Entscheidungs 2Ob215/10x. OGH, 27-02-2012

ECLIECLI:AT:OGH0002:2012:0020OB00215.10X.0227.000
Judgement Number2Ob215/10x
Record NumberJJT_20120227_OGH0002_0020OB00215_10X0000_000
Date27 Febrero 2012
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte, Prinz-Eugen-Straße 20-22, 1041 Wien, vertreten durch Dr. Walter Reichholf, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei (nunmehr) I***** GmbH, *****, vertreten durch Doralt Seist Csoklich, Rechtsanwalts-Partnerschaft in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 24. August 2010, GZ 4 R 21/10b-15, womit infolge Berufungen beider Parteien das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 12. November 2009, GZ 41 Cg 55/08h-9, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

I.1. Das angefochtene Urteil, das in seinem abweisenden Teil (Klausel 5, bezogen auf den Teilanwendungsbereich des MRG bei Geschäften zwischen Verbrauchern) unbekämpft in Rechtskraft erwachsen ist, wird in den stattgebenden Aussprüchen über die Klauseln 1, 3, 5 (mit Ausnahme des Teilanwendungsbereichs des MRG bei Geschäften zwischen Verbrauchern), 7, 8, 10, 11, 12 (bezogen auf den Vollanwendungsbereich des MRG), 14, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 26 (bezogen auf den Teil- und Nichtanwendungsbereich des MRG) und 28 (bezogen auf den Teil- und Nichtanwendungsbereich des MRG) sowie im Ausspruch über die Veröffentlichung des klagsstattgebenden Teils der Entscheidung bestätigt.

2. Das angefochtene Urteil wird ferner in seinem stattgebenden Ausspruch über die Klausel 27 bestätigt, soweit diese lautet:

Das Mietobjekt ist bei Beendigung ordnungsgemäß in weißer Farbe ausgemalt […] zurückzustellen. Bei nicht ordnungsgemäßer Erfüllung dieser Vertragspflicht ist der Vermieter berechtigt, eine Fachfirma mit den Ausmalungs- und Reinigungsarbeiten [...] zu betrauen, wobei der Mieter verpflichtet ist, die dabei aufgelaufenen Kosten binnen 14 Tagen nach Übermittlung der von der Fachfirma ausgestellten Rechnungen zu ersetzen. Der Anspruch des Vermieters ist auf die notwendigen Kosten beschränkt. Der Vermieter hat die Kosten zu tragen, wenn ihn die entsprechende Instandhaltungspflicht trifft.

3. Das angefochtene Urteil wird ferner in seinen stattgebenden Aussprüchen über die Klauseln 2, 4, 6, 12, 13, 15, 22, 23, 24, 25, 26 und 28 bestätigt, soweit sie

a) Geschäfte zwischen Verbrauchern und

b) den Tatbestand des Empfehlens der Verwendung sinngleicher Klauseln bei Geschäften zwischen Unternehmern und Verbrauchern

betreffen.

II.1. Im Übrigen, also in den Aussprüchen über die Klauseln 2, 4, 6, 12 (bezogen auf den Teil- und Nichtanwendungsbereich des MRG), 13, 15, 22, 23, 24, 25, 26 (bezogen auf den Vollanwendungsbereich des MRG), 28 (bezogen auf den Vollanwendungsbereich des MRG) und 29, wird das angefochtene Urteil mit der oben aus Punkt I.3. ersichtlichen Einschränkung dahin abgeändert, dass die abweisende Entscheidung des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

2. Das angefochtene Urteil wird ferner in seinem Ausspruch über die Klausel 27, soweit diese lautet wie nachfolgend angeführt, dahin abgeändert, dass die Entscheidung insoweit zu lauten hat:

„Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, es im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die sie den von ihr geschlossenen Verträgen zugrunde legt, und/oder in hiebei verwendeten Vertragsformblättern die Verwendung (auch) der folgend angeführten Klausel oder sinngleicher Klauseln zu unterlassen, sowie die Berufung (auch) auf die folgend angeführte Klausel zu unterlassen, soweit diese unzulässigerweise vereinbart worden sind, und schließlich die Empfehlung der Verwendung (auch) der folgend angeführten Klausel oder sinngleicher Klauseln zu unterlassen, wird abgewiesen:

Das Mietobjekt ist bei Beendigung [...] unter Herstellung des Zustandes der Oberflächenbeläge (zB Fliesen, Bodenbeläge) wie bei Anmietung unter Berücksichtigung der bei schonendem vertragskonformen Gebrauch sich ergebenden Abnutzung zurückzustellen. Bei nicht ordnungsgemäßer Erfüllung dieser Vertragspflicht ist der Vermieter berechtigt, eine Fachfirma mit den [...] Reinigungsarbeiten sowie Bodenbelagsarbeiten zu betrauen, wobei der Mieter verpflichtet ist, die dabei aufgelaufenen Kosten binnen 14 Tagen nach Übermittlung der von der Fachfirma ausgestellten Rechnungen zu ersetzen. Der Anspruch des Vermieters ist auf die notwendigen Kosten beschränkt. Der Vermieter hat die Kosten zu tragen, wenn ihn die entsprechende Instandhaltungspflicht trifft.

III. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 821,89 EUR (darin 117,20 EUR USt und 118,67 EUR Barauslagen) bestimmten Verfahrenskosten aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei ist eine zur Unterlassungsklage nach § 28 KSchG berechtigte Institution.

Die beklagte Partei ist Unternehmerin iSd § 1 KSchG. Sie betreibt die größte private Hausverwaltung Österreichs, wobei sie ihre geschäftliche Tätigkeit hauptsächlich in Wien und Niederösterreich, aber auch in der Steiermark (hinsichtlich „eigengenutzter Wohnungseigentumsobjekte“) entfaltet. Sie tritt dabei regelmäßig mit Verbrauchern iSd § 1 KSchG in rechtsgeschäftlichen Kontakt und verwendet und empfiehlt Allgemeine Geschäftsbedingungen bzw Vertragsformblätter und Textbausteine, die sie ihren Kunden (Unternehmern ebenso wie Verbrauchern) auch empfiehlt. Sie schließt die Verträge mit Verbrauchern nicht im eigenen, sondern im Namen ihrer Kunden als deren Stellvertreterin ab.

In einem zwischen den Streitteilen geführten Vorprozess wurde die beklagte Partei für schuldig erkannt, es im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern bei Unternehmer-Verbraucher-Geschäften in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die sie den von ihr geschlossenen Verträgen zugrunde legt, und/oder in hiebei verwendeten Vertragsformblättern die Verwendung von insgesamt 39 Klauseln oder sinngleicher Klauseln zu unterlassen; ferner es zu unterlassen, sich auf die inkriminierten Klauseln zu berufen, soweit diese unzulässigerweise vereinbart worden seien, und ihre Verwendung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Vertragsformblättern im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern bei Unternehmer-Verbraucher-Geschäften zu empfehlen (7 Ob 78/06f [„erste Klausel-Entscheidung“]).

Mit Schreiben vom 22. 1. 2007 ersuchte die klagende Partei die beklagte Partei um Übersendung der von ihr aktuell verwendeten bzw empfohlenen Vertragsformblätter und Textbausteine für den Abschluss von Mietverträgen im Teilanwendungs- wie im Vollanwendungsbereich des MRG. Die beklagte Partei entsprach diesem Ersuchen und begann, die übermittelten Formblätter und Texte zu überarbeiten. Bis zum Ende des Jahres 2007 wurden die Verträge für den Vollanwendungsbereich des MRG geändert.

Mit Schreiben vom 11. 3. 2008 beanstandete die klagende Partei 29 Klauseln als gesetz- bzw sittenwidrig und forderte die beklagte Partei auf, binnen bestimmter Frist eine vorformulierte „Unterlassungserklärung mit Konventionalstrafenvereinbarung“ abzugeben. Danach sollte sich die beklagte Partei verpflichten, für den geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern eine mit Konventionalstrafe von 700 EUR pro Klausel und Verstoß gesicherte Unterlassungserklärung hinsichtlich der Verwendung und Empfehlung der von ihr beanstandeten oder sinngleicher Klauseln in Vertragsformblättern oder der Berufung auf diese Klauseln, soweit sie Verträgen mit Verbrauchern bereits zugrundegelegt wurden oder während der von der klagenden Partei gewährten Aufbrauchfrist zugrundegelegt werden, abzugeben.

Die beklagte Partei gab daraufhin für sämtliche Klauseln mit Ausnahme jener, die zu diesem Zeitpunkt noch in Verwendung standen und noch immer in Verwendung stehen, nämlich der Klauseln 5 (im Teilanwendungsbereich des MRG), 18 und 27, folgende von ihr modifizierte Unterlassungserklärung ab:

Das genannte Unternehmen verpflichtet sich gegenüber der Bundesarbeitskammer im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern bei Unternehmer-Verbraucher-Geschäften in Allgemeinen Geschäftsbedingungen und auf Vertragsformblättern, die es als Vertreter eines Vermieters, der in dieser Eigenschaft Unternehmer ist, mit Mietern, die Verbraucher sind, zugrundelegt, und/oder in hierbei sonst verwendeten Vertragsformblättern die Verwendung der genannten Klauseln oder die Verwendung sinngleicher Klauseln zu unterlassen, sich auf die angeführten Klauseln nicht zu berufen, soweit sie in bereits geschlossenen Verträgen bei Unternehmer-Verbraucher-Geschäften zugrundegelegt wurden oder während der Aufbrauchfrist zugrundegelegt werden, und die Empfehlung der Verwendung der angeführten Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen und/oder Vertragsformblättern im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern bei Unternehmer-Verbraucher-Geschäften zu unterlassen.

Die klagende Partei lehnte diese Erklärung als ungenügend ab. Nach der Abmahnung änderte die beklagte Partei auch die Verträge für den Teilanwendungsbereich des MRG, ohne jedoch diese Änderung der klagenden Partei bekannt zu geben. Die verfahrensgegenständlichen Klauseln werden mit Ausnahme der Klauseln 5, 18 und 27 seit Ende Juni 2008 nicht mehr verwendet.

Die klagende Partei begehrte mit ihrer am 17. 7. 2008 beim Erstgericht eingebrachten Klage, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die sie den von ihr geschlossenen Verträgen zugrundelegt, und/oder in hierbei verwendeten Vertragsformblättern die Verwendung der in der Folge näher dargestellten Klauseln (der Nummerierung im Klagebegehren folgend) 1 bis 29 oder die Verwendung sinngleicher Klauseln zu unterlassen und es ferner zu unterlassen, sich auf diese zu berufen, soweit sie unzulässigerweise vereinbart worden seien, und die Verwendung der...

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