Bundesgesetz über elektronische Signaturen (Signaturgesetz ? SigG)

Der Nationalrat hat beschlossen:

  1. Abschnitt Gegenstand und Begriffsbestimmungen Gegenstand und Anwendungsbereich

    § 1. (1) Dieses Bundesgesetz regelt den rechtlichen Rahmen für die Erstellung und Verwendung elektronischer Signaturen sowie für die Erbringung von Signatur- und Zertifizierungsdiensten.

    (2) Dieses Bundesgesetz ist auch anzuwenden in geschlossenen Systemen, sofern deren Teilnehmer dies vereinbart haben, sowie im offenen elektronischen Verkehr mit Gerichten und anderen Behörden,

    sofern durch Gesetz nicht anderes bestimmt ist.

    Begriffsbestimmungen

    § 2. Im Sinne dieses Bundesgesetzes bedeuten 1. elektronische Signatur: elektronische Daten, die anderen elektronischen Daten beigefügt oder mit diesen logisch verknüpft werden und die der Authentifizierung, also der Feststellung der Identität des Signators, dienen;

  2. Signator: eine natürliche Person, der Signaturerstellungsdaten und die entsprechenden Signaturprüfdaten zugeordnet sind und die entweder im eigenen oder im fremden Namen eine elektronische Signatur erstellt, oder ein Zertifizierungsdiensteanbieter, der Zertifikate für die Erbringung von Zertifizierungsdiensten verwendet;

  3. sichere elektronische Signatur: eine elektronische Signatur, die a) ausschließlich dem Signator zugeordnet ist,

    1. die Identifizierung des Signators ermöglicht,

    2. mit Mitteln erstellt wird, die der Signator unter seiner alleinigen Kontrolle  halten kann,

    3. mit den Daten, auf die sie sich bezieht, so verknüpft ist, daß jede nachträgliche Veränderung der Daten festgestellt werden kann, sowie e) auf einem qualifizierten Zertifikat beruht und unter Verwendung von technischen Komponenten und Verfahren, die den Sicherheitsanforderungen dieses Bundesgesetzes und der auf seiner Grundlage ergangenen Verordnungen entsprechen, erstellt wird;

  4. Signaturerstellungsdaten: einmalige Daten wie Codes oder private Signaturschlüssel, die vom Signator zur Erstellung einer elektronischen Signatur verwendet werden;

  5. Signaturerstellungseinheit: eine konfigurierte Software oder Hardware, die zur Verarbeitung der Signaturerstellungsdaten verwendet wird;

  6. Signaturprüfdaten: Daten wie Codes oder öffentliche Signaturschlüssel, die zur Überprüfung einer elektronischen Signatur verwendet werden;

  7. Signaturprüfeinheit: eine konfigurierte Software oder Hardware, die zur Verarbeitung der Signaturprüfdaten verwendet wird;

  8. Zertifikat: eine elektronische Bescheinigung, mit der Signaturprüfdaten einer bestimmten Person zugeordnet werden und deren Identität bestätigt wird;

  9. qualifiziertes Zertifikat: ein Zertifikat, das die Angaben des § 5 enthält und von einem den Anforderungen des § 7 entsprechenden Zertifizierungsdiensteanbieter ausgestellt wird;

  10. Zertifizierungsdiensteanbieter: eine natürliche oder juristische Person oder eine sonstige rechtsfähige Einrichtung, die Zertifikate ausstellt oder andere Signatur- und Zertifizierungsdienste erbringt;

  11. Signatur- und Zertifizierungsdienste: die Bereitstellung von Signaturprodukten und -verfahren,

    die Ausstellung, Erneuerung und Verwaltung von Zertifikaten, Verzeichnis-, Widerrufs-, Registrierungs-

    und Zeitstempeldienste sowie Rechner- und Beratungsdienste im Zusammenhang mit elektronischen Signaturen;

  12. Zeitstempeldienst: eine elektronisch signierte Bescheinigung eines Zertifizierungsdiensteanbieters,

    daß bestimmte elektronische Daten zu einem bestimmten Zeitpunkt vorgelegen sind;

  13. Signaturprodukt: Hard- oder Software bzw. deren spezifische Komponenten, die für die Erstellung und Überprüfung elektronischer Signaturen oder von einem Zertifizierungsdiensteanbieter für die Bereitstellung von Signatur- oder Zertifizierungsdiensten verwendet werden;

  14. Kompromittierung: die Beeinträchtigung von Sicherheitsmaßnahmen oder Sicherheitstechnik,

    sodaß das vom Zertifizierungsdiensteanbieter zugrundegelegte Sicherheitsniveau nicht eingehalten ist.

  15. Abschnitt Rechtserheblichkeit elektronischer Signaturen Allgemeine Rechtswirkungen

    § 3. (1) Im Rechts- und Geschäftsverkehr können Signaturverfahren mit unterschiedlichen Sicherheitsstufen und unterschiedlichen Zertifikatsklassen verwendet werden.

    (2) Die rechtliche Wirksamkeit einer elektronischen Signatur und deren Verwendung als Beweismittel können nicht allein deshalb ausgeschlossen werden, weil die elektronische Signatur nur in elektronischer Form vorliegt, weil sie nicht auf einem qualifizierten Zertifikat oder nicht auf einem von einem akkreditierten Zertifizierungsdiensteanbieter ausgestellten qualifizierten Zertifikat beruht oder weil sie nicht unter Verwendung von technischen Komponenten und Verfahren im Sinne des § 18 erstellt wurde.

    Besondere Rechtswirkungen

    § 4. (1) Eine sichere elektronische Signatur erfüllt das rechtliche Erfordernis einer eigenhändigen Unterschrift, insbesondere der Schriftlichkeit im Sinne des § 886 ABGB, sofern durch Gesetz oder Parteienvereinbarung nicht anderes bestimmt ist.

    (2) Eine sichere elektronische Signatur entfaltet nicht die Rechtswirkungen der Schriftlichkeit im Sinne des § 886 ABGB bei 1. Rechtsgeschäften des Familien- und Erbrechts, die an die Schriftform oder ein strengeres Formerfordernis gebunden sind,

  16. anderen Willenserklärungen oder Rechtsgeschäften, die zu ihrer Wirksamkeit an die Form einer

    öffentlichen Beglaubigung, einer gerichtlichen oder notariellen Beurkundung oder eines Notariatsakts gebunden sind,

  17. Willenserklärungen, Rechtsgeschäften oder Eingaben, die zu ihrer Eintragung in das Grundbuch,

    das Firmenbuch oder ein anderes öffentliches Register einer öffentlichen Beglaubigung, einer gerichtlichen oder notariellen Beurkundung oder eines Notariatsakts bedürfen, und 4. einer Bürgschaftserklärung (§ 1346 Abs. 2 ABGB).

    (3) Die Bestimmung des § 294 ZPO über die Vermutung der Echtheit des Inhalts einer unterschriebenen Privaturkunde ist auf elektronische Dokumente, die mit einer sicheren elektronischen Signatur versehen sind, anzuwenden.

    (4) Die Rechtswirkungen der Abs. 1 und 3 treten nicht ein, wenn nachgewiesen wird, daß die Sicherheitsanforderungen dieses Bundesgesetzes und der auf seiner Grundlage ergangenen Verordnungen nicht eingehalten oder die zur Einhaltung dieser Sicherheitsanforderungen getroffenen Vorkehrungen kompromittiert wurden.

    Qualifizierte Zertifikate

    § 5. (1) Ein qualifiziertes Zertifikat hat zumindest folgende Angaben zu enthalten:

  18. den Hinweis darauf, daß es sich um ein qualifiziertes Zertifikat handelt,

  19. den unverwechselbaren Namen des Zertifizierungsdiensteanbieters und den Staat seiner Niederlassung,

  20. den Namen des Signators oder ein Pseudonym, das als solches bezeichnet sein muß,

  21. gegebenenfalls auf Verlangen des Zertifikatswerbers Angaben über eine Vertretungsmacht oder eine andere rechtlich erhebliche Eigenschaft des Signators,

  22. die dem Signator zugeordneten Signaturprüfdaten,

  23. Beginn und Ende der Gültigkeit des Zertifikats,

  24. die eindeutige Kennung des Zertifikats,

  25. gegebenenfalls eine Einschränkung des Anwendungsbereichs des Zertifikats und 9. gegebenenfalls eine Begrenzung des Transaktionswerts, auf den das Zertifikat ausgestellt ist.

    (2) Auf Verlangen des Zertifikatswerbers können weitere rechtlich erhebliche Angaben in das qualifizierte Zertifikat aufgenommen werden.

    (3) Ein qualifiziertes Zertifikat muß mit der sicheren elektronischen Signatur des Zertifizierungsdiensteanbieters versehen sein.

  26. Abschnitt Zertifizierungsdiensteanbieter Tätigkeit der Zertifizierungsdiensteanbieter

    § 6. (1) Die Aufnahme und die Ausübung der Tätigkeit eines Zertifizierungsdiensteanbieters bedürfen keiner gesonderten Genehmigung.

    (2) Ein Zertifizierungsdiensteanbieter hat die Aufnahme seiner Tätigkeit unverzüglich der Aufsichtsstelle

    (§ 13) anzuzeigen. Er hat der Aufsichtsstelle spätestens mit Aufnahme der Tätigkeit oder bei

    Änderung seiner Dienste ein Sicherheitskonzept sowie ein Zertifizierungskonzept für jeden von ihm angebotenen Signatur- und Zertifizierungsdienst samt den verwendeten technischen Komponenten und Verfahren vorzulegen.

    (3) Ein Zertifizierungsdiensteanbieter, der sichere elektronische Signaturverfahren bereitstellt, hat in seinem Sicherheitskonzept die Einhaltung der Sicherheitsanforderungen dieses Bundesgesetzes und der auf seiner Grundlage ergangenen Verordnungen darzulegen.

    (4) Ein Zertifizierungsdiensteanbieter hat die im Sicherheits- und im Zertifizierungskonzept dargelegten Angaben sowohl bei der Aufnahme als auch während der Ausübung seiner Tätigkeit zu erfüllen.

    (5) Ein Zertifizierungsdiensteanbieter hat alle Umstände, die eine ordnungsgemäße und dem Sicherheits-

    sowie dem Zertifizierungskonzept entsprechende Tätigkeit nicht mehr ermöglichen, unverzüglich der Aufsichtsstelle anzuzeigen.

    (6) Stellt ein Zertifizierungsdiensteanbieter Zertifikate aus, so hat er im Sicherheitskonzept darzulegen,

    ob und gegebenenfalls in welcher Form Verzeichnis- und Widerrufsdienste geführt werden.

    (7) Ein Zertifikat für Zertifizierungsdiensteanbieter darf von diesen nur für die Erbringung von Zertifizierungsdiensten verwendet werden.

    Zertifizierungsdiensteanbieter für qualifizierte Zertifikate

    § 7. (1) Ein Zertifizierungsdiensteanbieter, der qualifizierte Zertifikate ausstellt, hat 1. die erforderliche Zuverlässigkeit für die von ihm bereitgestellten Signatur- oder Zertifizierungsdienste aufzuweisen,

  27. den Betrieb eines schnellen und sicheren Verzeichnisdienstes sowie eines unverzüglichen und sicheren Widerrufsdienstes sicherzustellen,

  28. in qualifizierten Zertifikaten sowie für Verzeichnis- und Widerrufsdienste qualitätsgesicherte Zeitangaben (Zeitstempel) zu verwenden und jedenfalls sicherzustellen, daß der Zeitpunkt der Ausstellung und des Widerrufs eines qualifizierten Zertifikats bestimmt werden kann,

  29. anhand eines amtlichen Lichtbildausweises die Identität und gegebenenfalls besondere rechtlich erhebliche Eigenschaften der Person, für die ein qualifiziertes Zertifikat ausgestellt wird, zuverlässig zu...

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