Entscheidungs 3Ob135/16y. OGH, 22-09-2016

ECLIECLI:AT:OGH0002:2016:0030OB00135.16Y.0922.000
Date22 Septiembre 2016
Judgement Number3Ob135/16y
Record NumberJJT_20160922_OGH0002_0030OB00135_16Y0000_000
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch sowie die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj M*****, geboren am ***** Juni 2014, wohnhaft bei den Eltern S***** und W*****, beide *****, beide vertreten durch Greiml & Horwath RechtsanwaltschaftsPartnerschaft in Graz, über den Revisionsrekurs des Landes Wien als Kinder- und Jugendhilfeträger, MA 11, Wien 11, Enkplatz 2, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 8. April 2016, GZ 45 R 124/16t-76, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 20. Jänner 2016, GZ 9 PS 779/14f-68, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Revisionsrekursbeantwortung der Mutter und des Vaters wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Minderjährige ist am ***** Juni 2014 außerehelich geboren. Der Vater erkannte die Vaterschaft mit Wirksamkeit seit 1. Oktober 2014 an.

Am 15. September 2014 beantragte der Kinder- und Jugendhilfeträger (in der Folge KJHT), ihn wegen Gefährdung des Kindeswohls mit der Obsorge im Umfang der Pflege und Erziehung zu betrauen. Am 16. September 2014 entzog der KJHT der Mutter im Rahmen einer vorläufigen Maßnahme die Pflege und Erziehung. Die Minderjährige wurde an diesem Tag mit Unterstützung der Polizei aus einer Wohnung geholt und zu Krisenpflegeeltern gebracht.

Am 21. Oktober 2014 zog der KJHT den Antrag auf Entziehung der Obsorge zurück und beantragte die Verpflichtung beider Eltern zur Erfüllung von Auflagen. Am 22. April 2015 zog der KJHT schließlich alle Anträge zurück.

Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist der am 19. September 2014 gestellte Antrag der Mutter auf Überprüfung der Zulässigkeit der vorläufigen Maßnahme. Die Abnahme der Minderjährigen durch eine Spezialeinheit der Polizei unter Einsatz vermummter und bewaffneter Polizisten sei völlig ungerechtfertigt erfolgt und habe die Minderjährige traumatisiert. Die Minderjährige sei gesund; die Mutter habe alle erforderlichen Eintragungen im Mutter-Kind-Pass. Sie verfüge über eine Wohnung, ihre wirtschaftliche Situation sei abgesichert. Lediglich die Auszahlungen durch die Krankenkasse seien aufgrund der Interventionen des KJHT verzögert erfolgt. Sie sei seit der Geburt der Minderjährigen in regelmäßigem E-Mail-Kontakt mit der Behörde gestanden.

Der KJHT und nunmehrige Revisionsrekurswerber wandte ein, die Maßnahme sei gerechtfertigt gewesen. Die Mutter habe unmittelbar nach der Geburt der Minderjährigen vereinbart, in ein Mutter-Kind-Heim einzuziehen, um eine Kindesabnahme abzuwenden. Sie habe danach jedoch die Zusammenarbeit verweigert und sei nicht erreichbar gewesen. Sie habe lediglich Unterlagen von einem Kinderarztbesuch und eine Kopie eines Mutter-Kind-Passes sowie Fotos eines Babys übermittelt. Die Kindesabnahme sei unter Beiziehung einer Sondereinheit der Polizei erfolgt. Das Betreten der Wohnung sei jedoch nicht gewaltsam erfolgt. Die Beamten seien auch nicht vermummt gewesen.

Das Erstgericht sprach aus, dass die vom KJHT am 16. September 2014 ergriffene Maßnahme ab 22. September 2014 unzulässig war.

Es traf folgende wesentliche Sachverhalts-feststellungen:

Bereits im April 2014 bestand eine mangelhafte Kooperation der Mutter mit der für ihren im Jahr 2003 geborenen Sohn, zuständigen Regionalstelle des Amts für Jugend und Familie. Sie war zu dieser Zeit – nach einer Trennung von ihrem letzten Lebensgefährten – von Niederösterreich nach Wien gezogen und strebte eine Gemeindewohnung an. Die zweijährige Wartefrist wollte sie überbrücken, indem sie bei verschiedenen Freunden wohnte. Einer Beschäftigung ging sie nicht nach. Anlässlich eines
– eine Woche nach Geburt der Minderjährigen geführten –Gesprächs mit der Mutter in der Wohnung ihrer Freundin verneinte der stellvertretende Leiter der Regionalstelle des Amts für Jugend und Familie die Notwendigkeit einer Anmeldung an dieser Adresse, zumal die Mutter noch über keine Geburtsurkunde der Minderjährigen verfügte und ihr Einzug in ein Mutter-Kind-Haus geplant war. Der Mutter war bewusst, dass dieser Einzug eine Auflage für den Verbleib der Minderjährigen in ihrer Obhut war.

Ab 15. Juli 2014 hielt die Mutter mit dem Amt für Jugend und Familie vereinbarte Termine nicht ein. Sie unterschrieb zwar am 24. Juli 2014 den Vertrag zum Einzug in das Mutter-Kind-Heim, allerdings mit dem Beisatz...

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