoweit, als der Anspruch auf den deutschen Träger der öffentlichen Fürsorge nach

    § 292 LAG übergehen würde, wenn dieser Fürsorge gewährt hätte. Gewährt der österreichische Träger der öffentlichen Fürsorge im vorbezeichneten Fall Unterbringung in Anstalts- oder Heimpflege,

    so zahlt er dem Unterstützten ein Taschengeld in Höhe des Betrages, den ein deutscher Träger der öffentlichen Fürsorge nach

    § 292 LAG zu gewähren hätte.

    (4) Absatz 3 Satz 3 gilt entsprechend, wenn laufende Zahlungen von Kriegsschadenrente nach

    § 292 LAG auf Ersuchen des österreichischen Trägers der öffentlichen Fürsorge nach Absatz 2

    übergeleitet werden.

    (5) In den Fällen des Artikels 3 sind aus den Leistungen des Kostenersatzpflichtigen oder des Dritten zunächst die Ersatzansprüche des ersuchenden Trägers der öffentlichen Fürsorge oder der Sozialversicherung zu befriedigen.

    Artikel 6

    (1) Die Träger der öffentlichen Fürsorge und der öffentlichen Jugendwohlfahrtspflege der Vertragsparteien leisten einander Amtshilfe bei der Durchführung ihrer Aufgaben, insbesondere bei der Heranziehung eines Unterstützten oder eines Unterhaltspflichtigen (Kostenersatzpflichtige) und anderer, die einem Unterstützten gegenüber geldwerte Verpflichtungen haben. Die Amtshilfe wird in gleicher Weise und im gleichen Umfang wie im innerstaatlichen Bereich geleistet.

    (2) Die Träger der öffentlichen Fürsorge und der öffentlichen Jugendwohlfahrtspflege der Vertragsparteien vertreten einander vor Gericht bei der Geltendmachung von Ansprüchen der im Absatz 1 bezeichneten Art und von Unterhaltsansprüchen im Rahmen der gesetzlichen und der bestellten Amtsvormundschaft und der bestellten Amtskuratel.

    (3) Vorschriften einer Vertragspartei, die Kosten-, Gebühren- oder Abgabenfreiheit für Rechtsgeschäfte und Amtshandlungen aus Anlaß

    der Beantragung, der Gewährung oder des Ersatzes von Leistungen der Fürsorge oder aus Anlaß von Maßnahmen der Jugendwohlfahrtspflege vorsehen, gelten auch zugunsten der Staatsangehörigen, der Träger der öffentlichen Fürsorge und der öffentlichen Jugendwohlfahrtspflege der anderen Vertragspartei. Dies gilt für das streitige Verfahren vor Gericht nur zugunsten der Träger der öffentlichen Fürsorge und der öffentlichen Jugendwohlfahrtspflege der anderen Vertragspartei und nur, wenn sie nach Absatz 2 vertreten werden. Vorschriften über die Gewährung von Armenrecht bleiben unberührt.

    (4) Vorschriften, nach denen Verwaltungsbehörden,

    Träger von Sozialleistungen, Arbeitgeber,

    Unterhaltspflichtige oder sonstige Personen oder Stellen zur Erteilung von Auskünften verpflichtet sind, gelten auch, wenn...

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