Entscheidungs 10ObS111/18y. OGH, 19-12-2018

ECLIECLI:AT:OGH0002:2018:010OBS00111.18Y.1219.000
Date19 Diciembre 2018
Judgement Number10ObS111/18y
Record NumberJJT_20181219_OGH0002_010OBS00111_18Y0000_000
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten Univ.-Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Dr. Grohmann sowie die fachkundigen Laienrichter KAD Dr. Lukas Stärker (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Angela Taschek (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Mag. A*****, vertreten durch Mag. Martin Sudi, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei Steiermärkische Gebietskrankenkasse, 8011 Graz, Josef-Pongratz-Platz 1, vertreten durch Dr. Helmut Destaller, Dr. Gerald Mader und Mag. Philipp Pall, Rechtsanwälte in Graz, wegen Familienzeitbonus, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 23. August 2018, GZ 6 Rs 38/18g-10, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 6. Februar 2018, GZ 42 Cgs 97/17b-6, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Verfahrensgegenstand ist der Anspruch des Klägers auf Familienzeitbonus (§ 2 FamZeitbG, BGBl I 2016/53) von täglich 22,60 EUR für den Zeitraum von 25. 8. 2017 bis 24. 9. 2017, insgesamt in Höhe von 700,60 EUR.

Der Kläger und seine Ehefrau sind die Eltern der am 24. 8. 2017 geborenen Tochter L*****. Der Kläger ist selbständiger Rechtsanwalt und Inhaber eines Gewerbebetriebs in der Veranstaltungsbranche (Mobildisco). Er übte im Zeitraum von 25. 8. 2017 bis 24. 9. 2017 keine Tätigkeit als Rechtsanwalt aus, sondern widmete sich ausschließlich seiner Familie, indem er seine Frau bei der Pflege und Versorgung der neugeborenen Tochter und des erstgeborenen Sohnes unterstützte. Unaufschiebbare Termine im Zusammenhang mit seiner Berufstätigkeit als Rechtsanwalt wurden von seinem Vertreter Rechtsanwalt Mag. M***** wahrgenommen. Von der Liste der Rechtsanwälte war der Kläger während des Anspruchszeitraums nicht gestrichen. Der Kläger blieb weiterhin in der Gruppenversicherung der Rechtsanwälte (Privatversicherung) versichert. Auf seinen Antrag gewährte die Steiermärkische Rechtsanwaltskammer dem Kläger mit Bescheid vom 5. 9. 2017 im Hinblick auf die Geburt seiner Tochter die Herabsetzung der Beiträge für die Versorgungseinrichtung Teil A für den Zeitraum von 1. 9. 2017 bis 30. 9. 2017. In diesem Zeitraum war er auch von der Zuteilung neuer Verfahrenshilfefälle befreit. Seinen Gewerbebetrieb (Mobildisco) meldete der Kläger gemäß § 5 Abs 2 GewO 1994 beginnend mit 25. 8. 2017 ruhend. Dementsprechend ruhte auch seine Pflichtversicherung bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft.

Nach einer Streichung aus der Liste der Rechtsanwälte hätte der Kläger bei der neuerlichen Eintragung eine Eintragungsgebühr von etwa 300 EUR zu entrichten. Die Eintragung muss in einer Ausschusssitzung der Rechtsanwaltskammer beschlossen werden. Nach der Beschlussfassung ist mit einer weiteren Wartezeit bis zur Angelobung zu rechnen.

Am 25. 8. 2017 beantragte der Kläger die Zuerkennung des Familienzeitbonus anlässlich der Geburt von L***** für den Zeitraum von 25. 8. 2017 bis 24. 9. 2017.

Die beklagte Steiermärkische Gebietskrankenkasse lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 2. 10. 2017 ab. Die vom FamZeitbG statuierten Voraussetzungen seien nicht erfüllt, weil der Kläger im Anspruchszeitraum Mitglied der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer geblieben sei und daher als erwerbstätig gelte.

In seiner dagegen gerichteten Klage bringt der Kläger zusammengefasst vor, für die Zeit seiner Abwesenheit von der Kanzlei habe er dergestalt Vorsorge getroffen, dass unaufschiebbare Agenden und Termine von anderen am Kanzleisitz tätigen Rechtsanwälten wahrgenommen bzw erledigt wurden, wie dies bürointern etwa auch während einer krankheits- oder urlaubsbedingten Abwesenheit seit geraumer Zeit gehandhabt werde. Die von der beklagten Partei zum Nachweis der Unterbrechung der Rechtsanwaltstätigkeit geforderte „Emeritierung“ bzw Streichung von der Liste der Rechtsanwälte sei aus den gegebenen gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht ableitbar und wäre unverhältnismäßig, unzumutbar und überzogen. Diese Maßnahme erfolge üblicherweise nur, wenn ein Rechtsanwalt dauerhaft in den Ruhestand übertrete oder sich entschließe, die Anwaltstätigkeit überhaupt nicht mehr auszuüben. Die von der beklagten Partei geforderte – nur vorübergehende – Streichung von der Liste der Rechtsanwälte führe nicht nur zu einem beträchtlichen...

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