Entscheidungs 18ONc3/14g (18ONc4/14d). OGH, 13-08-2014

ECLIECLI:AT:OGH0002:2014:018ONC00003.14G.0813.000
Judgement Number18ONc3/14g (18ONc4/14d)
Record NumberJJT_20140813_OGH0002_018ONC00003_14G0000_000
Date13 Agosto 2014
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Hoch, Univ.-Prof. Dr. Neumayr und Dr. Musger und die Hofrätin Dr. Dehn als weitere Richter in der Schiedsrechtssache der Antragstellerin (= schiedsbeklagte und schiedswiderklagende Partei) S***** Gesellschaft m.b.H., *****, vertreten durch Dr. Rudolf Riedl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegnerin (= schiedsklagende und schiedswiderbeklagte) Partei G***** Handelsges.m.b.H., *****, vertreten durch Dr. Roland Reichl, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 63.083,87 EUR und Rechnungslegung, über die Ablehnung des Obmanns des Schiedsgerichts durch die Antragstellerin (§ 589 Abs 3 ZPO) den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Ablehnung des Obmanns des Schiedsgerichts Dr. P***** G***** wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin ist schuldig,

a) der Antragsgegnerin die mit 1.351,26 EUR (darin 225,21 EUR Umsatzsteuer) und

b) dem Obmann des Schiedsgerichts die mit 52,08 EUR (darin 8,68 EUR Umsatzsteuer)

bestimmten Kosten des gerichtlichen Ablehnungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die schiedsklagende und schiedswiderbeklagte Partei (im Folgenden: „Klägerin“ oder „Antragsgegnerin“) begehrt mit ihrer Schiedsklage vom 30. Dezember 2003 Zahlung und Rechnungslegung für den Zeitraum vom 1. Jänner 2001 bis 31. Dezember 2001 hinsichtlich getätigter Softwareverkäufe auf der Grundlage einer Vereinbarung vom 9. Juni 2000; dieses Rechnungslegungsbegehren wurde auf Kosten eingeschränkt. Mit einer weiteren Schiedsklage vom 7. Dezember 2005 begehrt die Klägerin Rechnungslegung über die im Zeitraum vom 1. Jänner 2002 bis 31. Dezember 2002 getätigten Softwareverkäufe und Wartungsentgelte sowie schließlich mit der Schiedsklage vom 4. Dezember 2006 Rechnungslegung für den Zeitraum von 1. Jänner 2003 bis 31. Dezember 2005. Mit Widerklage vom 14. Juni 2012 hat die schiedsbeklagte und widerklagende Partei (im Folgenden: „Beklagte“ oder „Antragstellerin“) Rechnungslegung für die Jahre 2006 bis 2011 begehrt. Die Verfahren vor dem Schiedsgericht sind zur gemeinsamen Verhandlung verbunden.

Mit Beschluss des Präsidenten des Landesgerichts Salzburg vom 2. Februar 2012 wurde Rechtsanwalt Dr. P***** G***** zum Obmann des Schiedsgerichts (im Folgenden: Obmann) bestellt.

Mit Teilschiedsspruch vom 12. April 2013 hat das Schiedsgericht über die Rechnungslegungsbegehren der Parteien (soweit nicht auf Kosten eingeschränkt wurde) teils stattgebend (betreffend die Jahre 2002, 2003, 2009 bis 2011) und teils abweisend (betreffend die Jahre 2006 bis 2008) entschieden. Gegen den Teilschiedsspruch hat die Beklagte am 20. August 2013 beim Landesgericht Salzburg eine Aufhebungsklage eingebracht; das Verfahren zu 7 Cg 9/13i ist noch anhängig. In der Anfechtungsklage wird unter anderem geltend gemacht, dass zwischen zwei Punkten des Spruchs des Teilschiedsspruchs und der Begründung ein unlösbarer Widerspruch bestehe, weil die Beklagte zu einer Rechnungslegung verurteilt worden sei, die sie nach Auffassung des Schiedsgerichts (in der Begründung) bereits erbracht habe. Die Beklagte steht auf dem Standpunkt, dass der Teilschiedsspruch aus diesem Grund massiv gegen Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung verstoße.

Mit Schriftsatz vom 17. Februar 2014 lehnte die Beklagte den Obmann als befangen ab. Er habe der anwaltlich vertretenen Klägerin im Beschluss des Schiedsgerichts vom 4. Februar 2014 Ratschläge erteilt, wie sie weiter vorzugehen habe, und sie eingeladen, einen Antrag zu stellen, wonach der Beklagten Parteienrechte entzogen werden sollten; dieser hilfreichen Einladung sei die Klägerin am nächstfolgenden Werktag gefolgt. Der Teilschiedsspruch verstoße massiv gegen Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung und sei aus diesem Grund von der Beklagten auch mit Aufhebungsklage bekämpft worden. Weiters habe der Obmann an das mit dem Aufhebungsverfahren befasste Landesgericht Salzburg im Zusammenhang mit der Übersendung des angeforderten Akts des Schiedsgerichts die Mitteilung gerichtet, dass beide Parteien nunmehr abschließend Rechnung gelegt hätten, sodass das Anfechtungsverfahren nach Abschluss des Schiedsverfahrens voraussichtlich hinfällig sein werde. Abgesehen davon, dass dem Obmann, dem bei der Abfassung des Spruchs ein gravierender Fehler unterlaufen sei, eine derartige Einmischung in ein gerichtliches Verfahren nicht zustehe, sei seine Darstellung falsch.

In der Verhandlung vom 24. Februar 2014, in der für die Beklagte niemand anwesend war, wies das Schiedsgericht den Ablehnungsantrag ab. Aus den geltend gemachten Ablehnungsgründen ergäben sich keine Hinweise, dass sich der Obmann bei der meritorischen Entscheidung von anderen als sachlichen Gesichtspunkten leiten lasse.

Das Protokoll über die Verhandlung vom 24. Februar 2014 wurde der Beklagten am 17. März 2014 zugestellt.

Mit den am 25. März 2014 beim Landesgericht Salzburg (dort zu 7 Cg 99/13i, nun 18 ONc 4/14d des Obersten Gerichtshofs) und in inhaltlich weitgehend übereinstimmender Weise am 14. April 2014 beim Obersten Gerichtshof (18 ONc 3/14g) eingebrachten Ablehnungsanträgen begehrt die Antragstellerin, den Obmann für befangen zu erklären. Sie wirft ihm - so wie schon im Ablehnungsantrag vom 17. Februar 2014 - vor, der anwaltlich vertretenen Klägerin Ratschläge erteilt und gegenüber dem mit der Aufhebungsklage befassten Landesgericht Salzburg eine ihm nicht zustehende und inhaltlich unrichtige Mitteilung gemacht zu haben. Der Teilschiedsspruch leide an einem unlösbaren Widerspruch, weil die Beklagte in einer dem ordre public widersprechenden Weise zu einer Leistung verurteilt worden sei, die sie bereits erbracht habe. Darüber hinaus wird in dem Antrag an den Obersten Gerichtshof (18 ONc 3/14g) von der Beklagten vorgebracht, die Beklagte habe erst durch das Schreiben des Klagevertreters vom 25. März 2014 erfahren, dass der Klagevertreter und der Obmann offenbar befreundet seien (Anrede: „Lieber Freund und Kollege!“) und einander duzten.

Nachdem das Landesgericht Salzburg auf Antrag der Beklagten den dort eingebrachten Ablehnungsantrag mit Beschluss vom 8. Mai 2014 gemäß § 44 JN dem Obersten Gerichtshof überwiesen hatte, wurden die beiden Verfahren mit Beschluss vom 19. Mai 2014 gemäß § 12 Abs 2 AußStrG vereinigt (nunmehr 18 ONc 3/14g und 18 ONc 4/14d).

Die Antragsgegnerin bestreitet in ihrer am 17. Juli 2014 eingebrachten Äußerung eine Befangenheit des Obmanns. Angesichts des Datums der Einbringung der Schiedsklage (30. Dezember 2003) seien die damals maßgeblichen Normen der ZPO anzuwenden und eine Anrufung des Obersten Gerichtshofs ausgeschlossen. Außerdem sei der Ablehnungsantrag unbegründet, da Befangenheitsgründe nicht erkennbar seien.

Der Obmann des Schiedsgerichts sieht in seiner am 28. Juli 2014 eingebrachten Stellungnahme in seiner Person keine...

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