Entscheidungs 1Ob201/16i. OGH, 27-02-2017

ECLIECLI:AT:OGH0002:2017:0010OB00201.16I.0227.000
Judgement Number1Ob201/16i
Record NumberJJT_20170227_OGH0002_0010OB00201_16I0000_000
Date27 Febrero 2017
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Sondervermögen Kärnten Fonds, Klagenfurt am Wörthersee, Völkermarkter Ring 21–23, vertreten durch die Pressl Endl Heinrich Bamberger Rechtsanwälte GmbH, Salzburg, gegen die beklagten Parteien 1. DDr. U***** H*****, vertreten durch die B & S Böhmdorfer Schender Rechtsanwälte GmbH, Wien, 2. C***** H*****, und 3. Mag. C***** M*****, beide vertreten durch die Kaan Cronenberg & Partner Rechtsanwälte GmbH & Co KG, Graz, wegen jeweils 200.000 EUR, über die außerordentlichen Revisionsrekurse der beklagten Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom 14. September 2016, GZ 5 R 2/16b-39, mit dem der Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt vom 24. November 2015, GZ 21 Cg 52/15d-32, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Den außerordentlichen Revisionsrekursen wird nicht Folge gegeben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens bleibt dem Erstgericht vorbehalten.

Text

Begründung:

Die klagende Partei, der Sondervermögen Kärnten Fonds (FN 453184y), wurde mit dem Gesetz vom 28. 4. 2016 (also erst nach erstinstanzlicher Entscheidung), mit dem [...] die Auflösung der Kärntner Landesholding geregelt und das Kärntner Landesholding-Gesetz aufgehoben wird, das Gesetz über den Fonds „Sondervermögen Kärnten“ (Art IV – K-SvKG) und das Gesetz über die Kärntner Beteiligungsverwaltung erlassen […] werden (LGBl 2016/28), landesgesetzlich als Fonds öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit eingerichtet (§ 2 K-SvKG). Sie ist
– abgesehen von bestimmten, für diesen Rechtsstreit nicht relevanten Beteiligungen – die Gesamtrechtsnachfolgerin der Kärntner Landes- und Hypothekenbank-Holding (kurz KLH; FN 321737v), welche dafür ihrerseits aufgelöst wurde (Art III LGBl 2016/28). Die KLH war aus der mit Beschluss des Landtags von Kärnten vom 17. 2. 1894 gegründeten Kärntner Landes- und Hypothekenbank hervorgegangen, indem letztere entsprechend dem Gesetz vom 13. 12. 1990 über die Einbringung des bankgeschäftlichen Unternehmens der Kärntner Landes- und Hypothekenbank in eine Aktiengesellschaft und die wesentlichen Bestimmungen über den Bestand der Kärntner Landes- und Hypothekenbank-Holding (Kärntner Landesholding-Gesetz – K-LHG; LGBl 1991/37) den Bankbetrieb in eine von ihr als alleinige Aktionärin zu errichtende Aktiengesellschaft einbrachte und ab deren Eintragung im Firmenbuch mit vom Gesetz verliehener Rechtspersönlichkeit unter der Bezeichnung KLH bestehen blieb (vgl § 6 K-LHG).

Sie verkaufte im Jahr 2007 die von ihr gehaltenen Anteile an der Hypo Alpe-Adria-Bank International AG (HBInt) und zahlte im Juni 2008 und Dezember 2009 die Honorarforderung des Dr. B***** in Höhe von 6 Mio EUR.

Für den aus dieser behauptetermaßen überhöhten Zahlung entstandenen Schaden begehrt die klagende Partei von den Beklagten als Erbinnen des im Oktober 2008 verstorbenen Dr. J***** H*****, der damals Landeshauptmann von Kärnten, Finanzlandesreferent und Aufsichtskommissär der KLH war, Ersatz in Höhe von jeweils 200.000 EUR.

Im Revisionsrekursverfahren ist die von den Vorinstanzen unterschiedlich beurteilte Zulässigkeit des Rechtswegs für die Geltendmachung dieser Ersatzansprüche strittig.

Die klagende Partei behauptete, es sei im Zusammenhang mit dem Verkauf zu Malversationen gekommen, durch die ihr erheblicher Schaden zugefügt worden sei. Das Landesgericht Klagenfurt habe die Verantwortlichen, nämlich die beiden ehemaligen Vorstände der KLH, Dr. H***** M***** und Mag. G***** X*****, den Landesparteiobmann der ***** Kärnten und Aufsichtsratsvorsitzenden der KLH, Dr. J***** M***** und den Steuerberater und Wirtschaftsprüfer Dr. D***** B*****, den Vertrauten des Dr. J***** M***** und des Dr. J***** H*****, schuldig gesprochen, im bewussten und gewollten Zusammenwirken entweder als unmittelbare Täter oder als Beitragstäter die ihnen eingeräumte Befugnis über das Vermögen der KLH zu verfügen, wissentlich missbraucht, dieser dadurch vorsätzlich einen 50.000 EUR übersteigenden Vermögensnachteil zugefügt und dadurch das Verbrechen der Untreue nach § 153 Abs 1 und 2 StGB begangen zu haben. Deswegen seien sie zu Freiheitsstrafen und zur Übernahme des der KLH zugesprochenen Privatbeteiligtenanspruchs zuzüglich Zinsen verurteilt worden. Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten habe der Oberste Gerichtshof mit seinem Erkenntnis zu 11 Os 51/13d verworfen, das erstinstanzliche Urteil im Wesentlichen bestätigt und der KLH einen Privatbeteiligtenanspruch in Höhe von 4.716.543,95 EUR sA wegen Zahlung eines unangemessen hohen Honorars an Dr. B***** zuerkannt.

Sie trug dazu folgenden weiteren Sachverhalt vor:

Dr. H***** und Dr. M***** seien sicher gewesen (so wie auch die ehemaligen Vorstände der KLH), dass das von Dr. B***** für Leistungen im Zuge der geplanten Verkaufsgespräche zuerst in Höhe von 12 Mio EUR angestrebte und später an ihn in Höhe von 6 Mio EUR bezahlte Honorar in keinster Weise gerechtfertigt gewesen sei. Sie hätten, weil sie einen Teil dieser Summe zu Gunsten der von ihnen repräsentierten politischen Parteien hätten vereinnahmen wollen, dennoch mit ihm ein unangemessen hohes und nicht seinen eigentlichen Leistungen entsprechendes Honorar vereinbart. Die grundsätzlich an Dr. H***** und Dr. M***** (persönlich) als Auftraggeber gerichteten Honorarforderungen hätten von Beginn an auf die KLH überwälzt werden sollen. Zur Rechtfertigung der nicht für diese werthaltigen Leistungen des Dr. B***** – die Transaktionsverträge seien zu diesem Zeitpunkt schon unterschrieben gewesen – sei am 9. 1. 2008 eine „scheinbare“ Rechtsgrundlage für den Honoraranspruch in Form eines rückdatierten Gegenbriefs geschaffen worden. Dieser schriftlichen Unterlage habe es bedurft, um die Honorarforderung durch den Aufsichtsrat der KLH genehmigen zu lassen. In der 49. Aufsichtsratssitzung am 12. 2. 2008 sei die Honorarforderung dem Aufsichtsrat präsentiert worden. Die Tätigkeit des Dr. B***** sei dabei von Dr. H***** und Dr. M***** dargestellt worden, die aber mit keinem Wort erwähnt hätten, dass sie es selbst gewesen waren, die diesen Auftrag erteilt hätten und dass die KLH keinen Auftrag an Dr. B***** erteilt hätte bzw dieser Auftrag erst nachträglich durch Verfassung des rückdatierten Gegenbriefs fingiert worden sei. Beide hätten damit den Aufsichtsrat offenkundig getäuscht. Der Vorstand der KLH habe in Kenntnis der Unangemessenheit der Forderung versucht, das Honorar von (ursprünglich) 12 Mio EUR durch Beibringung von Gutachten zu rechtfertigen. In einem Gespräch am 11. 3. 2008 zwischen Dr. H*****, Dr. M*****, Dr. B***** und einem Vorstand der KLH habe Dr. H***** die Bedenken des Vorstands mit den Worten: „zwölf Millionen werden's nicht werden, aber sechs Millionen“ kommentiert. Dr. B***** habe in dieser Besprechung einen „massiven politischen Druck verspürt, der von Dr. H***** und Dr. M***** auf den Vorstand ausgeübt“ worden sei. Kein Vorstand hätte bei lebensnaher Betrachtung ein Honorar in Höhe von 12 Mio EUR befürwortet. Die Vernetzung der maßgeblichen politischen Parteien in Kärnten sei dergestalt gewesen, dass der wirtschaftliche Erfolg von Führungspersonen, wie insbesondere Geschäftsführern, Vorständen, etc vom Wohlwollen der jeweiligen politischen Parteien abhängig gewesen sei. Die Vorstände der KLH hätten nicht die Möglichkeit gehabt, sich diesem politischen Druck zu widersetzen, hätten sie doch in diesem Fall ihre Abberufung befürchten müssen. Angesichts dieser Situation sei in der Besprechung vereinbart worden, dass die KLH ein Honorar in Höhe von 6 Mio EUR an Dr. B***** bezahle. Dr. H***** habe die Reduzierung des Honorars um 50 % als „Patriotenrabatt“ verkauft. Hätte er die Vorstände nicht zur Auszahlung des Honorars an Dr. B***** veranlasst, wäre es nicht zum Schadenseintritt gekommen. Sie mache daher, zumal auch im Verhältnis zu dem aufgrund seines Ablebens strafrechtlich nicht mehr verfolgbaren Dr. H***** die §§ 12 und 153 StGB „einschlägig“ seien und es sich dabei um Schutzgesetze iSd § 1311 ABGB handle, den Vermögensschaden, der durch dessen Handlungen der klagenden Partei verursacht worden sei, aus dem Titel des deliktischen Schadenersatzes bei dessen Erbinnen geltend.

Zu dem von den Beklagten erhobenen Einwand, das Verhalten des Dr. H***** sei als Organ und in Vollziehung des Gesetzes tätig dem Land Kärnten zuzurechnen, sodass er bzw seine Erbinnen wegen der das Organ immunisierenden Wirkung des AHG nicht persönlich geklagt werden könnten, sondern nur das Land Kärnten als Rechtsträger, legte die klagende Partei dar, es sei Dr. H***** zwar damals Landeshauptmann von Kärnten, das mit den Angelegenheiten der Landesfinanzen betraute Mitglied der Kärntner Landesregierung und auch Aufsichtskommissär der KLH gewesen, aber nicht im Rahmen der Hoheitsverwaltung tätig geworden. Es sei vielmehr im April 2007 ausdrücklich vereinbart worden, dass die Auftragserteilung an Dr. B***** nur von Dr. H***** und Dr. M***** persönlich, und keinesfalls als Landeshauptmann, Landesrat oder als Aufsichtskommissär bzw im Fall des Dr. M***** nicht als Aufsichtsratsvorsitzender der KLH erfolge. Die Auftragserteilung habe auch nur das Ziel gehabt, einen Teil des von der KLH an Dr. B***** zu leistenden Honorars zur Finanzierung ihrer parteipolitischen Gruppierungen zu verwenden. Die Gesellschaft der KLH (die Bank) habe im Jahr 2005 eine zum 24. Juni 2008 endfällige Wandelanleihe begeben, für die das Land Kärnten eine Garantie in der Höhe von 556 Mio EUR übernommen habe. Der ursprünglich geplante Börsengang der HBInt zur Rückführung der Wandelanleihe habe sich als unrealistisch erwiesen, sodass de facto nur ein Verkauf von Anteilen der KLH an der HBInt in Betracht gekommen sei. Dr. H***** habe mit Dr. M***** beschlossen,...

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