Entscheidungs 10Ob19/14p. OGH, 24-03-2015

ECLIECLI:AT:OGH0002:2015:0100OB00019.14P.0324.000
Record NumberJJT_20150324_OGH0002_0100OB00019_14P0000_000
Date24 Marzo 2015
Judgement Number10Ob19/14p
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat Univ.-Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden sowie den Senatspräsidenten Dr. Fellinger, den Hofrat Dr. Schramm und die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Mag. Korn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Dr. K*****, D-*****, 2. Dr. P*****, D-*****, und 3. A*****, D-*****, alle vertreten durch DORDA BRUGGER JORDIS Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Dr. J*****, D-*****, 2. P*****, D-*****, 3. J*****, und 4. N*****, D-*****, alle vertreten durch Mag. Alexander Todor-Kostic LL.M., Mag. Silke Todor-Kostic, Rechtsanwälte in Velden, wegen Stufenklage auf Auskunft, Ermächtigung, in eventu Abtretung von Auskunftsansprüchen, Eidesleistung und Zahlung (Gesamtstreitwert 150.000 EUR), infolge Revisionen beider Parteien (Revisionsinteresse 92.500 EUR hinsichtlich der klagenden Parteien und 5.000 EUR hinsichtlich der beklagten Parteien) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 11. Dezember 2013, GZ 5 R 177/13h-37, womit infolge Berufungen beider Parteien das Teilurteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 13. August 2013, GZ 28 Cg 94/11a-31, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

I. Die Bezeichnung der beklagten Partei wird von „Verlassenschaft nach der am 14. Februar 2011 verstorbenen E*****“ auf die Erben „1. Dr. J*****, D-*****, 2. P*****, D-*****, 3. J***** und 4. N*****, D-*****“ berichtigt.

II. Den Revisionen beider Parteien wird nicht Folge gegeben.

Die Kostenentscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens obliegt dem Erstgericht.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Erstkläger, der Zweitkläger und die Drittklägerin sind neben H***** und S*****, die nicht Parteien in diesem Verfahren sind, die Kinder der am 14. 2. 2011 verstorbenen Erblasserin E*****. Die erbantrittserklärten Erben und nunmehrigen Beklagten Dr. J*****, P*****, J***** und N***** sind die Enkelkinder der Erblasserin bzw die leiblichen Kinder von H*****. Die Erblasserin war mit dem am 11. 9. 2010 verstorbenen G***** verheiratet. Beide waren deutsche Staatsbürger und zuletzt in Kärnten wohnhaft.

Beim Bezirksgericht Klagenfurt war zur AZ 2 A 77/11m ein Verlassenschaftsverfahren nach der am 14. 2. 2011 verstorbenen Erblasserin anhängig. In diesem Verfahren haben die vier Beklagten als testamentarische Erben bedingte Erbantrittserklärungen abgegeben. Mit dem - erst nach dem Teilschluss der Verhandlung (20. 2. 2013) im gegenständlichen Verfahren in erster Instanz - in Rechtskraft erwachsenen Beschluss des Bezirksgerichts Klagenfurt vom 4. 2. 2013, GZ 2 A 77/11m-103, wurde der Nachlass nach der Erblasserin den vier Beklagten zu je ¼-Anteilen eingeantwortet.

Das Vermögen der Erblasserin setzte sich laut Testamenten vom 4. 7. 2002, 16. 3. 2004 bzw 28. 7. 2004 aus verschiedenen Liegenschaftsanteilen in Österreich und Deutschland sowie Geldvermögen auf verschiedenen deutschen und österreichischen Bankkonten zusammen.

Am 22. 6. 2004 regten der Ehegatte der Erblasserin, die drei Kläger und die Tochter S***** beim Bezirksgericht Klagenfurt erstmals die Einleitung eines Sachwalterschaftsverfahrens für die Erblasserin mit der Begründung an, sie sei aufgrund einer psychischen Erkrankung offenkundig nicht mehr in der Lage, insbesondere ihre vermögensrechtlichen Angelegenheiten selbst wahrzunehmen. Dieses Verfahren wurde nach Durchführung einer Erstanhörung eingestellt. In der Folge regte der Ehegatte der Erblasserin am 26. 1. 2005 neuerlich die Einleitung eines Sachwalterschaftsverfahrens für die Erblasserin an. Im Laufe dieses Verfahrens erteilte die Erblasserin am 15. 4. 2008 ihrem Sohn H***** im Rahmen eines Notariatsakts Vorsorgevollmacht für sämtliche Angelegenheiten. Nach den Verfahrensergebnissen war zwar die Erblasserin zu diesem Zeitpunkt geschäftsfähig, es wurde aber in der Folge mit Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom 30. 9. 2010 Rechtsanwalt Dr. G***** zum Sachwalter mit dem Wirkungskreis der gesamten Vermögensverwaltung einschließlich der Vertretung vor Gerichten, Ämtern und Behörden für die Erblasserin bestellt, weil erhebliche Zweifel an der Vermögensverwaltung im ausschließlichen Interesse der Erblasserin durch deren Sohn H***** bestanden. Rechtsanwalt Dr. G***** hatte bereits zuvor in der Zeit vom 9. 9. 2008 bis 1. 4. 2009 als Verfahrenssachwalter, einstweiliger Sachwalter und Betreuer nach dem AußStrG bzw BGB fungiert und war in der Folge wiederum ab 11. 9. 2009 als einstweiliger Sachwalter für die Vermögensverwaltung der Erblasserin zuständig.

Mit der vorliegenden auf Auskunft, Eidesleistung und Zahlung gerichteten Stufenklage begehren die Kläger von der Verlassenschaft nach der Erblasserin nach Klagsausdehnung (vgl ON 27) zuletzt die Erteilung von Auskunft über das Vermögen und die Verbindlichkeiten des Nachlasses der Erblasserin unter Vorlage eines vollständigen Verzeichnisses zum 14. 2. 2001 und zum 14. 2. 2011 (Punkt 1. des Klagebegehrens), Auskunft über alle von der Erblasserin in den letzten zehn Jahren vor ihrem Ableben vorgenommenen Schenkungen und Zuwendungen unter Vorlage geeigneter Belege (Punkt 2. des Klagebegehrens), die Abgabe einer Willenserklärung, wonach die beklagte Partei den Erstkläger und die Drittklägerin ermächtige, einzeln oder gemeinsam sämtliche Auskunftsrechte geltend zu machen, welche die beklagte Partei gegenüber jenen physischen oder juristischen Personen habe, die das Vermögen der Erblasserin verwalteten oder mit der Abwicklung von Vermögensverfügungen beauftragt worden seien, und Auskunft an sich zu verlangen. Insbesondere ermächtige die beklagte Partei den Erstkläger sowie die Drittklägerin, von Rechtsanwalt Dr. A*****, H*****, der D***** AG, der B***** AG, der C***** AG sowie der U***** AG Auskunft über Datum, Art, Gegenstand, Höhe sowie Empfänger aller Zuwendungen und Zahlungen zu verlangen, die im Namen der Erblasserin vorgenommen worden seien (Punkt 3. des Klagebegehrens), in eventu die Abtretung sämtlicher Auskunftsrechte gegenüber den genannten physischen oder juristischen Personen an den Erstkläger und die Drittklägerin (Punkt 4. des Klagebegehrens). Weiters begehrten die Kläger von der beklagten Verlassenschaft, nach Erteilung der vorstehend beantragten Auskünfte deren Richtigkeit und Vollständigkeit entweder binnen 14 Tagen gemäß § 259 BGB eidesstattlich zu versichern oder gemäß Art XLII EGZPO einen Eid dahin zu leisten, dass ihre Angaben richtig und vollständig seien (Punkt 5. des Klagebegehrens) sowie den Klägern einen jeweils noch zu bestimmenden Betrag samt Zinsen zu zahlen (Punkt 6. des Klagebegehrens).

Die Kläger brachten im Wesentlichen vor, sie seien als Kinder der Verstorbenen gesetzliche Erben und Pflichtteilsberechtigte nach der Erblasserin. Ihre Pflichtteilsansprüche ließen sich derzeit noch nicht vollständig beziffern, weil sich die durch die erbantrittserklärten Erben vertretene beklagte Verlassenschaft weigere, Auskünfte über Schenkungen und andere Vermögensverfügungen zu geben, welche zur Erhöhung des Pflichtteilsanspruchs führen würden. Das Klagebegehren richte sich daher einerseits auf Auskunftserteilung über den Stand des Verlassenschaftsvermögens am Todestag sowie über Schenkungen und Zuwendungen der Erblasserin in den letzten zehn Jahren, andererseits auf Zahlung des derzeit noch nicht bestimmbaren Pflichtteils, der sich erst nach Erfüllung der Auskunftsbegehren errechnen lassen werde. Die Erblasserin und ihr Ehegatte hätten über beträchtliches Vermögen verfügt, welches im Wesentlichen aus Beteiligungen an dem ehemaligen Familienunternehmen bestanden habe. Die Beziehungen zwischen H***** und der übrigen Familie H***** seien dadurch getrübt worden, dass H***** durch einen aufwändigen Lebensstil und verlustreiche Versuche, ein eigenes Unternehmen zu gründen, erhebliche Geldbeträge durchgebracht habe. Ungeachtet dieser Tatsache habe H***** das uneingeschränkte Vertrauen seiner Mutter (= Erblasserin) genossen, die ihm Vollmachten und eine Vorsorgevollmacht eingeräumt habe. Mit Hilfe dieser Vollmachten, aber auch durch eigene Verfügungen der Erblasserin zu Gunsten von H***** und dessen Familie sei der größte Teil des Vermögens der Erblasserin verschwunden. Aufgrund dieser Umstände habe schließlich das Landesgericht Klagenfurt als Rekursgericht mit Beschluss vom 30. 9. 2010 Rechtsanwalt Dr. G***** zum Sachwalter für die Erblasserin bestellt, wobei es auch Aufgabe des Sachwalters sein sollte, Nachforschungen über den Verbleib des zwischenzeitlich verschwundenen Vermögens der Erblasserin anzustellen. Dieser Aufgabe habe der Sachwalter allerdings nur noch unvollständig nachkommen können, weil die Erblasserin am 14. 2. 2011 verstorben sei. Die Kläger hätten weder von dem Bevollmächtigten der Erblasserin, Rechtsanwalt Dr. A*****, noch von H***** oder den Beklagten als testamentarischen Erben irgendwelche Angaben dazu erhalten, wie sich der Vermögensverfall der Erblasserin erklären lasse und welches Vermögen am Todestag tatsächlich vorhanden gewesen sei. Die Beklagten würden daher, um das Auskunftsbegehren erfüllen zu können, insbesondere Rechtsanwalt Dr. A***** und H***** aufzufordern haben, über ihre jeweilige Tätigkeit Rechenschaft abzulegen. Das von der beklagten Partei mit der Klagebeantwortung vorgelegte Nachlassverzeichnis (Beilage ./1) sei unvollständig und beschränke sich im Wesentlichen auf die Wiedergabe der Todesfallaufnahme vom 8. 3. 2011. Die beklagte Verlassenschaft habe über sämtliches Vermögen der Erblasserin, auch wenn dieses nicht in Österreich gelegen sei, Auskunft zu erteilen. Die von den Klägern begehrte Ermächtigung zur Geltendmachung bzw Abtretung der Auskunftsansprüche wurde insbesondere damit begründet, dass die Erben verpflichtet seien, ihren eigenen Auskunftsanspruch gegenüber einem Bankinstitut an die Pflichtteilsberechtigten abzutreten, wenn sie sich das Wissen des Bankinstituts nicht verschafft hätten, obwohl ihnen dies zumutbar...

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