Entscheidungs 28Ds2/20p. OGH, 24-08-2021

ECLIECLI:AT:OGH0002:2021:0280DS00002.20P.0824.000
Record NumberJJT_20210824_OGH0002_0280DS00002_20P0000_000
Judgement Number28Ds2/20p
Date24 Agosto 2021
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter hat am 24. August 2021 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden, durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Gitschthaler als weiteren Richter und durch die Rechtsanwälte Dr. Wippel und Dr. Stortecky als Anwaltsrichter in Gegenwart des Schriftführers Mag. Scheichel in der Disziplinarsache gegen *****, Rechtsanwalt in *****, wegen der Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre oder Ansehen des Standes nach § 1 Abs 1 erster und zweiter Fall DSt über die

Berufung des Disziplinarbeschuldigten gegen das Erkenntnis des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich vom 24 Juni 2019, GZ D 13/18-47, nach mündlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Oberstaatsanwältin Mag. Poppenwimmer, des Kammeranwalts Dr. Winiwarter, des Disziplinarbeschuldigten und seines Verteidigers Dr. Wess, LL.M., M.B.L., zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung gegen den Ausspruch über die Schuld wird Folge gegeben, das angefochtene Erkenntnis aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an den Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich verwiesen.

Mit seiner weiteren Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld und mit seiner Berufung wegen Strafe wird der Disziplinarbeschuldigte auf die kassatorische Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen, mit Beschluss des Vorsitzenden des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich vom 24. Februar 2020 in Ansehung des Namens eines Mitglieds des erkennenden Disziplinarrats berichtigten (§§ 270 Abs 3, 271 Abs 7 StPO iVm § 77 Abs 3 DSt) Erkenntnis wurde ***** (richtig:) der Disziplinarvergehen der Verletzung von Berufspflichten und der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes nach § 1 [Abs 1 erster und zweiter Fall] DSt „iVm § 2 RL-BA 1977 bzw § 6 RL-BA 2015“ schuldig erkannt und gemäß § 16 Abs 1 [richtig:] Z 4 DSt die Disziplinarstrafe der Streichung von der Liste ausgesprochen.

[2] Danach hat er – so wörtlich der Tenor (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO iVm § 77 Abs 3 DSt) des Erkenntnisses –„durch ein strafrechtlich relevantes Verhalten im Zeitraum April – Dezember 2003, welches zu einer rechtskräftigen Verurteilung durch das Landesgericht Korneuburg zu GZ 611 Hv 12/05x (wegen §§ 14/1, 156/1 und 2, 146, 147/2 und 3, 148 2. Fall, 12 2. Fall, 223/1 und 2, 224, 228/2 StGB) geführt hat, in welchem er zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 24 Monaten (teilbedingt) verurteilt wurde“.

[3] Mit dem angeführten, unangefochten in Rechtskraft erwachsenen Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Schöffengericht vom 21. Dezember 2005, GZ 611 Hv 12/05x-382, wurde ***** der Verbrechen der betrügerischen Krida nach §§ „14 Abs 1“, 156 Abs 1 und 2 StGB (A./) und des „schweren und gewerbsmäßig schweren“ Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2 und 3, 148 zweiter Fall StGB (B./) sowie der Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 12 zweiter Fall, 223 Abs 1, 224 StGB (C./I./), der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 12 zweiter Fall, 223 Abs 2, 224 StGB (C./II./, III./1./ und 2./) und der unmittelbaren unrichtigen Beurkundung oder Beglaubigung nach § 228 Abs 2 StGB (D./I./) schuldig erkannt.

[4] Nach dem diesbezüglichen Referat der entscheidenden Tatsachen (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) des genannten Strafurteils haben

A./ *****, Christian Ba***** und Helmut S***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken – zum Teil mit dem abgesondert verfolgten Josef M***** (Punkt I./) – als Mittäter in W***** und N*****, Bestandteile des Vermögens der unten angeführten Schuldner mehrerer Gläubiger beiseite geschafft bzw verringert und dadurch die Befriedigung der Gläubiger geschmälert, wodurch ein insgesamt 50.000 Euro übersteigender Schaden von ca 210.000 Euro herbeigeführt wurde, und zwar

I./ im November 2003 Bestandteile des Vermögens des Josef M*****

a./ indem sie die Lebensversicherung des Josef M***** bei der A***** Versicherungs AG vorzeitig kündigten und den Auszahlungserlös in Höhe von 48.978,34 Euro verbrachten;

b./ indem sie das Einzelunternehmen Josef M***** an die U***** GmbH verkauften und die aktiven Vermögensbestandteile, nämlich die Abfertigungsrücklage in der Höhe von 42.198 Euro und ein Bankguthaben bei der C***** in M***** in der Höhe von 65.000 Euro verbrachten;

II./ im August 2003 Bestandteile des Vermögens der P***** KEG, indem sie sich ein der dieser zustehendes Finanzamtsguthaben in der Höhe von 54.000 Euro zueigneten;

B./ in W***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter gewerbsmäßig mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, die unten angeführten Personen durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen, nämlich zu Geldleistungen verleitet, die diese in einem 50.000 Euro übersteigenden Betrag von insgesamt 88.700 Euro am Vermögen schädigten, und zwar

I./ ***** und Christian Ba***** im Juli und August 2003 den Architekten Ing. Mag. Josef Mü***** durch die Behauptung, sein angenommener Ausgleich könne jederzeit in einen Konkurs umgewandelt werden, was die Pfändung seiner Pension auf das Existenzminimum zur Folge hätte, weshalb er vorbeugend einen Scheinvertrag und bestimmte Transaktionen durchführen müsse, zur Bezahlung von Honoraren von insgesamt 19.700 Euro;

II./ *****, Christian Ba***** und Helmut S***** im Sommer 2003 Ing. Karl Pö***** durch die Vorgabe, der unter dem Aliasnamen als Unternehmenserwerber Stefan Pf***** auftretende (tatsächlich ein Mitangeklagter) werde das Unternehmen sanieren und die Schulden der Pöl***** GmbH übernehmen, sodass er von seiner Haftung befreit werde, zur Bezahlung eines Geldbetrags in der Höhe von insgesamt 19.000 Euro;

III./ ***** und Christian Ba***** im April 2003 Elfriede L*****, Mag. Thomas L***** und Bernhard Ar***** durch die Vorspiegelung, der Käufer ihres Unternehmens Be***** GmbH Fabio G***** werde die Schulden des Unternehmens übernehmen, sodass für sie keine Haftung schlagend werde, zur Bezahlung von Honoraren in der Höhe von zumindest 50.000 Euro;

C./I./ Helmut S***** über Auftrag (§ 12 zweiter Fall StGB) von ***** und Christian Ba***** im August 2003 in M***** einen mit dem Lichtbild des Christoph Le***** versehenen falschen österreichischen Führerschein auf den Namen Günter R*****, somit eine falsche öffentliche Urkunde, mit dem Vorsatz hergestellt, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis einer Tatsache (Punkt C./II./) gebraucht werde;

II./ ***** und Christian Ba***** im August 2003 in W***** den abgesondert verfolgten Christoph Le***** beauftragt (§ 12 zweiter Fall StGB), mit dem zu C./I./ hergestellten falschen österreichischen Führerschein als Identitätsnachweis jeweils ein Sparbuch bei der B***** und der E***** AG zu eröffnen, mithin eine falsche inländische öffentliche Urkunde im Rechtsverkehr zum Beweis einer Tatsache zu gebrauchen;

III./ Helmut S***** in W***** gefälschte österreichische Führerscheine zum Nachweis der von ihm behaupteten Identität, mithin falsche inländische öffentliche Urkunden im Rechtsverkehr zum Beweis von Tatsachen gebraucht, und zwar

1./ über Auftrag (§ 12 zweiter Fall StGB) von ***** und Christian B*****

a./ am 28. Oktober 2003 den auf den Namen Ferdinand Mo***** ausgestellten Führerschein zur Durchführung von notariellen Beglaubigungen auf Verträgen und Erklärungen durch den Notar Dr. Rudolf K*****;

b./ am 20. Oktober 2003 den auf den Namen Stefan Pf***** ausgestellten Führerschein [zur] Durchführung von notariellen Beglaubigungen auf Verträgen und Erklärungen durch den Notar Dr. Walter Ga*****;

c./ am 13. August 2003 und am 9. Dezember 2003 den auf den Namen Harald Ma***** ausgestellten Führerschein zur...

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