Entscheidungs 1Ob115/19x. OGH, 23-10-2019

ECLIECLI:AT:OGH0002:2019:0010OB00115.19X.1023.000
Date23 Octubre 2019
Judgement Number1Ob115/19x
Record NumberJJT_20191023_OGH0002_0010OB00115_19X0000_000
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der antragstellenden Parteien 1. Verlassenschaft nach dem am ***** 2018 verstorbenen L*****, zuletzt *****, und 2. M*****, beide vertreten durch die Greiml und Horwath Rechtsanwaltspartnerschaft (OG), Graz, gegen den Antragsgegner Wasserverband L*****, vertreten durch die Kaan Cronenberg & Partner Rechtsanwälte GmbH & Co KG, Graz, wegen Festsetzung einer Entschädigung nach § 34 Abs 4 WRG iVm § 117 Abs 4 WRG, über den Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom 12. April 2019, GZ 2 R 19/19k-109, mit dem der Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 26. September 2018, GZ 17 Nc 341/11t-98, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidung des Rekursgerichts wird dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichts mit Ausnahme der Kostenentscheidung wiederhergestellt wird.

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens bleibt dem Rekursgericht vorbehalten.

Text

Begründung:

Mit Verordnung des Landeshauptmanns von Steiermark vom 29. Juli 1988, mit der ein Grundwasserschongebiet zum Schutze der Wasserversorgungsanlage des Wasserverbandes E***** bestimmt wird und Wirtschaftsbeschränkungen im Bereich des Grundwasserschongebiets angeordnet werden (LGBl 1988/61), wurde in vier Gemeinden ein Grundwasserschongebiet zum Schutz der genannten Wasserversorgungsanlage festgelegt. Mit der weiteren Verordnung des Landeshauptmanns vom 21. 11. 1990, mit der ein Grundwasserschongebiet zum Schutze der Wasserversorgungsanlagen des Wasserverbandes E***** bestimmt wird (LGBl 1990/88), wurden ebenfalls Nutzungsbeschränkungen der im Schongebiet gelegenen Grundstücke angeordnet. Diese Verordnung wurde mehrmals novelliert, nämlich durch LGBl 1998/93, LGBl 2006/47, LGBl 2007/17, LGBl 2008/31 und zuletzt LGBl 2009/14. Gemäß § 11 der Verordnung des Landeshauptmanns vom 20. 5. 2015, mit der ein Regionalprogramm zum Schutz bestimmter Grundwasserkörper erlassen und Schongebiete bestimmt werden (LGBl 2015/39), trat diese Schongebietsverordnung (LGBl 1990/88 in der Fassung LGBl 2009/14) mit 1. 1. 2016 außer Kraft.

Der mittlerweile verstorbene L***** beantragte am 7. 10. 2008 als Eigentümer bestimmter Grundstücke bei der Bezirkshauptmannschaft eine Entschädigung für alle Nachteile, die ihm durch „neue Bewirtschaftungsauflagen“ im „Wasserschongebiet E***** LGBl 61/1988 und Novellen (letzte LGBl 47/2006)“ entstehen. Die Antragsgegnerin ist der in dieser Verordnung genannte Wasserverband.

Mit Bescheid vom 12. 10. 2010 verpflichtete die Wasserrechtsbehörde den Wasserverband zur Leistung einer Entschädigung für Erschwernisse und Mindererträge aus der Bewirtschaftung seiner Grundstücke (aufgrund der Verordnung des Landeshauptmanns LGBl 1990/88 „in der Fassung LGBl 14/2009“) von 1.984,85 EUR pro Jahr, wobei der rückständige Entschädigungsbetrag (für den Zeitraum bis 2010) mit 5.954,55 EUR festgesetzt wurde.

Der Wasserverband rief gegen diese Entscheidung am 6. 12. 2010 das Gericht an und begehrte die Zurück- bzw Abweisung des Entschädigungsantrags.

Die Zweitantragstellerin erwarb aufgrund eines am 26. 1. 2010 abgeschlossenen Übergabevertrags (die Einverleibung im Grundbuch wurde am 16. 12. 2010 beantragt) das Eigentum an einem Teil der im Schongebiet gelegenen und vom Entschädigungsantrag sowie dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft betroffenen Liegenschaften. Das Erstgericht ging davon aus, dass es durch diesen Eigentumserwerb – hinsichtlich der davon betroffenen Liegenschaften – zu einem Eintritt der Zweitantragstellerin in das Verfahren kam, was von den Parteien unbekämpft blieb.

Die Entschädigungswerber begehren die Zuerkennung einer Entschädigung in der Höhe, wie sie im – aufgrund der rechtzeitigen Anrufung des Gerichts gemäß § 117 Abs 4 WRG außer Kraft getretenen – Bescheid der Bezirkshauptmannschaft zugesprochen wurde. Sie stützen ihren Entschädigungsanspruch darauf, dass ihnen durch die in der Schongebietsverordnung normierten Bewirtschaftungs-beschränkungen – hinsichtlich ihrer im Schongebiet gelegenen Grundstücke – wirtschaftliche Nachteile entstanden seien. Insbesondere durch die in der Verordnung vorgeschriebene „hundertprozentige“ Winterbegrünung und die damit zusammenhängende Verpflichtung zum ausschließlichen Anbau von Maissorten, die vor dem 10. Oktober abreifen, komme es zu Ertragsminderungen, weil vor dem 10. Oktober abreifende Maissorten weniger Ertrag abwerfen als später abreifende Sorten. Aus der Verpflichtung zu einer „hundertprozentigen“ Winterbegrünung ergebe sich auch ein Mehraufwand aufgrund höherer Maschinen- und Arbeitskosten im Vergleich zu einer „normalen“ (40%igen) Winterbegrünung. Durch das Verbot der Ausbringung von Gärsubstraten aus Biogasanlagen sei Mineraldünger anzuschaffen, was ebenfalls Mehrkosten verursache; ebenso die erforderliche Lagerung der Gärsubstrate. Erlöseinbußen ergäben sich auch durch die in der Schongebietsverordnung normierten Obergrenzen für die Stickstoffdüngung bei Mais auf bestimmten Bodenarten. Ohne die in dieser Verordnung enthaltenen Beschränkungen wären die Entschädigungswerber im Rahmen einer ordnungsgemäßen land- und forstwirtschaftlichen Bodennutzung – also ohne wasserrechtliche Bewilligung, weil dadurch kein übermäßig hoher Nitratgehalt des Grundwasserkörpers bewirkt worden wäre – zur Ausübung der durch die Verordnung beschränkten Nutzungsrechte berechtigt gewesen. Da das Schongebiet zum Schutz der Wasserversorgungsanlage des Wasserverbands bestimmt worden sei, habe dieser (und nicht etwa der Bund oder [auch] andere Wasserberechtigte) die Antragsteller für die dadurch bewirkten Nutzungsbeschränkungen zu entschädigen.

Der Wasserverband entgegnete, für durch eine Schongebietsverordnung angeordnete Nutzungs-beschränkungen stehe generell kein Entschädigungsanspruch zu. Jedenfalls sei er nicht alleine entschädigungspflichtig, weil auch anderen Wasserberechtigten im Schongebiet die Vorteile der Verordnung (Schutz des Grundwassers)...

Um weiterzulesen

FORDERN SIE IHR PROBEABO AN

VLEX uses login cookies to provide you with a better browsing experience. If you click on 'Accept' or continue browsing this site we consider that you accept our cookie policy. ACCEPT