Entscheidungs 1Ob144/01k. OGH, 26-02-2002

ECLIECLI:AT:OGH0002:2002:0010OB00144.01K.0226.000
Date26 Febrero 2002
Judgement Number1Ob144/01k
Record NumberJJT_20020226_OGH0002_0010OB00144_01K0000_000
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Norbert Abel, Rechtsanwalt, Wien 1., Franz Josefs-Kai 49/19, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der I***** GmbH, *****, wider die beklagten Parteien 1. Dr. Hans I*****, vertreten durch Dorda, Brugger & Jordis, Rechtsanwälte GmbH in Wien, und 2. Dr. Karl S*****, vertreten durch Dr. Werner Walch, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 1,090.092,51 sA infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 26. Jänner 2001, GZ 3 R 181/00k-36, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 10. August 2000, GZ 19 Cg 60/98i-30, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien je die mit EUR 3.417,44 (darin EUR 569,57 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Über das Vermögen einer GmbH (in der Folge Gemeinschuldnerin) wurde am 29. 1. 1996 der Konkurs eröffnet und der Kläger zum Masseverwalter bestellt. Mehrheitsgesellschafterin der Gemeinschuldnerin war eine weltweit tätige Transportgesellschaft mit dem Sitz in Großbritannien. Die Gesellschafter bestimmten einen Repräsentanten im Aufsichtsrat (Vizepräsident) und stellten ab 1994 auch den Geschäftsführer.

Mitglieder des Aufsichtsrats waren seit 1987 der Erstbeklagte als Vorsitzender sowie im Zeitraum von Mai 1988 bis Februar 1995 der Zweitbeklagte, der von der Hausbank der Gemeinschuldnerin in den Aufsichtsrat entsendet worden war. Dem Aufsichtsrat gehörten weiters zwei - ursprünglich mitbeklagte - Arbeitnehmervertreter an.

Nach dem Gesellschaftsvertrag vom 26. 6. 1970 war Gegenstand des Unternehmens der Gemeinschuldnerin in erster Linie der Betrieb des Transport- und Speditionsgewerbes und dazugehöriger Nebengeschäfte sowie die Zusammenarbeit mit Konzerngesellschaften. Das Stammkapital betrug 175 Mio S. Die Gesellschafter traf eine Nachschusspflicht bis zur Höhe der übernommenen Stammeinlagen. Die Generalversammlung konnte einen Aufsichtsrat bestellen, der dann aus drei oder vier Mitgliedern bestehen musste. Der Zustimmung durch den Aufsichtsrat bedurften bei dessen Bestellung im Wesentlichen Geschäfte und Investitionen in einem 50 Mio S übersteigenden Wert sowie die Aufnahme und Gewährung von Darlehen und Krediten in einem 100 Mio S übersteigenden Betrag. Darüber hinaus wurde im Gesellschaftsvertrag auf die Bestimmungen des GmbHG verwiesen und dabei festgehalten, dass der Aufsichtsrat im Geschäftsjahr mindestens drei Sitzungen abhalten müsse.

Die Geschäftsführung der Gemeinschuldnerin unterstand unmittelbar den Weisungen der britischen Mehrheitsgesellschafterin, die die Geschäftspolitik bestimmte, die Jahresabschlüsse beurteilte und die Vorausplanung in Form von Jahresbudgets genehmigte. Den Geschäftsführern sowie dem Aufsichtsrat wurde von der Generalversammlung jeweils die Entlastung erteilt.

Die Gemeinschuldnerin war bereits in den Achtzigerjahren in die Verlustzone geraten. Dies hing zum Teil mit den Kosten eines in ihrem Eigentum stehenden weit überdimensionierten Güterterminals von rund 290 Mio S zusammen.

1985 belief sich der Verlust aus der ordentlichen Geschäftstätigkeit vor Steuern auf 42 Mio S. 1986 leisteten die Gesellschafter einen Nachschuss von 25 Mio S. Zudem erbrachte der Verkauf des Terminals in Form eines Sale-and-lease-back-Geschäfts einen außerordentlichen Ertrag von 43 Mio S. Das Stammkapital wurde um 15 Mio S erhöht. Der Verlust aus der ordentlichen Geschäftstätigkeit in diesem Jahr betrug 60 Mio S.

Ab 1985 versuchte man, frühere Versäumnisse in der Geschäftspolitik durch aggressive Strategien auf der Kostenseite zu beheben, doch besserte sich wegen des starken Konkurrenzdrucks die Lage nicht. Die Mehrheitsgesellschafterin hatte bis dahin für die missliche Situation des Unternehmens Verständnis aufgebracht, sie drängte jedoch nunmehr auf positive Ergebnisse. Von der damaligen Geschäftsführung wurde daher beschlossen, sich von Bereichen der Inlandsaktivität zu trennen und das Personal zu reduzieren. In der Aufsichtsratssitzung vom 5. 5. 1987 wurde die Tatsache erörtert, dass die Ergebnisse der ersten Monate des Jahres 1987 wegen höherer Verluste weit unter dem geschätzten Ergebnis lagen. In der Aufsichtsratssitzung vom 21. 12. 1987 stellte der damalige Vertreter der Mehrheitsgesellschafterin fest, die Gemeinschuldnerin habe deren Aktionären in den letzten Jahren 332 Mio S gekostet. Dazu habe diese Kapitalzuschüsse von 132 Mio S für das laufende Geschäft geleistet. Die Lage sei jedes Jahr schlechter geworden und es bedürfe vor dem Ende des Finanzjahrs weiterer Zuschüsse, um den Verlust des halben Stammkapitals abwenden zu können. Im Hinblick auf die Argumente der Geschäftsführer habe sich der Vertreter der Mehrheitsgesellschafterin davon überzeugen lassen, dass das Personal “mit vollem Einsatz zur Sache” stehe und dass im Jahr 1988 die Verbesserungen wie geplant erreicht würden. Angesichts dieser Zusicherungen und der Bereitschaft des Personals werde die Mehrheitsgesellschafterin das notwendige Kapital für das Jahr 1988 zuschießen. In Hinkunft werde die Gemeinschuldnerin jedoch mit ihren eigenen Mitteln auskommen müssen.

1987 betrug der Verlust der Gemeinschuldnerin im Bereich der ordentlichen Geschäftstätigkeit 63 Mio S. Die Gesellschafter schossen 18,440.000 S zu. Der Abschlussprüfer wies darauf hin, dass ohne Verbesserung des ordentlichen Unternehmenserfolgs mit einer wesentlichen Beeinträchtigung der Entwicklung des Unternehmens gerechnet werden müsse. Der Erstbeklagte ersuchte in der Aufsichtsratssitzung vom 21. 12. 1987 um einen Bericht über das geplante Sanierungsprogramm, den er in der Folge auch erhielt.

Auch im Jahr 1988 war der ordentliche Unternehmenserfolg negativ, weshalb die Abschlussprüfer neuerlich auf die Gefahr einer wesentlichen Beeinträchtigung der Entwicklung des Unternehmens hinwiesen. Im Jahr 1988 wurde auf die beschlossene Erhöhung des Stammkapitals um 90 Mio S von den Gesellschaftern ein Betrag von 60 Mio S geleistet, die Zahlung der restlichen 30 Mio S erfolgte zum 10. 3. 1989. Der ordentliche Unternehmenserfolg wies im Jahr 1988 einen Abgang von 37 Mio S aus. Auf Grund des Zuschusses einer Gesellschafterin von 40 Mio S konnte jedoch in diesem Jahr ein bilanzmäßiger Gewinn von 8 Mio S verbucht werden. Die Verbindlichkeiten gegenüber den Banken betrugen rund 45 Mio S.

Im Jahr 1989 wurde von den Gesellschaftern ein weiterer Zuschuss von 20 Mio S, diesmal allerdings im Gegensatz zum Jahr 1988 als rückzahlbares Darlehen, geleistet. Dadurch und infolge weiterer außerordentlicher Erträge reduzierte sich der im Jahr 1989 erwirtschaftete Verlust auf 1,7 Mio S. Der Verlust aus der ordentlichen Geschäftstätigkeit betrug 26 Mio S. Die Verbindlichkeiten gegenüber Banken stiegen in diesem Jahr um 10 Mio S. In der Aufsichtsratssitzung vom 31. 10. 1989 wurde festgestellt, die Prognosen für dieses Jahr seien auf der Einnahmeseite wieder erheblich unterschritten worden. Der Vertreter der Mehrheitsgesellschafterin kündigte eine engere Zusammenarbeit der Gruppenhäuser an. Der Geschäftsführer berichtete über Aufforderung durch den Erstbeklagten über das vergangene Geschäftsjahr, die Prognosen 1989 und die Vorhaben 1990. Der Jahresabschluss 1988 wurde genehmigt. Der Zweitbeklagte wies ausdrücklich auf den Verlust von Marktanteilen hin.

Man versuchte, den überdimensionierten Terminal durch Teiluntervermietungen besser zu nützen, doch blieben solche Schritte stets ohne längere Dauer, sodass die laufenden Belastungen der Gemeinschuldnerin dadurch nicht nennenswert reduziert werden konnten. Das ordentliche Unternehmensergebnis 1990 wies einen Verlust von ca 10 Mio S auf. In diesem Jahr blieben Gesellschafterzuschüsse aus. Einerseits musste eine Beteiligung der Gemeinschuldnerin abgeschrieben werden, andererseits kam es durch Veräußerung von Anlagen und sonstige außerordentliche Erträge zu Einnahmen von 12 Mio S, sodass das Ergebnis des Jahres 1990 lediglich einen Abgang von 1,670.000 S auswies.

In den Aufsichtsratssitzungen des Jahres 1991 wurde über Ersuchen des Erstbeklagten über weitere in diesem Jahr erfolgte Anlagenverkäufe mit Einnahmen von ca 18 Mio S berichtet. In der Zwischenzeit setzte eine intensivere Zusammenarbeit mit anderen Töchtern der Mehrheitsgesellschafterin ein; dennoch wurde für das Jahr 1991 ein Abgang von 40 Mio S und für 1992 ein solcher von 6,2 Mio S prognostiziert. Über Aufforderung durch den Vertreter der Mehrheitsgesellschafterin im Aufsichtsrat gewährte die Gemeinschuldnerin im Juli 1991 ein Darlehen von 27,5 Mio S, das bis Ende 1992 rückzahlbar war. Auf eine darauf abzielende Frage des Zweitbeklagten antwortete der Geschäftsführer, diesem Darlehen stehe ein Gruppen-Darlehen an die Gemeinschuldnerin von 30 Mio S gegenüber und die Verzinsung erfolge zu Eigenkosten. Im August 1991 wurde die Gemeinschuldnerin einer Überprüfung durch einen von der Mehrheitsgesellschafterin bestellten externen Berater unterzogen, der unter anderem hervorhob, wie gut der Geschäftsführer die finanziellen Aspekte der Gesellschaft erfasse. Über diese Prüfung wurde dem Aufsichtsrat am 6. 12. 1991 berichtet. In diesem Geschäftsjahr betrug der Abgang aus ordentlicher Geschäftstätigkeit 50 Mio S. Die Gesellschafter leisteten einen Zuschuss von 21,800.000 S, wodurch sich infolge buchmäßigen Verzichts auf das Nachschusskapital ein weiterer außerordentlicher Ertrag ergab. Dem stand allerdings ein rückzahlbarer Gesellschafterzuschuss der Gemeinschuldnerin an eines ihrer Tochterunternehmen zur Verlustabdeckung von 43 Mio S gegenüber, sodass der bilanzmäßige...

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